Sparkassentag Die fünf Lebenslügen der Sparkassen

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Regulierung: Immer auf die Kleinen?

Das Wehklagen der Sparkassen schwillt an, sobald das Thema Bankenaufsicht und Regulierung zur Sprache kommt. Sparkassenfunktionäre sehen ihre meist kleinen und regional verstreuten Institute als Kollateralopfer der strengeren Aufsichtsregeln für Banken. Politiker haben die Standards als Reaktion auf die Finanzkrise stark verschärft.

Richtig ist, dass kleine Banken überproportional leiden, weil sie kein auf Regulierung spezialisiertes Personal haben. Alle entsprechenden Aufgaben landen beim Vorstand, der dann weniger Zeit hat für strategische Entscheidungen und Kundenprobleme.

Das trifft aber nicht nur die Sparkassen. Auch die Volks- und Raiffeisenbanken, deren Institute am Ort oft noch kleiner sind als die lokale Sparkasse, leiden darunter. Und nicht alle Sparkassen sind kleine Häuser. Die Sparkassen der Großstädte Hamburg, Köln oder Düsseldorf bringen nicht nur beachtliche Bilanzsummen auf die Waage, sondern können ähnlich wie Großbanken Spezialisten und Stäbe für Regulierungsaufgaben vorhalten. Die Hamburger Sparkasse ist sogar groß genug, um zur Gruppe der 129 systemrelevanten europäischen Banken zu zählen. Diese werden von der einheitlichen Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank direkt überwacht.

Die zur Sparkassen-Finanzgruppe zusammengeschlossenen Einzelinstitute haben zudem zentrale Kompetenzstellen etwa für IT und Digitalisierung aber auch für Regulierungsaufgaben eingerichtet. Diese greifen den kleineren Sparkassen an der Basis bei der Compliance unter die Arme. Allein gelassen wird im Verbund also niemand. Außerdem ist Abhilfe in Sachen überbordender Regulierungsbürokratie unterwegs.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will sich in Europa für erleichterte Anforderungen für kleine Banken stark machen. Sie sollen nicht über Gebühr mit strengeren Regeln belastet werden. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret, zuständig für den Bereich Bankenaufsicht, begrüßt diesen Vorschlag. Dabei soll es laut Dombret jedoch nicht um abgespeckte Eigenkapitalpolster gehen, sondern um organisatorische Erleichterungen.

Sicherheit: Besser als die Großen?

Die Abstimmung der Kunden mit den Füßen gibt den Sparkassen recht: Seit der Finanzkrise haben sie hohen Zulauf, weil Sparer das Vertrauen in die internationalen Großbanken verloren haben. Verbandschef Georg Fahrenschon verweist gern auf die dezentrale Struktur der Sparkassen-Finanzgruppe mit ihren mehr als 400 selbständigen Instituten. Ein Finanzsystem bestehend aus vielen kleinen Banken sei stabiler als eines mit nur wenigen großen. Damit hat er Recht. Die Finanzstabilität in Deutschland profitiert von der hohen Zahl kleiner Institute wie den Sparkassen. Rund 2000 Banken gibt es in Deutschland, davon sind rund 1000 Volks- und Raiffeisenbanken und gut 400 Sparkassen.

Doch die Sparkassenwelt besteht entgegen dem Klischee nicht nur aus lokal verwurzelten und kleinen Dorf-Banken. Zum Verbund gehören die Landesbanken, von denen fast alle an den internationalen Kapitalmärkten mitgezockt haben. Neben den Bundesländern sind die regionalen Sparkassenverbände an den Landesbanken beteiligt. Schieflagen etwa bei der Düsseldorfer WestLB, die auf Geheiß der EU-Kommission stillgelegt wurde oder der HSH Nordbank in Hamburg haben auch Unruhe in die Sparkassenlandschaft gebracht. Ganz heil geblieben ist die Welt also auch bei den Sparkassen nicht – kein Wunder also, dass Fahrenschon in Düsseldorf betont, die Landesbanken hätten zuletzt deutlich an Stabilität gewonnen.

von Melanie Bergermann, Heike Schwerdtfeger

Als sie im vergangenen Jahr ihre Einlagensicherung an die einheitlichen EU-Vorschriften anpassen wollten, ließ der Streit um die Haftung für die Landesbanken das sonst so stabile Sparkassenlager fast auseinanderbrechen. Insbesondere die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen wollten nicht für mögliche Schieflagen bei anderen Landesbanken herangezogen werden. Sie hatten bereits genug beim Zusammenbruch ihrer WestLB verloren. Nur ein beherztes Eingreifen von Verbandschef Georg Fahrenschon und weitreichende Zugeständnisse an die Abweichler konnten damals das Schlimmste verhindern.

Kleinteilige Strukturen können vor Krisen schützen. Wenn sich allerdings alle kleinen Banken eines Finanzverbunds systematisch denselben Risiken aussetzen, können sich gefährliche Klumpen bilden. Finanzaufseher wie Sabine Lautenschläger betonen daher zu Recht, das von einzelnen kleinen Sparkassen zwar keine Gefahren für die Finanzstabilität ausgehen, ihr Finanzverbund als Ganzes betrachtet aber sehr wohl Systemrelevanz besitzt.

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