Privatbank Sal. Oppenheim Das Leben der Oppenheims nach dem Absturz

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Einkaufen bei Aldi

Madeleine Schickedanz Quelle: dpa

Ändern wird sich das, wenn der Strafprozess gegen ihn eröffnet wird. Christopher, so sein Anwalt Klaus Volk, werde die Vorwürfe zurückweisen. Als Schatzmeister der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik wäre er wohl dennoch nicht mehr tragbar. Und bei der Wahl in zwei Jahren, heißt es, werde er seinen Abgeordnetenposten bei der IHK verlieren. Zudem macht auch er die Erfahrung schwindenden Wohlstands. Um ihrer Tochter nebst Familie weiter ein angemessenes Zuhause bieten zu können, haben seine Schwiegereltern, die Vorwerk-Eigentümer Mittelsten Scheid, seine Villa in der Lindenallee gekauft.

Das ist einigen Familienangehörigen als Strafe für begangene Missetaten zu wenig. Eine Altgesellschafterin, deren Wut auf die Ex-Chefs der Bank sich nicht ansatzweise gelegt hat, ist Henriette Gräfin Strasoldo. Sie wohnt auf der Burg Gudenau in Wachtberg, südlich von Bonn. Viel mehr als die im 13. Jahrhundert erbaute Wasserburg ist ihr nicht geblieben. „Vor der Pleite habe ich nie einen Fuß in einen Aldi gesetzt“, gesteht sie. Jetzt kauft sie dort regelmäßig ein.

Bank als Selbstbedienungsladen

Für den Verlust ihres Vermögens macht die Gräfin das Ex-Führungsquartett verantwortlich – Matthias von Krockow, Christopher von Oppenheim, Friedrich Carl Janssen und Dieter Pfundt. „Sie haben die Bank als Selbstbedienungsladen genutzt und gehören hinter Gitter“, schimpft Strasoldo und macht keinen Hehl daraus, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eine Genugtuung für sie sind: „Keiner konnte sich vorstellen, dass die Bank pleitegeht und das gesamte Vermögen weg ist.“

Der Riss geht tief durch die einstmals eng befreundeten Adelshäuser. Nicht bei Sal. Oppenheim aktive Altgesellschafter wie Nicolaus Freiherr von Oppenheim, die Familien Pferdmenges, Marx, Marquardt, Strasoldo und von Wrede haben gegen die familienfremden früheren Top-Manager Janssen und Pfundt Strafanzeige wegen Betrugs gestellt. Die beiden hatten 2009 ihre Bankanteile für je 18 Millionen Euro an die übrigen Aktionäre verkauft. Da in der Bilanz 2008 die vorhandenen Risiken bewusst viel zu niedrig angesetzt gewesen seien, tauge diese nicht als Grundlage für die Auszahlung. Die Alteigner wollen deshalb zivilrechtlich je rund sechs Millionen Euro von Janssen und Pfundt zurückfordern. Die Klage wird ihr Anwalt Hans-Michael Pott von der Kanzlei Sernetz Schäfer wohl im Sommer einreichen. Pfundt weist die Vorwürfe zurück: „Der Rücknahmepreis der Aktienanteile war nicht verhandelbar.“

Sal. Oppenheim und Esch

Ab wann die Bilanz und damit auch die Bewertung von Sal. Oppenheim falsch war, spielt auch in einer anderen möglichen Auseinandersetzung eine wichtige Rolle. Henri Pferdmenges, dessen Vater kurz vor der Beinahe-Pleite verstarb, will einen Teil der Erbschaftsteuer für seine angeblich zu hoch bewerteten Sal.-Oppenheim-Anteile vom Land Nordrhein-Westfalen zurückfordern. Hätte die Bank die Risiken korrekt in der Bilanz 2008 ausgewiesen, wäre sein Erbe beim Tod des Vaters viel weniger wert gewesen – und die Steuer deutlich niedriger. Wenige Tage nach dem Erbfall waren Pferdmenges’ Anteile de facto wertlos. Trotzdem musste er einen Millionenbetrag an den Staat zahlen.

Der Zorn vieler Kunden trifft nicht Sal. Oppenheim allein. Zu eng waren die Geschicke des Geldhauses mit denen des Immobilienentwicklers Esch verwoben. Gemeinsam mit der Bank hatte er geschlossene Immobilienfonds konzipiert, die den Bankkunden als Steuersparmodell und sichere Investments offeriert wurden. 65 solcher Fonds gibt es. Sal. Oppenheim verdiente über die Finanzierung mit, zudem zeichneten die Bankiers oft selbst die Fonds – was bei der Akquise reicher Investoren für zusätzliches Vertrauen sorgte.

Wütende Kunden

Heute läuft etwa ein Drittel der Fonds schlecht. So platzierte Esch fünf Fonds mit dem Hauptmieter Karstadt. Nach der Pleite des Warenhauskonzerns wurden auch die Mietzahlungen angepasst. Zuvor gerieten Großprojekte wie die Kölnarena und der Bau der neuen Kölner Messehallen zum Skandal. Die EU-Kommission will das Messeprojekt wegen fehlender Ausschreibungen rückabwickeln. Bei den schlecht laufenden Fonds reichen die Ausschüttungen nicht aus, um die beim Bankhaus aufgenommenen Kredite zu bedienen. Einige Kunden gehen juristisch gegen Sal. Oppenheim und Esch vor, klagen auf Rückabwicklung oder versuchen Esch aus der Geschäftsführung einzelner Fonds zu drängen. Die Oppenheim-Familien halten sich dabei zurück. Das mag daran liegen, dass die Protagonisten bis heute verbandelt sind. Gemeinsam mit von Krockow betreibt Esch weiter den Jetverleih Challenge Air. Das Duo teilt sich ein Anwesen auf Ibiza, das Kölner Wohnhaus des Grafen gehört Esch.

Von tiefem Vertrauen in die Fertigkeiten des Troisdorfers waren ein knappes Dutzend Unternehmer, Erben und Manager beseelt, unter ihnen Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und der spätere KarstadtQuelle-Frontmann Thomas Middelhoff. Letzterer steckte mit seiner Frau Cornelie rund 155 Millionen Euro – zum Großteil über Schulden finanziert – in acht Fonds, darunter pikanterweise vier Karstadt-Immobilien.

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