Branchenkonsolidierung Chancen und Risiken von Bankenfusionen

Seite 3/3

Die Postbank wird zum Quelle: AP

Grund dafür seien die unterschiedlichen Vertriebsarten der beiden Banken. „Bei einer klassischen Geschäftsbank werden circa 90 Prozent der Vertragsabschlüsse von den Bankberatern in den Filialen erzielt.“ Wie erfolgreich der Verkauf sei, hänge dabei insbesondere davon ab, dass die Berater das Produkt auch verkaufen wollten. Diese Hürde müsse erst mal überwunden werden. Bei der Postbank dagegen habe der Direktvertrieb einen hohen Anteil. Die Bank sei „nicht so stark abhängig vom stationären Vertrieb und der Verkauf von Versicherungen damit besser beeinflussbar“.

Allerdings müsste die Allianz rund 500 Millionen bis eine Milliarde Euro ausgeben, um die Postbank aus Vertriebskooperationen wie der mit dem Versicherungskonzern Talanx herauszukaufen, heißt es in der Analyse von Investors Marketing.

Ein weiteres Problem, das jeden Käufer der Postbank plagen wird, ist die hohe Zahl an inaktiven Kunden, die oft nur ein Postbank-Sparbuch besitzen – aber nie eine Filiale betreten. „Diese Kunden lassen sich aufgrund des als gering empfundenen Bedarfs an Finanzprodukten kaum aktivieren“, sagt Mihm.

Auf der anderen Seite entstehen durch eine Fusion hohe Kosten. Allein die Zusammenführung der Strukturen etwa der Computersysteme und der Verwaltung kostet Schätzungen von Investors Marketing zufolge circa 500 Millionen Euro.

Allein die Integration der unterschiedlichen IT-Systeme ist eine Herkulesarbeit. Fast immer dauert sie mehrere Jahre und bindet Ressourcen. Denn schon die Lösung scheinbar simpler Probleme wie die Umstellung der internen Telefone oder der Kontonummern sind sehr aufwendig. Noch schwieriger wird es bei Systemen, die etwa die Kreditvergabe steuern. Hier finden sich kaum zwei Banken auf dem gleichen technischen Niveau. Und Fehler bei einer Zusammenführung der Systeme können sie sich in dem sensiblen Bereich nicht leisten.

Bereits jetzt formiert sich zudem Widerstand auf Arbeitnehmerseite. So rechnete die Gewerkschaft Verdi vor, dass ein Zusammenschluss bis zu 20.000 Arbeitsplätze kosten könnte. Und in die anstehenden Tarifverhandlungen will Verdi mit der Forderung nach einer weitgehenden Jobgarantie gehen – die allerdings einer Fusion die wirtschaftliche Grundlage entziehen würde: Die Banken müssten den immensen Integrationsaufwand leisten, könnten aber wichtige Synergien nicht heben.

Modell Deutsche-Postbank-Citibank: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wird sich angesichts der anstehenden Fusionskosten genau überlegen, ob er sich ein so großes Institut wie die Postbank aufbürdet. Ackermann hatte im Februar Interesse bekundet, euphorisch klang er allerdings schon damals nicht. „Wir kennen den Wert der Postbank sehr genau“, sagte er. Seitdem ist es still geworden. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, dass die Deutsche im Massenkundengeschäft der Postbank wohl keinen Zusatznutzen sieht. Im Umfeld der Postbank heißt es dagegen, dass die Bank bewusst schlechtgeredet werde, um den Preis niedrig zu halten.

Bisher hatte Ackermann alle Chancen, sich am Heimatmarkt eklatant zu verstärken, ausgelassen. Erst sagte er eine längst beschlossene Fusion mit der Dresdner Bank ab, dann schlug er das Angebot aus, die Postbank zu kaufen. Nun böte sich ihm allerdings die Möglichkeit zum ganz großen Wurf, denn die Aussichten, dass er den Zuschlag für die Citibank bekommt, sind gut (WirtschaftsWoche 22/2008).

Citi und Postbank würden Ackermann 8,8 Millionen Massenkunden und weitere 3,9 Millionen Premiumkunden bringen. Alle drei Banken zusammen kommen bei den wichtigsten Privatkunden-Produkten auf Marktanteile zwischen 14 und 18 Prozent. Und: „Das vertriebsstarke Personal der Deutschen“, sagt Mihm, „könnte dann den Verkauf von beratungsintensiven Produkten bei den Postbank-Kunden unterstützen.“ Ganz ähnlich wie im Fall einer Fusion von Commerzbank und Postbank.

Hinzu kommen Einsparmöglichkeiten beim Personal sowie Synergien beim globalen Zahlungsverkehr. Insgesamt, schätzt Mihm, brächte diese Fusion der Deutschen kumuliert für zehn Jahre einen Zusatzertrag von knapp elf Milliarden Euro ein.

Doch auch dieses Dreierbündnis müsste erst einmal gewaltige Integrationskosten stemmen. Investors Marketing rechnet damit, dass die Premiumkunden der Postbank in die Deutsche Bank übergeleitet würden und die Norisbank aufgrund der ähnlichen Kundenklientel in der Postbank aufgeht. Solch ein gewaltiger Umbau würde rund eine Milliarde Euro kosten. Bei einem Zusammenschluss von Deutscher und Postbank „sollten beide Marken bestehen bleiben“, meint Mihm. „Die Marken sind zu polarisierend. Wer bei der Deutschen Bank Kunde ist, will nicht auf einmal Postbank-Kunde sein und umgekehrt.“

Mit Citi und die Postbank würde die Deutsche Bank ihre Position am Heimatmarkt kräftig ausbauen. Und wenn die Citigroup zusätzlich zu ihrer deutschen Tochter weitere europäische Einheiten etwa in Italien und Spanien verkauft, entstünde eine Bank, nicht nur von nationaler, sondern auch von europäischer Bedeutung im Privatkundengeschäft – eine Perspektive, die Commerzbank und Dresdner zusammen mit der Postbank nicht haben.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%