Umbau im Privatkundengeschäft Das riskante Experiment der Hypovereinsbank

Seite 4/4

Große Skepsis

„Der Weg ist hochriskant, die Entwicklung im Kundenverhalten ist schnell, aber nicht so schnell“, sagt Klaus Grünewald, der seit mehr als 20 Jahren für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat der HVB sitzt. Er hat schon etliche Sparrunden mitgemacht, die aktuelle sieht er besonders skeptisch. Grünewald bezweifelt, dass es zum Anspruch einer Premium-Bank passt, wenn sie die Kunden vor allem per Video informiert – vor allem, wenn die Technik mal ausfällt.

Auch die Mitarbeiter sind verunsichert. Wenn eine Filiale schließt, kommen sie oft erst mal in der nächsten unter. Ob sie da bleiben können, ist nicht sicher. Allerdings berichten HVBler auch, dass das Interesse an den Abfindungsangeboten sehr hoch ist: „Viele wollen sich den Stress nicht mehr antun“, sagt einer. Vor allem aber irritiert sie, dass das alles so verdammt schnell geht. Die Gewerkschafter wollten den Umbau zumindest bis 2018 strecken, um erst mal abzuwarten, ob er funktioniert.

„Wir haben die Entscheidungen lange und intensiv vorbereitet“, sagt Buschbeck. „Jetzt setzen wir sie rasch um, weil die Kunden schnell von der Modernisierung profitieren sollen.“ Die Branche habe die Dynamik des Wandels zu lange unterschätzt und müsse reagieren. Buschbeck: „Wir freuen uns, wenn wir vorne mit dabei sind.“

Nicht schön genug

Hinten runterfallen dabei dann Standorte wie Au in der Hallertau. Noch im Herbst vergangenen Jahres feierte die Zweigstelle im 6000-Einwohner-Ort im Landkreis Freising nördlich von München ihr 100-jähriges Jubiläum, die HVB verfasste eigens ein festliches Faltblatt. „Die Filiale spiegelt aufs Schönste die lange Geschichte der Bank wider“, heißt es darin. Offenbar nicht schön genug. In einer Woche ist Schluss.

Der schnelle Abschied verärgert selbst Bürgermeister Karl Ecker. „Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagt er. Die Bank hatte ihren Sitz schließlich in Bestlage, direkt am Marktplatz, im Gebäude des traditionellen Gasthofs „Zur Post“. Und es sei immer viel los gewesen, der vor allem für den Anbau von Hopfen bekannte Ort sei alles andere als arm.

Für Ecker ist klar: „Das haben sich abgehobene Manager in der Zentrale so ausgedacht.“ Der Bürgermeister hat zwei böse Briefe nach München geschickt, nun soll vielleicht ein Geldautomat bleiben. Die Bank habe einigen Kunden 50 Euro geboten, damit sie ihr treu bleiben. „Aber warum sollten die zwölf Kilometer bis zur nächsten Filiale fahren?“, fragt Ecker.

Wo doch die Konkurrenz vor Ort sofort in die Bresche springt. Die Raiffeisenbank wirbt aktiv um HVB-Kunden, die Sparkasse hat Plakate und Anzeigen gestaltet. „Wir bleiben vor Ort“ sind die überschrieben, zu sehen sind darauf acht Sparkassenmitarbeiter, die sich in Dirndl und Lederhose um einen Traktor versammelt haben. Sie lachen zuversichtlich, sie lachen für Tradition und Nähe und Zuverlässigkeit. Und gegen Peter Buschbeck.

Wer wohl zuletzt lacht?

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%