Stresstest Wie Europas Banken gestresst werden

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Sorge um Italiens Banken

Was ist in Italien los?

Keine Frage, die Ergebnisse der italienischen Banken dürften im Fokus des diesjährigen Tests stehen. Die Institute haben Schätzungen zufolge rund 360 Milliarden Euro an faulen Krediten in ihren Bilanzen. Das Bankensystem muss dringend saniert werden. Vor allem die Banca Monte dei Paschi steht im Wind. Die Bank braucht dringend Kapital. Nun heißt es, Ministerpräsident Matteo Renzi wolle so schnell wie möglich eine Lösung.

Die Regeln der europäischen Bankenaufsicht schreiben allerdings vor, dass im Fall einer Bankenpleite zunächst Anteilseigner und Gläubiger für das Institut einspringen müssen („bail-in“). Damit soll verhindert werden, dass Steuerzahler marode Banken retten müssen. Darauf besteht die EU-Kommission auch im Fall Monte dei Paschi. Das Problem: viele Gläubiger des Instituts sind italienische Privatanleger, die der Ministerpräsident lieber schützen möchte. Deshalb brachte Renzi zwischenzeitlich die eigentlich tabuisierten Staatshilfen wieder auf den Tisch.

Nun heißt es allerdings, private Investoren, andere Banken, sollen bis Freitagabend eine Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro leisten, damit Monte dei Paschi einigermaßen stolperfrei durch das Stresstest-Wochenende kommt. Von den „Freunden von Monte dei Paschi“ ist die Rede, die die Traditionsbank zunächst stützen sollen. Ob dieser Plan Renzis klappt, ist bisher offen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von mindestens acht Banken, mit denen Monte dei Paschi im Gespräch ist.

Schon vor dem Stresstest ist daher klar, dass die italienischen Banken wohl das unbeliebte Schlusslicht der Tabelle abgeben werden. EZB-Chef Mario Draghi verwies nach dem Zinsentscheid in der vergangenen Woche darauf, wie wichtig der Abbau der faulen Kredite in den Bilanzen sei. Je mehr dieser notleidenden Darlehen sich in den Büchern befinden, desto weniger Kredite vergeben Banken in der Regel. Eine steigende Kreditvergabe in der Euro-Zone ist allerdings genau das Ziel, das die EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik erreichen will. Banken sollen mehr Kredite vergeben, damit Unternehmen investieren und so die Wirtschaft ankurbeln und die Inflationsrate steigen lassen.

Was passiert bei den deutschen Banken?

Der Bankenverband BdB rechnet nicht mit größeren Problemen bei einem der deutschen Institute. Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass vor allem die Ergebnisse der Deutschen Bank mit viel Spannung erwartet werden. Die Kapitaldecke der größten deutschen Bank ist mit aktuell 10,8 Prozent besorgniserregend dünn. Erst am Mittwoch wurde bekannt, dass die Bank im zweiten Quartal nur mit Mühe die schwarzen Zahlen erreicht hat. Der Nettogewinn lag nur noch bei 20 Millionen Euro nach 800 Millionen Euro im Vorjahresquartal.

Insbesondere die dünne Kapitalausstattung bereitet Sorgen, im zweiten Quartal konnte die harte Kernkapitalquote nur um 0,1 Prozentpunkte verbessert werden. „Die Deutsche Bank hat eine Kapitallücke von sieben Milliarden Euro - eine Lücke, die zu schließen angesichts einer sich verschlechternden Konjunktur immer schwieriger wird“, erklären Analysten von Barclays. Schneidet die Bank beim Stresstest schlecht ab, muss schnellstens eine Lösung für das Kapitalproblem her, so die einhellige Meinung. Durch den US-Stresstest vor einigen Wochen ist die Deutsche Bank bereits durchgefallen.

Welche Kritik gibt es am Test?

Kritiker halten den Test an einigen Stellen für unzureichend oder ungünstig. Zum einen heißt es, ein wichtiges Szenario fehle: die konkreten Auswirkungen noch niedriger Zinsen werden nicht überprüft. Offenbar will sich die EZB nicht in ihre zinspolitischen Karten schauen lassen und hat von so einer Rechnung Abstand genommen. Obwohl die Nullzinsen für die Banken gravierende Folgen haben, werden diese also nicht ausreichend berücksichtigt.

Gleichzeitig wird bemängelt, dass das Stress-Level unterschiedlich hoch ist. Während deutsche Geldinstitute einen Wachstumsrückgang von 1,4 Prozent hinnehmen müssen, sind es in den Niederlanden drei Prozent. Zudem sieht der Test keine Abschreibungen vor. Das heißt, es wird davon ausgegangen, dass Papiere, die Ende 2015 in den Büchern waren, dort auch noch Jahre später liegen.

Der Bankenverband begrüßt dagegen, dass es kein Bestehen und Nicht-Bestehen aufgrund gewisser Hürden gibt. So seien keine Schwarz-Weiß-Aussagen mehr möglich. Nur ein genauer Blick ins Zahlenwerk, sagt wirklich etwas über die Situation der jeweiligen Bank aus.

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