BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner "Keine Rezession"

Warum BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner optimistisch auf das Jahr 2012 blickt und im Gegensatz zu anderen Unternehmen kein Geld bei der Europäischen Zentralbank parkt.

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Friedrich Eichiner

WirtschaftsWoche: Herr Eichiner, was sagen die BMW- Konjunkturexperten: Droht der Autobranche die nächste Jahrhundertkrise?

Eichiner: Nein, davon gehen wir nicht aus. Wir rechnen mit einer wirtschaftlichen Abschwächung, aber mit keiner Rezession. Natürlich sind einige Märkte beispielsweise in Südeuropa eher schwach, aber das ist nichts Neues. Wir können dies aber durch eine starke Nachfrage in anderen Märkten wie Deutschland oder den USA problemlos ausgleichen. Unsere Auftragseingänge entwickeln sich trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten weiterhin positiv. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass wir 2011 wie geplant einen Rekordabsatz von über 1,6 Millionen Fahrzeugen sowie eine EBIT-Marge von mehr als zehn Prozent im Segment Automobile erreichen werden. Das würden wir selbst dann schaffen, wenn sich die Lage ab jetzt verschlechtern sollte, wovon wir momentan aber nicht ausgehen.

Und wenn es im folgenden Jahr eintrübt?

Wir blicken durchaus optimistisch auf 2012 und wollen nachhaltig eine Marge von acht bis zehn Prozent erreichen. Sollten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider Erwarten massiv verschlechtern, würden wir das wohl nicht schaffen. Grundsätzlich sollten die Verbraucher nicht noch weiter verunsichert werden. Das kann irgendwann tatsächlich zu dem Punkt führen, dass Konsumenten und Unternehmen weniger Autos oder andere Güter kaufen.

Sie meinen, die Krise wird herbeigeredet?

Das ständige Gerede über die Krise könnte womöglich wirklich zu einer Krise in der Realwirtschaft führen – sozusagen eine „self-fulfilling prophecy“.

Nach unseren Informationen haben einige Autokonzerne Teams zusammengestellt, die auf ein Scheitern des Euro vorbereiten sollen. Haben Sie auch so eine D-Mark-Truppe?

Wir halten den Euro für eine Erfolgsgeschichte und gehen fest davon aus, dass er Bestand haben wird.

Ist es nicht in Ihrem Sinn, dass der Euro gerade Prügel erhält und damit ihr Export in den Dollar-Raum beflügelt wird?

Wenn der Euro gegenüber dem Dollar verliert, hilft uns das natürlich im wichtigen amerikanischen Markt. Eine weitere Abwertung des Euro wäre generell kein Problem. Wenn man die Kaufkraft als Maßstab nimmt, wäre der Euro mit 1,26 Dollar richtig bewertet und nicht mit dem derzeitigen Kurs von über 1,30 Dollar. Der Euro lag oft unter 1,20 Dollar, und da hat kein Mensch von Krise gesprochen.

BMW Logo Quelle: REUTERS

Wie haben Sie BMW gegen Währungsschwankungen abgesichert?

Zum einen durch die Produktion und den Einkauf in verschiedenen Währungsräumen. Zum anderen sind wir für 2011 in den Hauptwährungen weitgehend gesichert. Das haben wir in den letzten Monaten stark vorangetrieben. Für 2012 haben wir schon deutlich mehr als 50 Prozent abgedeckt. Die Volatilität, also die starke Schwankungsbreite der Währungen, kann uns nicht mehr allzu stark belasten.

Unsere Bank dient der Absatzfinanzierung und der Finanzierung der Händler. Alles andere wickeln wir wie andere Unternehmen auch über Geschäftsbanken ab.

Bei denen deponieren Sie bedenkenlos Hunderte von Millionen Euro?

Als Konsequenz aus der vergangenen Krise haben wir unsere Liquidität stark erhöht, die Finanzierung langfristig abgesichert und unser Barvermögen breit gestreut. Wir machen das weiter mit den Banken, mit denen wir immer vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Ich sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern oder gar das Geld zur EZB zu tragen.

Zukunftstechnologien wie Leichtbau oder Elektroantriebe sind vor allem eines: teuer. Rauben Ihnen die hochtrabenden Pläne Ihrer Entwickler nicht den Schlaf?

Nein, überhaupt nicht. Die Technologien sind teuer, das stimmt. Aber wir verdienen genug Geld, um das zu stemmen. Damit ist für mich als Finanzvorstand alles im Lot. In zwei Jahren kommt unser Elektroauto BMW i3. Ein Großteil der Entwicklungskosten ist schon verdaut. Wir wollen zwischen fünf und 5,5 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung ausgeben. Im Moment liegen wir eher bei fünf Prozent. Da wäre also sogar noch Luft.

Und dann will die Autoindustrie staatliche Zuschüsse für die Entwicklung von Elektroautos?

Wir waren bislang bestimmt nicht diejenigen, die nach staatlicher Hilfe gerufen haben. Wir sind stark genug, das allein zu schaffen. Aber wenn der Staat will, dass sich das Elektroauto schnell durchsetzt, sollte er in der Anfangsphase einen Beitrag dazu leisten.

Also wollen Sie doch eine Kaufprämie?

Nein. Ich denke eher an Steuergutschriften oder bessere Abschreibungsmöglichkeiten.

BMW i8 Quelle: Marc Tirl dpa/lhe

2013 kommt das erste BMW-Elektroauto, der Kleinwagen i3. Wie viel legen Sie pro verkauftem Fahrzeug drauf?

Der i3 ist so gerechnet, dass wir damit Geld verdienen. Wir werden kein einziges Auto mit Verlust verkaufen. Selbstverständlich gibt es aber bei der ersten Generation noch keine Reduzierung der Stückkosten durch Produktionszahlen, wie wir dies im Umfang  von herkömmlichen Autos kennen.

Der i3 wird wohl so viel kosten wie ein 5er-BMW, also gut 40.000 Euro. Die Kosten für die teuerste Komponente, die Batterie, sinken jedoch viel schneller, als Sie bei BMW dachten. Wann wird der i3 günstiger?

Über den Preis des Fahrzeugs möchte ich noch nicht spekulieren. Entscheidend wird sein, dass Elektroautos insgesamt einen bestimmten Marktanteil erreichen. Sobald eine gewisse Schwelle überschritten ist, werden Kapazitäten auf das Elektroauto umgeschichtet, Forschung und Entwicklung weiter verstärkt, es entsteht eine starke Eigendynamik. Das ist der Punkt, an dem auch die Kosten entsprechend sinken dürften. Es ist aber schwer zu sagen, wann das genau der Fall sein wird.

Welche Rolle spielt für BMW die Brennstoffzelle, die mit Hilfe von Wasserstoff Strom erzeugt und somit die Batterie ersetzt?

Auf sehr lange Sicht sollten wir das durchaus im Blick haben.

Was heißt das, auf sehr lange Sicht?

Irgendwann wird das eine Rolle spielen, aber nicht in den nächsten Jahren.

Ich möchte mich hier nicht zu Wettbewerbern äußern. Der reine Elektroantrieb ist aus meiner Sicht aber sehr viel greifbarer und näher. Für den Wasserstoff brauchen wir erst einmal eine Infrastruktur für das Tanken, und vor allem muss geklärt werden, wo der Wasserstoff herkommen soll. Wenn er nicht mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, sondern aus fossilen Brennstoffen stammt, macht die ganze Sache keinen Sinn.

Steve Girsky, der Strategievorstand von General Motors soll bei BMW wegen einer Kooperation angeklopft haben. Wie ist der Stand?

Wir sind auch mit GM im Gespräch über verschiedene Themen.

Wäre BMW zu einer Kooperation mit GM bereit?

Die Hersteller sind heutzutage eigentlich immer untereinander in Gesprächen. Auch wir reden natürlich mit einer Reihe von Unternehmen. Das liegt unter anderem an den technischen Herausforderungen, die man parallel bewältigen muss. Aus diesen Gesprächen wird aber bekanntlich nicht immer was.

Wird BMW in Zukunft mehr Kooperationen eingehen?

Ja, wir setzen auch in Zukunft auf Kooperationen überall dort, wo es aus unserer Sicht Sinn macht. Wir werden zudem zukünftig noch an das eine oder andere Unternehmen Motoren liefern. Durch unsere EfficientDynamics-Spritspartechnologie haben wir sehr frühzeitig sparsame Antriebe entwickelt und gebaut, die für andere Unternehmen interessant sind.

Dabei werden wir darauf achten, die Eigenständigkeit unserer Marken nicht zu gefährden. Es kann sein, dass wir irgendwann anderen Unternehmen in größerem Umfang Motoren liefern. Zuletzt haben wir ja einen Vertrag mit Fisker geschlossen und führen derzeit mit weiteren Unternehmen Gespräche.

Mit welchen?

Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen. Aber es sieht vielversprechend aus.

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