Soffin-Chef Herbert Walter ist die korrekte Wahl

Mit Herbert Walter übernimmt ein kompetenter und pflichtbewusster Banker die Leitung des Bankenrettungsfonds Soffin. Dessen künftige Rolle ist allerdings unklar.

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Herbert Walter, einst Chef der Dresdner Bank, soll den staatlichen Rettungsfonds Soffin leiten. Quelle: dpa

Martin Blessing und Michael Diekmann wollen sich feiern. Nach monatelangen Verhandlungen  haben die Chefs von Commerzbank und Allianz die Übernahme der Dresdner Bank endlich klar gemacht. Als sie das Ergebnis im August 2008 der Presse vorstellen, strahlen beide Topmanager ebenso selbst- wie zukunftssicher. Und entwerfen die Vision eines soliden Superinstituts, einer idealen Heimat für deutsche Sparer und Mittelständler, eines zweiten nationalen Champions.

Hebert Walter muss bei dieser fröhlichen Übung den traurigen Teil übernehmen. Der Chef der Dresdner Bank, im fusionierten Institut mit dem Alibi-Posten des Marketingvorstands bedacht, überbringt die unangenehmen Nachrichten des Zusammenschlusses. Den Abbau tausender Stellen, das Ende hunderter Filialen. Er tut das so, wie er seine Aufgaben in seiner Karriere immer erledigt hat. Sachlich, fast emotionslos, korrekt, pflichtbewusst. 

Bad Banks in Deutschland und Europa
Laut einem Bericht der französischen Zeitung "Les Echos" sitzen die europäischen Bad Banks auf Schrottpapieren im Wert von mehr als 1.000 Milliarden Euro. Alleine die Bad Bank der belgisch-französischen Bank Dexia besäße faule Kredite und andere Giftpapiere im Wert von 266 Milliarden Euro – Rekord in Europa. Auch die französische Natixis halte immer noch faule Papiere im Wert von 13,5 Milliarden Euro. Doch nicht nur die französischen Bad Banks sitzen immer noch auf Müllbergen.... Quelle: AP
CommerzbankInterne Bad Bank: Portfolio Restructing UnitZum 30. September 2009 sammelte die Commerzbank 44 Milliarden Euro an Schrottpapieren in einer firmeninternen Bad Bank. 2012 schrumpfte das Portfolio der internen "Bad Bank" um 17 Prozent auf 151 Milliarden Euro. Dabei fokussierte sich die Commerzbank vor allem auf die gewerbliche Immobilien- und Staatsfinanzierung. Bis 2016 soll das Portfolio dieser Abbaueinheit NCA auf gut 90 Milliarden Euro abschmelzen - vorzugsweise wertschonend über Fälligkeiten, in Einzelfällen werden nach früheren Angaben durch den Verkauf von Papieren aber auch Verluste in Kauf genommen. In der Bad Bank lagert der Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo, inzwischen umbenannt in Hypothekenbank Frankfurt, sowie die Schiffsbank. Aus all diesen Geschäftsbereichen zieht sich die Commerzbank komplett zurück. Auch einige Uraltlasten aus der Investmentbank von der Finanzkrise 2008 sind dabei. Quelle: dpa
Hypo Real Estate - FMS WertmanagementDie Bad Bank der verstaatlichten Münchener Immobilien Bank besaß bei ihrer Gründung zum 1. Oktober 2010 Schrottpapiere im Wert von 175,6 Milliarden Euro. Zum 30. Juni 2011 hat sie den Bestand auf 160,5 Milliarden Euro reduziert. 2012 konnte die Abwicklungsbank FMS einen Überschuss von 37 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Trend hatte sich bereits im ersten Halbjahr abgezeichnet. So hatte das Institut unterstützt von anziehenden Finanzmärkten von Januar bis Juni seinen Verlust auf 50 (Vorjahreszeitraum: 689) Millionen Euro reduziert. Auch in der zweiten Jahreshälfte hatte sich die Erholung an den Finanzmärkten weitgehend fortgesetzt. Dadurch hätten sich die Altlasten um 38 Milliarden Euro reduziert, sagte ein Insider. Quelle: dapd
HSH NordbankEine interne Bad Bank kümmerte sich um die Altlasten der Landesbank von Hamburg und Schleswig Holstein. Am 31. Dezember 2010 startete der Finanzfriedhof mit 69 Milliarden Euro. 2012 haben die Schifffahrtskrise und hohe Gebühren für Staatsgarantien der HSH Nordbank Verluste eingebrockt. Wegen der Lasten durch drohende Kreditausfälle in der internen Bad Bank und steigender Garantiekosten geht die Landesbank 2013 von einem weiteren Fehlbetrag aus. Erst 2014 ist ein Lichtstreif am Horizont in Sicht. Dann will das seit Jahren kriselnde Institut dank weiterer Fortschritte im Kerngeschäft „ein deutlich positives Konzernergebnis“ erwirtschaften. Im abgelaufenen Jahr musste die HSH, die nach wie vor in der Schiffsfinanzierung führend ist, erneut viel Geld für drohende Kreditausfälle zurücklegen. Hinzu kamen 473 Millionen Euro an künftigen Gebühren für Garantien, die bereits jetzt in der Bilanz verbucht wurden. Der Vorsteuerverlust verringerte sich dennoch leicht auf 185 (Vorjahresminus: 206) Millionen Euro, weil es im Kerngeschäft bereits besser lief. Quelle: dpa
WestLBDie vom übrigen Institut abgespaltene Bad Bank "Portigon", vormals "Erste Abwicklungsanstalt EAA" bündelte zum 1. Januar 2010 Schrottpapiere im Wert von 77,5 Milliarden Euro. Nach zwei herben Verlustjahren konnte die Bad Bank 2012 einen Minigewinn erzielen. Dank der Erholung der US-Immobilienmarktes weist die Portigon einen Jahresüberschuss von 6,6 Millionen Euro aus. 2011 hatte der Schuldenschnitt für Griechenland zu einem Verlust der Bad Bank von 878 Millionen Euro geführt. Der Vorstand betonte, dass die Abwicklung der WestLB-Papiere schneller als geplant vorankomme. Seit ihrer Gründung vor gut drei Jahren habe die Bad Bank in mehreren Schritten Bestände in der Größenordnung von rund 200 Milliarden Euro übernommen. Abgewickelt wurden bereits Kredit- und Wertpapiere im Gesamtvolumen von 68 Milliarden Euro. Quelle: dpa
BayernLBDie Bayern tauften ihre interne Bad Bank Projekt Herkules. Ein passender Name. Mit 67,2 Milliarden Euro Finanzschrott startete das Projekt am 1. Juli 2009. Zum Jahresende 2011 waren es nur noch 27 Milliarden Euro. Der Freistaat haftet mit einer Garantie von 4,8 Milliarden Euro für Verluste durch strukturierte Altkredite aus der Finanzkrise. Bislang reichte der Eigenanteil der Bank in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, die Lasten der Vergangenheit aufzufangen. Davon ist jedoch bereits die Hälfte aufgebraucht. Die Landesbanker verwalten ihre 27 Milliarden Euro schwere Bad Bank intern in der eigenen Bilanz. Gut 40 Prozent davon entfallen auf sogenannte ABS-Papiere. Das sind gebündelte und verbriefte Kleinkredite, von denen keiner weiß, ob und in welchem Umfang die Schuldner sie zurückzahlen können. Quelle: dpa
Bank of Ireland - NAMADie irische Regierung gründete im September 2009 die erste Bad Bank in Europa - die National Asset Management Agency (NAMA) Sie übernahm faule Kredite im Wert von 47 Milliarden Euro. Irland erhielt eine Finanzspritze des IWF über 67,5 Milliarden Euro und Gelder aus dem EU-Rettungsschirm, um den Bankensektor zu stabilisieren. Übrig blieben nur zwei von fünf Banken - die Bank of Ireland und die Allied Irish Banks. Bis zum 31. März 2012 wurden Immobilienverkäufe im Wert von insgesamt acht Milliarden Euro genehmigt – 90 Prozent davon betrafen Objekte im Ausland. Eingenommen hatte die NAMA (Stand September 2011) bis dato allerdings nur 2,7 Milliarden Euro. Quelle: dapd

Seitdem sind mehr als sechs Jahre vergangen. Die Dresdner Bank ist längst verschwunden, die Commerzbank musste der Staat mit zwischenzeitlich 18 Milliarden Euro Staatshilfe retten. Mittlerweile hat das Institut den allergrößten Teil davon zurückgezahlt, doch der Bund ist nach wie vor der größte Aktionär. Da ist es schon eine Ironie der Geschichte, dass sich der 61-jährige Walter nun im Auftrag des Steuerzahlers wieder mit der Bank beschäftigt.

Walter ist bestens vernetzt

An diesem Donnerstag übernimmt er den Vorsitz des Leitungsausschusses der Finanzmarktstabilisierungsanstalt FMSA. Die managt den Rettungsfonds Soffin, verwaltet die Bankenabgabe und wird künftig für die Abwicklung deutscher Institute zuständig sein. Walter übernimmt zwar nicht die laufende Verantwortung für das Management des Anteils an der Commerzbank. Doch bei  dessen anstehender Privatisierung wird er ebenso wie beim für dieses Jahr geplanten Verkauf oder Börsengang der Deutschen Pfandbriefbank eine zentrale Rolle spielen.

Für die ist Walter eine gute – oder besser – eine korrekte Wahl. Er ist nach wie vor bestens vernetzt, seine Kompetenz ist ebenso unbestritten wie seine persönliche Integrität. Walter ist ein Pflichtmensch, ein zutiefst preußischer Bayer, der sich mit großem Eifer in den Schatten seiner Aufgabe stellt. Nach dem Zusammenschluss verließ er die Commerzbank schon nach wenigen Wochen – und verzichtete anders als mancher Kollege auf eine Millionenabfindung. Wenig später machte er mit dem früheren Bahnchef Hartmut Mehdorn eine Berater-Bürogemeinschaft auf. Walter unterstützte Gründer ebenso wie hochrangige Manager, gelegentlich trat er sogar in Talkshows auf.  Fast unbemerkt profilierte er sich daneben als Experte für schwierige Fälle. Vor allem sein Engagement  im Aufsichtsrat der irischen HRE-Tochter Depfa beeindruckte wohl auch die für die FMSA Verantwortlichen im Finanzministerium.

Ein Mann der kleinen Details

Etwas überschattet werden Walters fachliche Qualitäten in der Erinnerung ehemaliger Mitarbeiter von seinem fast schon legendären Hang zur Pedanterie. Frühere Untergebene berichten noch heute, wie ihr Chef sich stundenlang in kleinste Details von Präsentationen verbiss und sie mit diesen bis in den Schlaf verfolgte. Seit seinem Abschied von der Macht ist Walter jedoch regelrecht aufgeblüht. Wer ihm mittags in einem der von ihm bevorzugten italienischen Restaurants im Frankfurter Westend begegnete, traf einen Mann, der wie befreit von einer Last wirkte.

Das sind die größten Banken Europas

Er hatte es tatsächlich nicht leicht. Als er 2003 an die Spitze der  Dresdner Bank wechselte, waren die Hoffnungen  groß. Die Allianz wollte nach der Übernahme im Jahr 2001 endlich ihre Vision des Allfinanzkonzerns durchsetzen, Walter stand damals an der Spitze der Innovation. Von 1999 bis 2002 war er Chef der „Deutschen Bank 24“. In die hatte Deutschlands größtes Geldhaus damals sein Geschäft mit gewöhnlichen Privatkunden ausgegliedert. Da sich diese davon diskriminiert fühlten, gilt das Projekt  heute als strategischer Fehlschlag. Tatsächlich war es mit seiner Fokussierung auf schlanke Prozesse und einfache Dienstleistungen wegweisend.  Zahlreiche Manager, die heute im deutschen Privatkundengeschäft an der Spitze stehen, sind damals durch Walters ebenso harte wie gute Schule gegangen. Zu ihnen zählen Frank Strauß, heute Chef der Postbank und Andree Moschner, Vorstand bei der Allianz Deutschland.

Walter muss für die FMSA eine Rolle finden

Letztlich blieb Walters fünfjährige Mission bei der Dresdner Bank erfolglos. Statt innovativer Ideen musste er immer neue Sparvorgaben aus München umsetzen. Die teuer eingekauften Investmentbanker von Dresdner Kleinwort bescherten der Bank keine Gewinnsprünge, sondern Verluste. Was sie im Allfinanzkonzept überhaupt noch zu suchen hatten, blieb bis zum Ende offen.

Dennoch werden die Erfahrungen mit dem Großaktionär Walter auch bei seiner neuen Aufgabe nützen. Für ihn wird es in seiner dreijährigen Amtszeit vor allem darum gehen, eine echte Rolle für die FMSA zu finden. Auf mittlere Sicht soll diese als „Anstalt in der Anstalt“ in die Finanzaufsicht Bafin integriert werden.

Was das genau bedeutet, ist ebenso unklar wie ihre Rolle bei künftigen Abwicklungen. Für größere Banken wird ab dem kommenden Jahr der neue Europäische Abwicklungsmechanismus SRM unter Führung der noch amtierenden Bafin-Präsidentin Elke König zuständig sein, kleinere Institute werden vermutlich wie bisher vor allem vom Einlagensicherungsfonds der privaten Banken aufgefangen. Die FMSA wäre dann vor allem für die Umsetzung der europäischen Vorgaben in deutsches Recht zuständig. Das wäre nicht allzu viel. Doch wie auch immer die Aufgabe aussieht: Walter wird sie ebenso eifrig wie pflichtbewusst erfüllen.

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