Baustoffe Wie der Gipsgigant Knauf gegen Krise und Klagen kämpft

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Knauf hat Iphofen und die Welt erobert

Knauf Gips Berg Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

Der Bauboom nach 1950 brachte den Familienbetrieb dann wieder nach oben. 1970 war der Baustoffkonzern ein nationaler Spieler mit wenig Auslandsaktivitäten. Heute macht das deutsche Geschäft weniger als ein Fünftel aus. Längst ist der Gipsriese ein ernst zu nehmender Gegenspieler der weltweit führenden Baustoffhersteller Saint-Gobain und Lafarge. „An Knauf kommt keiner in der Branche vorbei“, sagt ein Lafarge-Manager.

Doch anders als bei den börsennotierten Konkurrenten ist die Knauf-Story, der Aufstieg zu einem Weltkonzern, nicht denkbar ohne die enge Verflechtung von Familie, Unternehmen und Region. In kaum einer großen deutschen Firma sind mehr Mitglieder der Familie in das Geschäft eingebunden als bei Knauf. Und kaum ein anderes deutsches Unternehmergeschlecht hat die weichen Faktoren so geschickt zum Wohl des Unternehmens eingesetzt. „Nähe, persönliche Beziehungen, Wohlwollen bei Bevölkerung, Belegschaft und Politikern“, erzählt ein Kenner der Sippschaft, „mit diesem Dreiklang haben die Knaufs Iphofen und die Welt erobert.“

Sechs Familienmitglieder aus der Generation über 60 arbeiten im Unternehmen. Dazu kommen sechs jüngere Knaufs, die an Schaltstellen sitzen. An der Spitze stehen die beiden Vettern Nikolaus, 73, und Baldwin, 70. Zweimal im Jahr treffen sich die etwa 25 Familiengesellschafter – der älteste ist 73, der Jüngste 22 – unter dem jährlich wechselnden Vorsitz der beiden Vettern.

Das Tagesgeschäft haben sie Mitte 2008 zwei Fremdmanagern übergeben: Manfred Grundke und Hans Peter Ingenillem. Der 64-jährige Ingenillem, ein wortkarger, weißhaariger Niederrheiner mit Schnäuzer ist seit 19 Jahren bei Knauf für die Finanzen zuständig. Grundke, 54, hochgewachsen, dunkelblond, war bis zum Wechsel zu Knauf Vorstandschef des Hydraulikanlagenbauers Bosch Rexroth.

In alle Entscheidungen eingebunden

Ist Ingenillem aufgrund seines Alters nur eine Übergangslösung, dürfte Grundke das Knauf-Reich noch einige Jahre führen. Wer dann neben ihm an die Spitze rückt, ist offen: Allein Nikolaus Knauf hat drei Kinder, die im Unternehmen sind.

Eigentlich wollten die Cousins sich mit dem Antritt von Grundke und Ingenillem schrittweise zurückziehen – ein bisschen golfen, jagen, sich öfter auf dem familieneigenen Weingut in der italienischen Romagna sehen lassen. Die Vettern hatten die Nachfolger schon vor dem Wechsel in alle Entscheidungen eingebunden. „Später haben wir uns angewöhnt, nicht mehr auf jede Frage eine Antwort zu geben“, sagt Baldwin Knauf. Die Neuen sollten im Tagesgeschäft allein entscheiden.

Ergebnisniveau von 2008 im Krisenjahr gehalten

Durch die Krise mischen die Vettern nun wieder stärker mit. Es fiel ihnen schwer genug, den Umsatzrückgang von 15 Prozent hinzunehmen. Auf keinen Fall wollten sie auf die gewohnte Rendite verzichten, die bisher oft im zweistelligen Bereich lag. Zwar nennt das Unternehmen keine aktuellen Zahlen. Aber der Bundesanzeiger gibt Auskunft über Teile des Gipsreiches für 2007: Danach lag der Jahresüberschuss der Gebrüder Knauf Verwaltungsgesellschaft, in der wichtige Teile der Gruppe zusammengefasst sind, bei 676 Millionen Euro – macht eine Umsatzrendite von rund 14 Prozent.

Selbst im vergangenen Krisenjahr hielt das Unternehmen das Ergebnisniveau von 2008, sagen die Knaufs. Auch für 2010 erwartet Nikolaus Knauf den gleichen Umsatz und Ertrag wie 2009.

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