Christopher Freiherr von Oppenheim wirkt sehr angespannt, als er am Mittwochnachmittag um 17 Uhr den Saal 237 im Landgericht Köln betritt. Zum ersten Mal war der Namensgeber des einstmals so renommierten und traditionsreichen Kölner Bankhauses als Zeuge geladen. Doch eigentlich ist der 47-Jährige – das wird schon in den ersten Minuten der Vernehmung deutlich - der Angeklagte, der seine Unschuld beweisen muss. Der Ex-Banker, der als Beruf ganz lapidar "Bankkaufmann, wohnhaft in Köln" angibt, muss nicht nur Schadensersatzklagen von geprellten Anlegern abwehren.
Jeder seiner Aussagen könnte auch im bevorstehenden Strafprozess Eingang finden. Die Staatsanwaltschaft Köln will noch in diesem Jahr Anklage wegen "Untreue in einem besonders schweren Fall" gegen die Ex-Gesellschafter von Sal. Oppenheim erheben. Gelingt der Sonderkommission der Nachweis, dann droht dem Baron sogar eine Gefängnisstrafe.
Der Baron erinnert sich nicht mehr genau an alles
Der Ruf der früher so angesehenen Kölner Bankiersfamilie ist seit der Beinahe-Pleite der Privatbank Sal. Oppenheim und dem Notverkauf an die Deutsche Bank ruiniert. Doch Christopher Freiherr von Oppenheim betritt den Gerichtssaal mit dem Vorsatz, den Schaden zu begrenzen. Nur zu gern würde er dem Gericht glauben machen, dass er ein ehrenwerter Bankkaufmann sei. Doch das gelingt während der dreistündigen Zeugenvernehmung nur sehr bedingt. Souverän wirkt sein Auftritt nicht. Auf viele Fragen bleibt der Baron eine Antwort schuldig, weil er sich nicht mehr so genau erinnern kann.
Schließlich, bittet er um Verständnis, seien die Vorgänge in diesem Verfahren schon mehr als zehn Jahre her. Und wenn er dann doch etwas sagt, dann klingt es so, als sei die Wahl seiner Worte mehrmals mit seinen Anwälten durchgesprochen.
Brisant ist der Fall vor allem deshalb, weil von Oppenheim persönlich den Kläger Axel Pfeil, ein früherer Vorstand der Deutschen-Bank-Tochter DB Invest, von einem Investment an einer Kaufhaus-Immobilie in Potsdam überzeugt hatte, bei dem die später insolvente Arcandor AG (Karstadt) der Hauptmieter war. Pfeil hatte sich zunächst gegen ein Investment an dem von Oppenheim-Esch aufgelegten Fonds entschieden, wurde dann aber bei einem persönlichen Treffen von Oppenheim umgestimmt.
Christopher Freiherr von Oppenheim widerspricht Zeugen
Den Ausschlag, so Kläger Pfeil, habe dabei von Oppenheims Versprechen gegeben, er garantiere die Rücknahme der Anteile zum Einstandspreis inklusive Verzinsung, falls sich die Immobilie nicht wie geplant entwickele. Außerdem sei er nicht ausreichend über die Struktur des Fonds aufgeklärt worden.
Sechs Stunden vernimmt das Gericht die Zeugen. Dabei geht es um viele betriebswirtschaftliche Details. Der vorsitzende Richter Stefan Singbartl tut sich sichtlich schwer, die Ausflüge der Zeugen in die Gewinn- und Verlustrechnung von Immobilien-Investments und die Steuerersparnisse nachzuvollziehen. Einmal unterbricht er sogar die Vernehmung des Zeugen von Oppenheim und ordnet eine 15-minütige Pause an, weil er eine komplizierte Schilderung nicht mehr sachgerecht ins Protokoll aufnehmen kann.
Trotz mehrmaliger Nachfragen beharrt von Oppenheim allerdings darauf, dass er bei dem Treffen das Projekt in Potsdam "mit all seinen Chancen und Risiken" dargestellt habe. Auch die Verflechtungen des Bankhauses Sal. Oppenheim mit der Familie Esch seien dem Kläger bekannt gewesen. Und eine Rücknahmegarantie, falls sich die Fondsanteile nicht wie geplant rentieren, habe er auf keinem Fall gegeben. "Das habe ich so nicht gesagt. Da bin ich mir hundertprozentig sicher."
Der Baron widerspricht damit zwei weiteren Zeugen. Marc H., der ehemalige Geschäftsführer der Frankfurter Sal.Oppenheim-Niederlassung, bestätigte die Erinnerung des Klägers Pfeil, dass es einen umfassenden Prospekt nicht gegeben hat. Erst von Oppenheims Zusage, er garantiere die Rücknahme der Anteile zum Einstandspreis inklusive Verzinsung, habe Pfeils Widerstand gebrochen. Und auch der ebenfalls an diesem Tag geladene Zeuge Thomas Pachmann, der wie Pfeil den Potsdamer Oppenheim-Esch-Fonds gezeichnet hatte und bei dem Verkaufsgespräch mit dem Baron dabei war, erinnert sich genau: "Würde Ihre Entscheidung anders ausfallen, wenn wir das Ausfallrisiko übernehmen?" habe der Baron gefragt.
Dieser mündlichen Zusage habe er und Pfeil vertraut. Die Notwendigkeit, das schriftlich zu fixieren, sah man damals nicht. "Es galt das gesprochene Wort, das kriegt man sonst von einer Bank nicht", erklärte Pachmann. "Sal. Oppenheim – das war ein Name wie Donnerhall."