Sieber und Klösges gehen Commerzbank boxt umstrittene Personalie durch

Der Aufsichtsrat hat die Verkleinerung des Vorstands von neun auf sieben Posten durchgeboxt, doch damit ist der Umbau der Bank noch längst nicht abgeschlossen.

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Die Baustellen des Commerzbank-Chefs
Stellenabbau auf der FührungsebeneDer Streichung von 5200 Stellen quer durch die Bank und in den Filialen folgt nun der radikale Abbau von Führungspersonal: Personalvorstand Ulrich Sieber muss gehen. Der Aufsichtsrat beschloss am 6. November, ihn zum Jahresende von seinem Posten abzuberufen. Verfehlungen wirft sie dem auch für die interne Abbaubank NCA zuständigen Manager nicht vor. Hintergrund ist ein Streit darüber, wie viel Abfindung ihm zusteht. Sieber will gegen die Entscheidung des Aufsichtsrats juristisch vorgehen. Siebers Vorstandskollege Jochen Klösges entgeht seiner drohenden Abberufung durch einen Wechsel zur Hamburger Reederei Erck Rickmers. Nicht nur die beiden Posten im derzeit neunköpfigen Vorstand der Bank will Blessing abschaffen. Auch auf Ebene der zahlreichen Bereichsvorstände sollen Manager wegfallen. Eine Stufe tiefer hat die Bank bereits zahlreiche Posten von Bereichsvorständen gestrichen und will auch die Ebene der Bereichsleiter ausdünnen. Quelle: dpa
Umbau der PrivatkundensparteSie ist Blessings wohl wichtigstes Projekt. 1.200 Filialen und elf Millionen Kunden hat die Sparte. Martin Blessing und sein Privatkundenvorstand Martin Zielke vergleichen die Herausforderungen im Filialgeschäft gern mit der Situation der Printverlage, die ihr Geschäftsmodell für die digitale mediale Zukunft wappnen müssen. Auch Bankfilialen sehen sich mit Kundenschwund konfrontiert, seit Bankgeschäfte über das Internet von zuhause aus oder mit Mobilgeräten sogar unterwegs erledigt werden können. Die Commerzbank will reagieren, indem sie ihre Filialen onlineaffin macht. Quelle: dpa
Besserer ServiceDie Filialen sollen zwar beibehalten werden, doch deren Service soll unabhängiger von den Öffnungszeiten werden. Kunden sollen Standardprodukte wie Girokonten oder Konsumentenkredite auch online abschließen können, ohne dafür eine Filiale aufsuchen zu müssen. Das gilt auch für Baufinanzierungen. Mit einer Servicehotline will die Commerzbank 24 Stunden täglich und sieben Tage die Woche erreichbar sein. Quelle: dpa
Altlasten der EurohypoNeben den aktuellen Umbauaktionen darf der noch ausstehende Rückbau von Altlasten vor allem aus der untergegangenen Ex-Tochter Eurohypo (jetzt Hypothekenbank Frankfurt) nicht in Vergessenheit geraten. Blessing und seine Mannschaft können Erfolge beim Schrumpfen notleidender gewerblicher Immobilienfinanzierungen verzeichnen. Im Juli verkaufte sie gewerbliche Immobilienkredite von fünf Milliarden Euro, sowie das gesamte operative Geschäft der Eurohypo an die US-Großbank Wells Fargo und den Finanzinvestor Lone Star. Doch damit ist es noch nicht getan. Griechische Staatsanleihen hat die Commerzbank zwar aus ihrer Bilanz verbannt, muss aber noch Finanzierungen anderer europäischer Krisenstaaten loswerden. Quelle: dpa
Sorgenkind SchiffsfinanzierungDie Commerzbank sitzt noch auf einem Berg milliardenschwerer Schiffs- und Staatsfinanzierungen. Die wackligen Schiffskredite stehen noch mit einem Betrag von 17 Milliarden Euro in den Büchern (Stand, 8. August 2013). Das Portfolio an Schiffskrediten soll bis 2016 um 40 Prozent reduziert werden. Um hohe Abschläge bei einem Verkauf zu vermeiden, hat sich die Bank dazu entschlossen, einige Schiffe selbst zu betreiben und hierzu die Hanseatic Ship Asset Management gegründet. Quelle: dpa

Dem Commerzbank-Management ist eine Blamage erspart geblieben, denn der Aufsichtsrat hat heute die umstrittene Abberufung von zwei Vorständen durchgeboxt. Entscheidend ist am Ende wohl das doppelte Stimmgewicht von Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller gewesen, denn zuvor hatten insbesondere die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat die Entscheidung blockiert.

Vor allem die Trennung von Personalvorstand Ulrich Sieber war der Belegschaft ein Dorn im Auge, die den Manager als verlässlichen Ansprechpartner beim großangelegten Jobabbau in der Bank schätzen gelernt hatte. Mit Sieber konnte keine gütliche Einigung erzielt werden, denn er hat sich bis zuletzt gegen den Rausschmiss gewehrt. Kein Wunder, denn sein Arbeitgeber konnte ihm keine Fehlentscheidungen vorwerfen, die eine Trennung gerechtfertigt hätten.

Die Commerzbank begründet die Verkleinerung des Vorstands mit dem Umbau des Unternehmens und der Trennung von Geschäftsbereichen. Eigentlich wäre es ein populärer Schritt, nicht nur in der Belegschaft, sondern auch beim Topmanagement zu sparen. Unter Arbeitsrechtlern ist aber umstritten, dass die angeführten Gründe für eine Abberufung reichen. Der Fall Sieber könnte daher demnächst die Gerichte beschäftigen. Einfacher ging aus Sicht der Bank die Trennung von Vorstand Jochen Klösges von der Hand. Er wechselt zur Reederei Rickmers und hat wohl keinen Anspruch mehr auf volle Fortzahlung seiner Bezüge, wenn er seinen neuen Job im kommenden Frühjahr antritt.

Die Aufgaben von Sieber und Klösges, die ihre Posten Ende Dezember aufgeben müssen, verteilt die Bank nun im Vorstand um. Michael Reuther, Chef des Investmentbankings, wird die Abwicklung von Staatsfinanzierungen übernehmen und Firmenkundenchef Markus Beumer den Abbau von gewerblichen Immobilienfinanzierungen und Schiffskrediten verantworten. Wer allerdings Siebers Aufgabe als Personaldirektor übernimmt, muss noch gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern entschieden werden.

Der Rauswurf der beiden Vorstände ist zwar ein wichtiger symbolischer Schritt, bei dem sich das Management auch gegen interne Widerstände durchgesetzt hat. Aber der Umbau der Bank ist damit noch nicht abgeschlossen. Ziel der neuen Strategie ist, den Abbau von Altlasten konsequent weiter zu treiben und das Privatkundengeschäft zu modernisieren. Berater und Filialen sollen fit für die digitale Zukunft gemacht werden. Kurzfristige Erfolge sind dabei nicht zu erwarten, denn CEO Martin Blessing hat das Jahr 2013 wegen des Umbaus der Bank zu einem Übergangszeitraum erklärt und damit die Erwartungen entsprechend heruntergeschraubt.

Wenn Finanzchef Stefan Engels morgen die Geschäftszahlen für das dritte Quartal präsentiert, werden Analysten und Anleger trotzdem Ausschau nach ersten grünen Sprossen halten, die von einer baldigen Erholung der Commerzbank künden könnten.

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