"Wiso"-Bankentest Bankberater zocken Omas ab

Der Ruf der Bank-Berater hat gelitten. Häufigster Vorwurf: Sie denken nur an den Profit der Bank. Ein ZDF-Magazin machte den Vertrauenstest. Werden Senioren über den Tisch gezogen?

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Zehn wichtige Tipps fürs Geldanlagegespräch
Ein Mann hält eine Check-Liste in den Händen Quelle: Fotolia
Staßenschilder warnen Fußgänger vor herabfallenden Steinen Quelle: dpa
Alternativen einfordernOft präsentieren Berater ihren Kunden nur ein Produkt – nach dem Motto „Das habe ich nur für Sie ausgewählt“. Nicht selten sind das die Produkte, für die der Berater die höchste Provision bekommt, aber eben nicht die für den Kunden passenden Anlagen. Sparer sollten unbedingt Alternativen einfordern, um vergleichen zu können. Genauso ist es wichtig, nicht nur eine Bank nach guten Anlagen zu fragen. Gehen Sie lieber zu mehreren Geldinstituten und vergleichen die Angebote. Quelle: Fotolia
Eine Dame in einem Beratungsgespräch Quelle: Fotolia
Ein Mann schaut durch eine Lupe Quelle: Fotolia
KostenrechnungHohe Gebühren fallen auch dann an, wenn der Kunde nicht in Wertpapiere investiert. Bei Bausparverträgen etwa verlangen Banken in der Regel einen Prozent der Bausparsumme als Abschlussgebühr. Anleger sollten eine genaue Übersicht einfordern, auf der alle anfallenden Gebühren und Provisionen aufgeführt sind. Wer ein kompliziertes Produkt wie einen Bausparvertrag nicht braucht, sollte sich nicht scheuen, nach einfacheren Anlagen wie einem Banksparplan zu fragen. Quelle: Fotolia
Ein Beratungsgespräch Quelle: Fotolia

Spätestens seit der Finanzkrise genießen Banker nicht mehr das absolute Vertrauen ihrer Kunden. Häufigster Vorwurf: Im Vordergrund steht für Berater nicht das Wohl des Kunden, sondern der Profit der Bank. Ob die Vorbehalte berechtigt sind, wollten nun die Kollegen von „Wiso“ herausfinden, dem Wirtschafts- und Verbrauchermagazin des ZDF. Um es vorweg zu nehmen: die Zweifel sind begründet.

Dafür zog „Wiso“ den ultimativen Vertrauenstest durch und schickte eine scheinbar naive Omi in verschiedene Hausbanken. Die 76-Jährige Hanne Pries gab dabei vor, einen 4000-Euro-Kredit zu benötigen, um sich eine neue Küche zu kaufen. Was die Berater von Deutscher Bank und Co. nicht wussten: Oma Hanne hatte einen Knopf im Ohr, über den sie Instruktionen von Finanzexperten Andreas Kunze zugeflüstert bekam. Mit einer versteckten Kamera im Gepäck ging es so zunächst zur wohl größten und vielleicht sogar letzten Vertrauensinstitution des Bankensektors: der Sparkasse um die Ecke, irgendwo in Mittelbrandenburg.

Zehn Geldanlage-Tipps
Geld und ein Display
Ein Kugelschreiber und ein Diagramm
Eine Hand und Münzen
Sparbuch und Geldscheine
Ein Stift und ein Diagramm
Ein Kugelschreiber, Geld, ein Taschenrechner und ein Blatt Papier
Eine Lupe vergrößert das Wort Kontoauszug Quelle: dpa

Oma Hannes (fiktive) Ausgangslage sollte ihr eigentlich problemlos einen Kredit in der gewünschten Höhe ermöglichen: 1000 Euro Rente bekommt sie jeden Monat und die Schufa-Auskunft ist blitzsauber. Falls alle Stricke reißen hat sie sogar noch eine besondere Sicherheit parat: eine vermietete Eigentumswohnung, die ihr zusätzlich nochmal 400 Euro jeden Monat in die Kasse spült. Damit sollte ein 4000 Euro-Kredit eigentlich zu stemmen sein – könnte man denken.

Diese Zuversicht prallte schon in der gemütlichen Sparkasse auf die harte Realität: Auf den gewünschten 4000-Euro-Kredit (8,99 Prozent Zinsen, Laufzeit vier Jahre) ging die Beraterin zunächst kaum ein, stattdessen versuchte sie alles, um der Rentnerin einen 5000-Euro-Kredit (5,99 Prozent Zinsen, dieselbe Laufzeit) aufzuschwatzen. Nur mit größter Mühe und dem Finanzexperten im Ohr konnte das Gespräch wieder auf den doch gewünschten Kredit gelenkt werden.

Die Deutsche Bank schießt den Vogel ab

Für den hätte Oma Hanne aber ein Koppelgeschäft abschließen müssen: Wegen ihres hohen Alters wäre auch noch eine Sterbegeldversicherung fällig geworden. Die Kosten dafür wären in den Zinssatz des Kredits eingeflossen (Effektivzins), was die Kosten alleine für die Versicherung insgesamt auf 2200 Euro hätte steigen lassen – Geld, dass Oma nie wieder gesehen hätte. Am Ende wäre der Effektivzins mit 24 Prozent in schwindelerregende Höhen gestiegen. Laut Verbraucherrechtsanwalt Markus Feck von der Verbraucherzentrale NRW ein Satz an der Grenze zur Sittenwidrigkeit. Oma Hanne hat die Sparkasse ohne Kredit verlassen.

Während der Sparkasse gemäß ihrer Satzung und dem hohen Alter der Kundin allerdings tatsächlich nur der genannte Koppelvertrag übrig blieb, schoss die Deutsche Bank im Anschluss den Vogel ab. Hier weigerte sich die Beraterin fast schon militant, überhaupt über den gewünschten 4000-Euro-Kredit zu reden. Stattdessen drängt sie die Oma konsequent in Richtung eines Rahmenkredits – über 8000 Euro. Doppelt so viel wie die Kundin gebrauchen kann.

„Solche Kredite machen Sinn, wenn man noch nicht weiß, wie viel Geld man eigentlich braucht“, erklärt die Beraterin. Auf die Entgegnung von Oma Hanne („Aber ich weiß doch, wie viel ich brauche“) geht die Dame erst gar nicht ein. Aus der Bank-Beraterin wurde so ganz schnell eine Verkäuferin, die eher das Wohl der Bank als das des Kunden im Sinn hatte.

Fast 12 statt vier Prozent Zinsen

Denn solche Rahmenkredite haben nicht ungefährliche Parameter: nicht nur die Laufzeit ist flexibel, sondern auch der Zinssatz. Zusätzlich funktionieren sie im Grunde wie ein Dispokredit, der Kunde kann ununterbrochen Geld abheben. Rutscht man also ins Minus, kassiert die Bank permanent Zinsen. Das Geschäft lohnt sich also im schlimmsten Fall nur für die Bank. Das wusste wohl auch die Beraterin, denn nur auf Nachfrage rückte sie mit den wichtigen Informationen heraus. Selbst den Zinssatz erfährt Oma Hanne nur durch sture Hartnäckigkeit: 11,9 Prozent, der kann durch die Flexibilität aber ja ständig steigen. Am Ende kommt auch hier kein Abschluss zustande.

Gerade Kredite mit variablen Zinssätzen lohnen sich vor allem für die Geldinstitute. Dafür präsentiert „Wiso“ das „Banken-Opfer“ Jörg Nagel. Für seinen KFZ-Aufbereitungsbetrieb schloss er bei der Raiffeisenbank Wiesloch solch einen Kredit mit flexiblen Zinsen ab. Die wurden im Laufe der Jahre allerdings nicht korrekt von der Bank angepasst: Während der Referenzzins – angelehnt an den Leitzins der Europäischen Zentralbank – auf 2,1 Prozent sank, zahlte Nagel munter weiter seine 6,75 Prozent.

Am Ende hatte Nagel 80.000 Euro (!) zu viel geblecht; ein Zinsprüfer hatte für ihn nachgerechnet. Immer wieder komme es vor, dass Banken Kreditzinsen nicht richtig anpassen – nachrechnen lohnt sich. In Nagels Fall prüfen derzeit die Anwälte der Bank den Sachverhalt – seit zwei Monaten. Auf sein Geld wartet er noch immer vergeblich.

Goldene Regeln für den Vermögensaufbau
Foto eines Eigenheims im Entstehen (Baustelle) Quelle: dpa
Foto Sparbuch Quelle: Fotolia
Foto eines Pappreiters "Lebensversicherung" Quelle: Fotolia
Börsenhändler vor Anzeige eines fallenden Kurses Quelle: dpa
Bild einer Rentnerin am Meer Quelle: Fotolia
Foto einer Finanzberatung Quelle: dpa
Die alte Börsenweisheit "Nicht alle Eier in einen Korb legen" stösst derzeit an Grenzen Quelle: Marcel Stahn

Indessen versuchte Oma Hanne ihr Glück bei der Targo Bank, die in ihrer Reklame mit schönen Menschen und dem „Wie für sie gemacht Kredit“ wirbt. Doch statt dem in der Werbung versprochenen 3,45-Prozent-Effektivzins sind es in der Realität plötzlich satte 11,59 Prozent. Die deutliche Steigerung liegt auch hier an Hannes 76 Jahren: da greift keine Ratenschutzversicherung mehr.

Viel interessanter als der mal wieder nicht geglückte Kredit ist bei der Targo Bank allerdings der sogenannte „Individualbeitrag“. Drei Prozent der Kreditsumme will das Geldhaus allein für den Service rund um den Kredit abstauben. Sonderzahlungen seien so kostenlos. Tatsächlich versteckt sich hinter dem „Individualbeitrag“ nichts anderes als eine Bearbeitungsgebühr – und die ist seit Mai dieses Jahres nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs unzulässig.

Kunden können sich nun jeden Euro, den sie für diese Gebühr geblecht haben, zurückholen – Kosten, die sich für die Banken auf Milliardenbeträge summieren. Allerdings müssen auch hier Verbraucher selbst aktiv werden, denn freiwillig erstatten Kreditinstitute die Gebühren nicht. Im Internet hilft dabei ein Musterbrief. Wenn sich die Bank dennoch sperrt, bleibt nur der Anwalt.

Bei der Targo Bank kann der „Individualbeitrag“ übrigens auch abgelehnt werden, dann steigt der Effektivzins allerdings direkt mal um 0,5 Prozent, zusätzlich kostet dann jede einzelne Abfrage bei der Bank 40 Euro. Generell wird der Gebührendschungel der deutschen Banken immer abenteuerlicher. Vor allem viele kleinere Geldinstitute stellen ihr Preisleistungsverzeichnis nicht öffentlich aus. Details wie das Mindestendgelt bei der geduldeten Überziehung (bei der deutschen Bank zum Beispiel 6,90 Euro pro Quartal) kommen so oftmals erst gar nicht ans Licht.

Für die Kollegen von „Wiso“ entpuppte sich die Suche nach den Verzeichnissen regelrecht zur Schnitzeljagd: elf von 21 besuchten Banken wollten nichts aushändigen. Bei sechs dieser elf Banken durfte der Kunde die Papiere immerhin vor Ort einsehen – unter Aufsicht versteht sich, abfotografieren verboten. Fünf Banken weigern sich jedoch komplett: Darunter ist wieder die Targo Bank, die Hypo Vereinsbank und die Sparda-Bank Berlin.

Letzter Ausweg: Baumarkt

Die versteckten Zusatzgebühren sind eine Geschichte für sich. So verlangt die Hypo Vereinsbank zum Beispiel sieben Euro, wenn die Karte gesperrt wird, die Targo Bank 7,50 Euro. Das ist nicht nur recht teuer, sondern auch noch unzulässig: Banken sind durch den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die Karten im gegebenen Fall zu sperren (Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf).

Nun hat Oma Hanne aber noch immer nicht ihre Küche bekommen. Auch bei der Santander Consumer Bank prallte sie an der Altersgrenze ab. Das will die Bank aber nicht so direkt sagen, sie behauptet, die Oma würde über zu wenig Sicherheiten verfügen – dabei fließt ihre Rente jeden Monat, wie es im Film heißt, „sicherer als jedes Gehalt“. In Wirklichkeit geht es aber auch hier nur um Hannes 76 Jahre. Die Partnerversicherung der Bank hat nämlich eine Altershöchstgrenze, und die liegt bei 70 Jahren. Einziger Ausweg bei Santander wäre eine Eins-zu-Eins-Absicherung: Wer also 4000 Euro möchte, muss bereits 4000 Euro vorweisen können.

Wie die Deutschen ihr Geld anlegen
Im Jahre 2012 hatten die deutschen Bürger ein Gesamtvermögen von rund 4,94 Billionen Euro. Bis auf die Jahre 2002 und 2008 stieg das Vermögen der Deutschen stetig. Wie stark es zugenommen hat, zeigt ein Vergleich mit dem Jahr 1991. Zu dieser Zeit kumulierten die privaten Haushalte ein Kapital von gerade einmal 1,9 Billionen Euro. Die Übersicht zeigt, wo sich das Geld der Deutschen befindet. Quelle: dpa
In festverzinsliche Wertpapiere wurden im vergangenen Jahr nur 238 Milliarden Euro investiert. Zwar gelten zum Beispiel Staatsanleihen aus Deutschland als besonders sicher, doch die Rendite bewegt sich oft sogar unter dem Inflationsniveau. Staatsbonds aus den Euro-Krisenländern Spanien und Italien werfen hingegen recht hohe Zinsen ab, doch das Verlustrisiko ist dementsprechend hoch. Quelle: dpa
Seit 2007 nimmt das angelegte Geld in festverzinsliche Finanzprodukte ab. 2011 lagen noch 247,1 Milliarden Euro in Staats-, Wandel, und Indexanleihen, um nur einige festverzinsliche Anlagemöglichkeiten zu nenne. Indexanleihen werden in Deutschland bisher allerdings nur selten vergeben. Emissionen solcher Anleihen erfolgen nur unter Genehmigung der Bundesbank. Quelle: dpa
Rund 259 Milliarden Euro liegen in Aktien. In Relation zum Gesamtvermögen sind das gerade einmal fünf Prozent. Anfang der 1960er-Jahre betrug der Aktienanteil noch 20 Prozent. Die Scheu, Geld in Aktien anzulegen, kann nicht mit den Renditen erklärt werden. Denn 1987 notierte der Dax noch bei 1.000 Punkten, mittlerweile hat sich der Kurs, trotz mehrfacher Rückschläge, mehr als verachtfacht. Keine andere Analagemöglichkeit bietet langfristig so hohe Renditen. Quelle: dpa
Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass der Aktienanteil zyklischer Veränderung unterliegt. Je nach Börsengeschehen verändert sich der Anteil. Während 2007 knapp 371 Milliarden Euro in Aktien investiert waren, verringerte sich das Volumen im darauffolgenden Jahr auf 182 Milliarden Euro. Die Veränderung von 2011 auf 2012 hingegen war von 222 Milliarden auf 259 Milliarden Euro wieder eine positive. Quelle: dpa
Investmentfonds unterliegen den gleichen Schwankungen wie Aktien. Im vergangenen Jahr investierten die Deutschen rund 420 Milliarden Euro in solche Fonds und damit knapp 25 Milliarden mehr als noch 2011. Doch bereits 2007 lagerten die Bundesbürger über 467 Milliarden Euro in Investmentfonds. Quelle: dpa
Geldanlagen bei Versicherungen stehen bei den Deutschen hoch im Kurs. Rund 1,5 Milliarden Euro des Geldvermögens liegen bei den Versicherungen. Besonders beliebt sind Lebensversicherung, Pensionskassen und Versorgungswerke. Quelle: dpa

Als sich Oma Hanne schon auf offenem Feuer kochen sieht, gibt es bei Santander dann doch noch den entscheidenden Tipp: Sie solle es doch mal direkt im Baumarkt versuchen. Und tatsächlich: Bei „Obi“ gibt der Berater Omas Daten ein, und zack: der Kredit ist bewilligt. Durch ein Angebot sogar zu null Prozent Zinsen – diese übernimmt der Baumarkt. Doch die Freude hat auch hier einen gewichtigen Haken: Oma Hannes Sicherheiten werden überhaupt nicht kontrolliert, der Kredit kommt ohne besondere Prüfung der Verhältnisse zustande. „Obi“ interessiert nicht einmal Omis Einkommen. Der Verbraucherschutz bleibt so auf der Strecke.

Die Partner-Bank von Obi ist dabei übrigens – Santander. Warum der Kredit im Baumarkt im Gegensatz zur Bank-Filiale so problemlos klappt, erklärt das Geldinstitut so: Küchenfinanzierungen im Baumarkt seien ein Massengeschäft, einzelne Kreditausfälle wären da aus geschäftspolitischen und wirtschaftlichen Gründen leichter zu verkraften.

Nicht nur Omas wären auf der Suche nach einem geeigneten Kredit bei den getesteten Geldinstituten aufs Glatteis geraten: Wer den Worten der Bank-Berater bereitwillig glaubt, findet sich hinterher oftmals mit dem falschen Produkt in der Tasche auf dem Heimweg wieder. In jedem der gezeigten Beispielen mutierten die Berater in Sekundenschnelle zu Verkäufern, die dem Kunden konsequent andere Produkte aufschwatzen wollten als der eigentlich wollte.

Die beworbenen Kredite dienten dabei nur einem: der Bank. Wer hier nicht gerade einen Finanzexperten im Ohr hat, sollte sich eine vorschnelle Unterschrift genau überlegen. Die Banken und ihre Mitarbeiter haben in den letzten Jahren viel Vertrauen verspielt – der Test von hat deutlich „Wiso“ gezeigt, warum.

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