Spitzenposten in der Finanzbranche Frauen müssen draußen bleiben

Frauen in Chefetagen großer Konzerne sind in Deutschland immer noch selten. Vor allem Banken und Versicherungen bleiben ihrem Ruf treu, eine Männerdomäne zu sein. Eine DIW-Studie sieht „sehr großen Nachholbedarf“

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In der Welt der Banken und Versicherungen haben in Spitzengremien nach wie vor die Männer die Nase vorn. Quelle: dpa

Berlin Das Thema Frauen in Führungspositionen seit Jahren auf nationaler wie europäischer Ebene ein Dauer-Streitthema. In Deutschland gelang Ende vergangenen Jahres nach wochenlanger Diskussion ein Durchbruch: Das zwischen SPD und Union hart umkämpfte Gleichstellungsgesetz soll Frauen und Männern in Unternehmen und im öffentlichen Dienst gleichberechtigten Zugang zu Spitzenjobs verschaffen.

108 börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Betriebe müssen ab 2016 dafür sorgen, dass 30 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt werden. Klappt das nicht, bleiben Stühle leer.

Angesichts des politischen Drucks sollte man meinen, dass in den Unternehmen allmählich ein Umdenken einsetzt. Doch weit gefehlt: Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt zu dem Ergebnis, dass der Finanzsektor in Deutschland immer noch reine Männersache ist. „In den Spitzengremien von Unternehmen des Finanzsektors waren Frauen Ende des Jahres 2014 kaum häufiger vertreten als ein Jahr zuvor“, heißt es im Managerinnen-Barometer des DIW, das heute in Berlin vorgestellt wird. Es bestehe in diesem Bereich damit „weiterhin ein sehr großer Nachholbedarf“.

Die Untersuchung, die dem Handelsblatt (Online-Ausgabe) vorliegt, weist für die Vorstände der 100 größten Banken und Sparkassen einen Frauenanteil von knapp sieben Prozent aus; in den Vorständen von Versicherungen sind rund 8,5 Prozent Frauen. „Auf niedrigem Niveau glich die Dynamik der Entwicklung eher einem Ritt auf der Schnecke“, schreiben die Autorinnen der Studie, Elke Holst und Anja Kirsch.

In den Aufsichtsräten ist der Frauenanteil traditionell höher. In den untersuchten Banken und Versicherungen lag er im Jahr 2014 jedoch mit 18 Prozent ebenfalls weiter unter der ab 2016 geltenden gesetzlichen Quote von 30 Prozent Frauen bei Neubesetzungen. Nur leichte Zuwächse an Frauen in Aufsichtsräten verzeichnen laut DIW die öffentlichen-rechtlichen Institute, die damit „weiterhin keine Vorreiterrolle“ einnähmen.

Alle Bankengruppen seien vielmehr „noch weit von einer ausgeglichenen Repräsentation von Frauen und Männern entfernt“. In den Aufsichtsräten insbesondere bei den Banken sei die Aufwärtsbewegung in den letzten Jahren „ins Stocken“ gekommen. In den Vorständen bleibe die „Schubkraft“ ohnehin aus. „Diese Männerdomänen sind nach wie vor überwältigend“, stellen die DIW-Expertinnen fest.


Entwicklung in den Aufsichtsräten „bestenfalls schleppend“

In den Vorständen der 100 größten Banken und Sparkassen waren demnach von insgesamt 387 Vorstandsmitgliedern 26 Frauen. Dies entspreche einem Frauenanteil von knapp sieben Prozent, ein Plus von 0,4 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. In nur 23 von 100 Banken seien überhaupt Frauen im Vorstand vertreten. Unter den Vorstandsvorsitzenden habe es nur zwei Frauen und damit sogar eine weniger als im Vorjahr gegeben. Den höchsten Frauenanteil verzeichnete laut der Studie die Investitionsbank des Landes Brandenburg: Hier waren zwei der drei Vorstandsmitglieder Frauen – den Vorsitz hatte jedoch ein Mann inne.

In den Aufsichtsräten verlief die Entwicklung „bestenfalls schleppend“, schreiben die Studienautorinnen Holst und Kirsch. Hier erreichten die Frauen Ende des Jahres 2014 einen Anteil von 18 Prozent, was 270 von insgesamt 1.504 Sitzen entspricht. Damit hätten sich die Verhältnisse gegenüber dem Vorjahr „kaum geändert“, heißt es in der Untersuchung. Das Plus liege bei unter einem Prozentpunkt.

Laut DIW waren bei gut acht Prozent der Banken und Sparkassen ausschließlich Männer im Aufsichtsrat vertreten, während rund ein Fünftel der Geldinstitute einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent erreichte. Genau elf Geldhäuser hätten mit einem Viertel oder mehr Aufsichtsrätinnen nur knapp unter der 30-Prozent-Grenze gelegen. In 18 Geldinstituten seien Frauen im Aufsichtsrat zu mindestens einem Drittel vertreten gewesen. In der öffentlich-rechtlichen HSH Nordbank betrug demnach der Anteil 40 Prozent. Ein Gleichstand bei den Geschlechtern sei  in den Aufsichtsräten der privaten Comdirect Bank sowie der öffentlich-rechtlichen IBB Investitionsbank Berlin erreicht worden.

Keine Steigerung gegenüber dem Vorjahr stellt das DIW bei Versicherungsvorständen fest. Von den 60 untersuchten Versicherungen hatten demnach 27 mindestens eine Frau im Vorstand. Von den insgesamt 353 Vorstandsposten seien 30 mit Frauen besetzt gewesen. Mit einem Frauenanteil von 8,5 Prozent habe somit die Repräsentation von Frauen in den Versicherungsvorständen im Vergleich zum Vorjahr nicht gesteigert werden können. Sie lag damit aber etwas höher als bei den Banken und Sparkassen (knapp sieben Prozent). Nur eine Versicherung hatte demnach eine Vorstandsvorsitzende.

Besser sieht es bei den Aufsichtsräten aus. 48 der 60 untersuchten Versicherungen hatten mindestens eine Frau im Aufsichtsrat (80 Prozent). Insgesamt waren 114 der 661 Aufsichtsräte Frauen; das entspricht gut 17 Prozent und knapp einem Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. „Die seit dem Jahr 2010 zu beobachtende Aufwärtsbewegung hat sich fortgesetzt“, konstatieren die DIW-Expertinnen.

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