Sal. Oppenheim Der tiefe Sturz der Oppenheims

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Sal. Oppenheim hing zu sehr von Arcandor ab

Und ausgerechnet er wird Saal 210 nun mit der geringsten Strafe verlassen. Sechs Millionen Euro zahlt er, dafür stellen die Staatsanwälte das Verfahren ein.

Dabei sind beide Transaktionen, die jetzt in Köln verhandelt werden, ohne Esch undenkbar. Bei der ersten geht es um ein Gebäude in Frankfurt, in das die Investmentbanker von Sal. Oppenheim einziehen sollten. Für dessen Kauf und seinen aufwendigen Umbau gründeten Esch und einige Familienangehörige eine Gesellschaft, genehmigten sich Millionenkredite von ihrer eigenen Bank und verkauften es dieser wenige Monate später Ende 2008 für 123 Millionen Euro. Das war viel zu teuer, meinen die Staatsanwälte.

Die Geschichte von Sal. Oppenheim

Beim zweiten geht es um jenes dramatische Wochenende des 26. bis 28. September 2008, als Arcandor erstmals vor der Pleite stand. Für Sal. Oppenheim wäre das ein Desaster gewesen. Die Bank hatte ihrer Kundin Schickedanz hohe Kredite gewährt, die ausschließlich mit Arcandor-Aktien besichert waren. Rund 150 Kunden hatten zudem in Esch-Fonds investiert, deren Wohl allein von den Mietzahlungen des Handelskonzerns abhing.

"Ich sah keinen Anlass für Zweifel"

Und auch die Banker selbst hätte die Pleite übel getroffen, denn sie hatten persönlich für die Kredite gebürgt, mit denen Schickedanz 2005 ihren Anteil an Arcandor aufstockte. Also stieg die Bank über eine Kapitalerhöhung als Großaktionär bei dem trudelnden Konzern ein und gewährte ihm zusätzlich noch einen Millionenkredit. Das geschah, ohne die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ausreichend zu prüfen, so der Vorwurf der Ankläger.

Von Krockow und von Oppenheim haben Verfehlungen eingeräumt. Aber ihre früheren Kollegen in der Geschäftsführung, die nicht aus der Familie stammten, wehren sich nach Kräften. Manches ist durchaus nachvollziehbar. Doch Richterin Grobecker wirkt, als würde sie die Detailarbeit nur noch nerven.

Je mehr man eintaucht in diese Welt, desto mehr fragt man sich, warum keiner etwas gemerkt hat, warum so viele Beteiligte nichts sehen wollten oder konnten. „Ich hatte keinen Zugang zu Esch, ich sah keinen Anlass für Zweifel, ich habe mich nicht eingemischt“, sagte der für das Risikomanagement zuständige Ex-Top-Manager Janssen gleich zu Beginn des Prozesses.

Und dann tritt vor Gericht eine Figur wie Henri Pferdmenges auf, und man weiß, wie es so weit kommen konnte.

Die ältesten Geldhäuser der Welt
10. Bank of New York Mellon, 1784 gegründetNachdem Alexander Hamilton an der Verfassung die Vereinigten Staaten mitschrieb, gründete er die Bank of New York. Es war das erste Unternehmen, das im New York Stock Exchange gelistet wurde. Der Börsenindex wurde 1792 ins Leben gerufen. 2007 wurde das Traditionsinstitut schließlich von der Mellon Financial Corporation übernommen - es entstand die heutige Bank of New York Mellon. Quelle: AP
9. Halifax Bank of Scottland, 1695 gegründetDen Schotten wird bekannterweise ein gutes Händchen für Geld zugeschrieben. Die Bank of Scottland dürfte ihren Beitrag dazu geleistet haben. Während die Bank of England vor allem dem Staat finanziell unter die Arme greifen sollte, war die Bank of Scottland überwiegend für Betriebe und Geschäft da. Es ist die älteste existierende Bank im Vereinigten Königreich. Aus der Fusion mit der Halifax Bank ging 2001 die Halifax Bank of Scottland hervor. Quelle: dpa-tmn
8. Bank of England, 1694 gegründetAuch ein Schotte soll die Idee zur Gründung der englischen Zentralbank gehabt haben. Die Bank verhalf dem Vereinigten Königreich zum Aufstieg der führenden Seemächte im 18. und 19. Jahrhundert. Es ist nach der schwedischen Riksbank die zweitälteste Zentralbank der Welt. Quelle: dapd
7. Coutts & Co, 1692 gegründetDer Gründer und Schmied John Campbell of Lundie versorgte seine schottischen Landsleute in London mit Silbertellern und Juwellen. Nebenbei kümmerte er sich auch um das Finanzgeschäft seiner Kunden. Seitdem ist das Kerngeschäft die private Vermögensberatung. Im Jahr 2000 ging die Bank in den Besitz der Royal Bank of Scottland über und gehört zum Bereich Privatgeschäft der RBS Group. Quelle: dpa
6. Barclays Bank, 1690 gegründetDie heute drittgrößte Bank Großbritanniens wurde von Quäkern gegründet. 1967 stellte sie den ersten Geldautomat der Welt auf. Quelle: dpa
5. C. Hoare & Co., 1672 gegründetEs ist die letzte Privatbank aus der Riege der Institute, die im 17. und 18. Jahrhundert gegründet wurden. Das Geldhaus wird heute noch von einem der Nachfahren von Sir Richard Hoare geführt. Seit 1690 befinden sich die Räumlichkeiten der Bank in der Fleet Street und damit im Herzen der City of London - british tradition at its best. Quelle: Screenshot
4. Sveriges Riksbank, 1668 gegründetDas Gebäude sieht modern aus, doch der Schein trügt. Die schwedische Zentralbank ist die älteste Zentralbank der Welt. Erst 1904 erhielt sie das Monopol fürs Gelddrucken, seit 1999 ist sie im Bereich der Geldpolitik völlig unabhängig. Quelle: Presse

Sein Großvater Robert war von 1929 bis 1953 Teilhaber der Bank. Während der Nazizeit lieh er dem Bankhaus seinen Namen. Die Oppenheims waren schon Mitte des 19. Jahrhunderts zum Christentum konvertiert, ihr Name klang jedoch weiterhin jüdisch. Enkel Henri hat einen Anteil geerbt, die Kölner Wurzeln jedoch schon lange gekappt. Vier Mal im Jahr flog er aus dem Ausland zu den Sitzungen der Kontrollorgane ein, um nach dem Rechten zu sehen.

Kritik ziemte sich nicht

Oder auch nicht. „Ich habe am wenigsten gefragt, mein Deutsch ist nicht sehr gut“, sagt er. Zwei Gremien wachten über das Treiben der persönlich haftenden Gesellschafter: der Aktionärsausschuss und der Aufsichtsrat. Wie die sich unterschieden, weiß Pferdmenges nicht mehr so genau. Vor den Sitzungen bekam er dicke Mappen zugeschickt mit Unterlagen zur Verfassung der Bank, viele Papiere „klein und eng bedruckt“. Er braucht es nicht zu sagen, man ahnt auch so, dass er da nicht allzu genau reingeschaut hat.

Warum sollte er dem Führungspersonal auch misstrauen? „Die traten sehr professionell auf und wirkten gut vorbereitet“, sagt Pferdmenges, der mit von Krockow und von Oppenheim „seit Jugendtagen eng befreundet“ ist. Sie bildeten die „Bankfamilie“, trafen sich jedes Jahr zum Weihnachtsessen. Als der aufmüpfige Nicolaus von Oppenheim, der das kommende Unheil wenigstens ahnte, bei einer Sitzung ausfallend wurde, wies man ihn zurecht und tilgte die „emotionalen Passagen“ aus dem Sitzungsprotokoll. Kritik ziemte sich nicht. So einfach ist das. Warum sollten sie auch fragen, solange die Millionen flossen, mit denen sie es krachen lassen konnten?

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