Steuerhinterziehung Fahnder durchsuchen die Commerzbank

Deutschlands zweitgrößte Bank ist in einen Skandal verwickelt, bei dem Kunden eines Lebensversicherers Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben sollen.

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Wie gut ist die Nummer zwei der deutschen Bankenwelt?
Die Zentrale der Commerzbank in Frankfurt am Main Quelle: dpa
 Ein Containerschiff wird im Hamburger Hafen be- und entladen Quelle: dpa
Eine Auszubildende schraubt an einem Motor Quelle: dpa
Das Logo der Dresdner Bank vor dem Gebäude der Commerzbank Quelle: dpa
Anshu Jain, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank Quelle: dpa
Martin Blessing, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank AG zu Beginn der Hauptversammlung des Unternehmens Quelle: dpa
Der Kurswert der Commerzbank-Aktie am 9. Januar 2009 Quelle: AP


Die krisengeplagte deutsche Finanzbranche ist um einen großen Skandal reicher. Diesmal ist die Commerzbank verwickelt, Deutschlands zweitgrößte Bank, an der der Staat etwa 17 Prozent der Anteile hält. Es geht um den Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei rund 200 in Deutschland steuerpflichtigen Personen. Allerdings gilt die Commerzbank derzeit nur als Zeugin bei den Untersuchungen durch die Behörden, der Verdächtige ist ein ausländischer Lebensversicherer. Bei diesem soll es sich laut Handelsblatt um den italienischen Versicherungskonzern Generali handeln, dem auch Generali Deutschland mit Sitz in Köln gehört.
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in Bochum ermittelt gemeinsam mit dem Finanzamt für Steuerstrafsachen Düsseldorf gegen Verantwortliche und Mitarbeiter des verdächtigten Finanzdienstleisters. Im Zuge dieser Ermittlungen durchsuchen die Behörden mit 270 Beamten seit heute rund 40 Commerzbank-Standorte in ganz Deutschland, darunter auch die Konzernzentrale in Frankfurt. Die Bank betont, dass die Ermittlungen sich nicht gegen sie richteten und sie vollumfänglich mit den Behörden kooperiere.

Die Baustellen des Commerzbank-Chefs
Stellenabbau auf der FührungsebeneDer Streichung von 5200 Stellen quer durch die Bank und in den Filialen folgt nun der radikale Abbau von Führungspersonal: Personalvorstand Ulrich Sieber muss gehen. Der Aufsichtsrat beschloss am 6. November, ihn zum Jahresende von seinem Posten abzuberufen. Verfehlungen wirft sie dem auch für die interne Abbaubank NCA zuständigen Manager nicht vor. Hintergrund ist ein Streit darüber, wie viel Abfindung ihm zusteht. Sieber will gegen die Entscheidung des Aufsichtsrats juristisch vorgehen. Siebers Vorstandskollege Jochen Klösges entgeht seiner drohenden Abberufung durch einen Wechsel zur Hamburger Reederei Erck Rickmers. Nicht nur die beiden Posten im derzeit neunköpfigen Vorstand der Bank will Blessing abschaffen. Auch auf Ebene der zahlreichen Bereichsvorstände sollen Manager wegfallen. Eine Stufe tiefer hat die Bank bereits zahlreiche Posten von Bereichsvorständen gestrichen und will auch die Ebene der Bereichsleiter ausdünnen. Quelle: dpa
Umbau der PrivatkundensparteSie ist Blessings wohl wichtigstes Projekt. 1.200 Filialen und elf Millionen Kunden hat die Sparte. Martin Blessing und sein Privatkundenvorstand Martin Zielke vergleichen die Herausforderungen im Filialgeschäft gern mit der Situation der Printverlage, die ihr Geschäftsmodell für die digitale mediale Zukunft wappnen müssen. Auch Bankfilialen sehen sich mit Kundenschwund konfrontiert, seit Bankgeschäfte über das Internet von zuhause aus oder mit Mobilgeräten sogar unterwegs erledigt werden können. Die Commerzbank will reagieren, indem sie ihre Filialen onlineaffin macht. Quelle: dpa
Besserer ServiceDie Filialen sollen zwar beibehalten werden, doch deren Service soll unabhängiger von den Öffnungszeiten werden. Kunden sollen Standardprodukte wie Girokonten oder Konsumentenkredite auch online abschließen können, ohne dafür eine Filiale aufsuchen zu müssen. Das gilt auch für Baufinanzierungen. Mit einer Servicehotline will die Commerzbank 24 Stunden täglich und sieben Tage die Woche erreichbar sein. Quelle: dpa
Altlasten der EurohypoNeben den aktuellen Umbauaktionen darf der noch ausstehende Rückbau von Altlasten vor allem aus der untergegangenen Ex-Tochter Eurohypo (jetzt Hypothekenbank Frankfurt) nicht in Vergessenheit geraten. Blessing und seine Mannschaft können Erfolge beim Schrumpfen notleidender gewerblicher Immobilienfinanzierungen verzeichnen. Im Juli verkaufte sie gewerbliche Immobilienkredite von fünf Milliarden Euro, sowie das gesamte operative Geschäft der Eurohypo an die US-Großbank Wells Fargo und den Finanzinvestor Lone Star. Doch damit ist es noch nicht getan. Griechische Staatsanleihen hat die Commerzbank zwar aus ihrer Bilanz verbannt, muss aber noch Finanzierungen anderer europäischer Krisenstaaten loswerden. Quelle: dpa
Sorgenkind SchiffsfinanzierungDie Commerzbank sitzt noch auf einem Berg milliardenschwerer Schiffs- und Staatsfinanzierungen. Die wackligen Schiffskredite stehen noch mit einem Betrag von 17 Milliarden Euro in den Büchern (Stand, 8. August 2013). Das Portfolio an Schiffskrediten soll bis 2016 um 40 Prozent reduziert werden. Um hohe Abschläge bei einem Verkauf zu vermeiden, hat sich die Bank dazu entschlossen, einige Schiffe selbst zu betreiben und hierzu die Hanseatic Ship Asset Management gegründet. Quelle: dpa

Laut Staatsanwaltschaft hat die Commerzbank Depots geführt und verwaltet, in denen als Lebensversicherungsverträge getarnte Vermögensanlagen verwahrt wurden. Die Kunden kamen dadurch in den Genuss von Steuerprivilegien für Lebensversicherungen und haben die Kapitalerträge unberechtigterweise nicht versteuert. Tatsächlich hat die Commerzbank in der Vergangenheit mit dem italienischen Versicherer Generali kooperiert und ihren Kunden im Rahmen dieser Partnerschaft Versicherungsprodukte vermittelt. Diese Kooperation mit Generali wurde 2010 beendet, seither arbeitet die Commerzbank bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen mit dem deutschen Versicherer Allianz zusammen.


Neben der Commerzbank plagen auch andere Großbanken Ermittlungen von Staatsanwälten und Steuerfahndern. So wurde die Deutsche Bank im Dezember 2012 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung beim Handel mit Emissionsrechten durchsucht. Und die Münchner HypoVereinsbank soll mit Aktiendeals rund um den Dividendenstichtag für ihre Kunden den deutschen Fiskus um Kapitalertragsteuer geprellt haben.

Auch wenn die Commerzbank bei den Ermittlungen im Steuerskandal mit Lebensversicherungen derzeit nur Zeugin ist, dürfte der aktuell bekanntgewordene Fall das Vertrauen der Kunden in das Institut nach der Finanzkrise erneut erschüttern. Eigentlich will das Unternehmen mit einem radikalen Umbau des Privatkundengeschäfts und einer neuen Werbekampagne das Unternehmen wieder auf die Beine kommen und sich als moderne und vertrauenswürdige Bank profilieren. Auf dem Weg zu diesem Ziel ist die Commerzbank bisher schneller vorangekommen als erwartet. Zudem hat sie Investoren und Anleger mit den Geschäftszahlen für das dritte Quartal mit einem zügigen Abbau von Altlasten überrascht. Die Steuerrazzia dürfte sich nun aber als Rückschlag für die Bemühungen erweisen, ein verlässlicheres Image aufzubauen.

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