Zukunft der Banken Banken sind Oldtimer. Was für ein Klischee!

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Gute Ideen anderer aufgreifen


Wie groß können Sie werden, Herr Stalf? Der deutsche Markt ist umkämpft, bisher ist N26 ein Nischenangebot für die digitale Elite.
Stalf: Unsere Kernzielgruppe sind die 18- bis 35-jährigen Digital Natives. Um ausreichend zu wachsen, betreiben wir unser Geschäft europaweit. Wir dürfen aber nicht unterschätzen, wie schnell sich die Digitalisierung bei Älteren durchsetzt. Die Angebote werden immer besser. Vor zehn Jahren war das Terminal in der Filiale dem Smartphone technisch deutlich überlegen, heute ist es umgekehrt.
Mandel: Digitalisierung ist tatsächlich immer weniger eine Frage des Alters. In unsere Filialen kommen nicht nur Senioren, und die Comdirect hat viele ältere Kunden.
Stalf: Es wird eine große Wanderungsbewegung von Kunden zu den Anbietern mit den besten digitalen Produkten geben. Entscheidend ist nicht die eine geniale Idee, wichtiger ist es, das Angebot zu bündeln und nutzbar zu machen. Auch Apple-Produkte sind technisch oft gar nicht so anspruchsvoll.

Gute Banken, schlechte Banken
Dunkle WolkenEuropas Banken stecken in der Krise – das wussten Marktbeobachter schon vor dem großen Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde. Doch ein genauer Blick auf die Kennzahlen zeigt: Das gilt nicht für alle Institute. Im Vergleich von Nettogewinn, Eigenkapitalrendite und Eigenkapitalquote schneiden einige Institute deutlich besser ab als andere. Besonders interessant ist dabei das Verhältnis zwischen Kurs und Buchwert pro Aktie (KBV). Der Wert offenbart, inwieweit der Börsenwert einer Bank mit den Aktiva, also den Werten in den Büchern der Bank, übereinstimmt. Das KBV liegt bei fast allen Geldhäusern unter 1. Das bedeutet, dass sich die Aktionäre entweder von einer Zerschlagung der Bank mehr Geld versprechen als von der Fortführung des Geschäfts – oder dass sie den Qualitäten der Bilanzen, also der verzeichneten Aktiva, nicht vertrauen. Im Folgenden werden die Kennzahlen für die wichtigsten europäischen Banken dargestellt, sortiert nach den Nettogewinnen im 2. Quartal 2016. Quelle: DPA
Platz 10: Deutsche BankNettogewinn (Q2/2016): 20 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 0,1 ProzentEigenkapitalquote: 10,8 ProzentKBV (Aktienkurs vom Stichtag/Buchwert pro Aktie): 0,27 Quelle: DPA
Platz 9: Credit SuisseNettogewinn: 155 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 1,5 ProzentEigenkapitalquote: 11,8 ProzentKBV: 0,48 Quelle: Reuters
Platz 8: CommerzbankNettogewinn: 247 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 3,6 ProzentEigenkapitalquote: 11,5 ProzentKBV: 0,26 Quelle: Reuters
Platz 7: UnicreditNettogewinn: 916 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 8,8 ProzentEigenkapitalquote: 10,3 ProzentKBV: 0,22 Quelle: AFP
Platz 6: UBSNettogewinn: 943 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 7,4 ProzentEigenkapitalquote: 15 ProzentKBV: 0,88 Quelle: DPA
Platz 5: BarclaysNettogewinn: 992 Mio. EuroEigenkapitalrendite: 5,8 ProzentEigenkapitalquote: 11,6 ProzentKBV: 0,41 Quelle: AFP

Mandel: Apple ist ein sehr gutes Beispiel. Das Unternehmen war nie Innovationsführer, sondern hat bereits vorhandene Ideen verbessert und gnadenlos konsistent in das eigene Angebot eingebaut. Das ist auch unser Ziel, und das heißt auch, dass wir gute Ideen anderer schnell aufgreifen. Unser digitales Haushaltsbuch etwa haben wir uns nicht selbst ausgedacht, aber durch die Verbindung mit dem Konto haben unsere Kunden mehr davon. Über den Erfolg einer Idee entscheidet allein der Kundennutzen.
Haben Sie Angst, dass Herr Mandel Ihnen Ihre besten Ideen nachmacht, Herr Stalf?
Stalf: Ich glaube nicht, dass digitale Produkte und vor allem ihr Management leicht zu kopieren sind. Unser Angebot lebt von Flexibilität und vom Dialog mit den Kunden, dadurch wird es ständig besser. Es reicht nicht, uns oder einem anderen Fintech eine App nachzumachen, wichtig sind die Organisation und die Köpfe, die hinter der App stehen.

Diesen Geldinstituten drohen die Kunden wegzulaufen
Bank Quelle: dpa
Platz 1: ING Diba Quelle: dpa
Platz 2: Sparkasse Quelle: dpa
Platz 3: Volks- und Raiffeisenbanken Quelle: imago images
Platz 4: Targobank Quelle: dpa
Platz 5: Comdirect Quelle: PR
Platz 6: Commerzbank Quelle: dpa

Wie viel Geschäft können Sie den traditionellen Banken wegnehmen?
Stalf: In Deutschland gibt es rund 100 Millionen Girokonten, und natürlich ist es unser Ziel, dass möglichst viele von ihnen zu uns wandern. Die Commerzbank und andere große Anbieter wird es selbstverständlich auch künftig geben, aber wir werden zunehmend davon profitieren, dass wir effizienter sind. Aufbauen ist günstiger als Umbauen, und deshalb können wir mit wesentlich weniger Mitarbeitern ein deutlich besseres Angebot liefern. Das wird die Kunden überzeugen – und letztlich auch den Kapitalmarkt.
Das klingt nach Börsenplänen. Würden Sie N26 vorher kaufen, Herr Mandel?
Mandel: Warum sollten wir? Es gibt tolle Möglichkeiten. Ich persönlich finde viele der neuen Unternehmen wirklich großartig. Wir arbeiten mit vielen zusammen, wir beteiligen uns und wir gründen und finanzieren selbst welche. Kooperationen werden immer wichtiger, keiner kann in Zukunft noch alle Angebote selbst entwickeln. Da werden wir noch ganz andere Modelle und Möglichkeiten erleben. Das Bankgeschäft wirkt heute oft ziemlich langweilig, aber ich finde, es ist so spannend wie nie zuvor.

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