Bosch-Chef Franz Fehrenbach "Mir dreht sich der Magen um"

Seite 2/3

ARCHIV - Christof Bosch, der Quelle: dpa

Treiben die Finanzmärkte die Weltwirtschaft erneut in die Rezession?

Ich gehe trotz alledem davon aus, dass wir keine Rezession bekommen. Natürlich dämpft die Dimension der Verschuldung in Amerika und Europa das Wachstum. Aber Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien und die Asean-Staaten wachsen weiter. Auch die Energieumstellung wird weitere Impulse geben. Das Wachstum wird nicht mehr so stark sein wie in den vergangenen eineinhalb Jahren, aber weltweit gesehen, sind im langjährigen Schnitt noch 3,5 Prozent Wachstum drin.

Deutschland hatte zuletzt ein kleines Wirtschaftswunder erlebt, ist das ein historischer Glücksfall – oder von Dauer?

Wir sind sehr gut aus der tiefen Rezession herausgekommen, da hat uns unsere Exportstärke geholfen. Ich habe mir gerade in China die neuesten Fabriken angesehen. Die sind alle überwiegend mit europäischen, insbesondere deutschen Maschinen ausgestattet.

Aber die mit diesen modernen Maschinen hergestellten Produkte machen dann auch deutschen Waren Konkurrenz.

Deshalb muss Deutschland technologisch vorne bleiben und immerfort an seiner Wettbewerbsfähigkeit arbeiten.

Ist dieser innovative Geist, der Elan, sich zu verbessern, in Deutschland ausreichend präsent?

In den Unternehmen schon. Die ständige Verbesserung haben wir in den Genen. Sie wurde nicht nur von unserem Gründer Robert Bosch gelebt. Anders sieht es auf der gesellschaftlichen Ebene aus. Da wird gefragt, warum wir denn immer dieses Wachstum brauchen. Dafür erfreut man sich an Smartphones. Dieser Widerspruch macht mich nachdenklich.

Solches Denken halten Sie für gefährlich?

Wenn diese Mentalität in unsere Unternehmen einzieht, sehe ich schwarz für die Wettbewerbsfähigkeit. Wir müssen schon unsere Kinder von der Technik begeistern, sie in die Labors hineinschauen lassen. Ihnen erklären, warum ein Tablet-Computer so viele Dinge kann. Ich bin positiv überrascht, wie stark Veranstaltungen wie Girls Days oder Technik-Erlebnistage diesbezüglich nachwirken. Wir müssen unsere jungen Menschen möglichst gut ausbilden.

Da ist auch der Staat gefragt. Reiche Amerikaner und Franzosen fordern jetzt, dass man sie, die Profiteure der vergangenen Jahre, höher besteuern soll. Gut so?

Auch wenn ich mir vielleicht keine Freunde schaffe: Ich kann die Argumentation durchaus nachvollziehen, dass jetzt diejenigen, die sehr gut verdienen, ihren Beitrag leisten müssen. Ich hätte das aber gerne mit einer Entlastung der jungen, aufstrebenden Leistungsträger verknüpft. Seit Jahren lassen wir die kalte Progression einfach laufen. Das Gerechtigkeitsempfinden ist gestört. Eine allgemeine Steuererleichterung können wir uns aber heute nicht leisten.

Zu den Profiteuren gehören auch Topmanager. Begnügten sich die Dax-Chefs vor zehn Jahren noch mit ein bis zwei Millionen per anno, sind heute acht bis zehn Millionen ganz normal.

Dies möchte ich nicht bewerten. Wir bei Bosch haben diese Entwicklung nicht vollzogen. Dass es vernünftige Relationen zwischen den Einkommen der obersten Führungsebene und eines durchschnittlichen Mitarbeiters geben muss, gehört zur Fairness.

Kommen Sie denn mit Ihrem Gehalt aus?

(lacht) Ich komme gut zurecht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%