Buchhandel Strukturwandel setzt Thalia und Hugendubel zu

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Zwei Goliaths

„Selbst wenn sich die Wirtschaft wieder erholt, kommen die Buchumsätze nicht wieder zurück“, sagt Nina Hugendubel, die neben ihrem Bruder Maximilian im Beirat der DBH sitzt. Folgen hat dieser Kurs auch für die Verlage – denn wenn die Buchketten weniger Bücher in den Läden haben wollen und bei den verbleibenden auf Bestseller setzen, müssen sie ihre Programme verkleinern.

Die DBH, 2006 als Finanzholding entstanden aus der Allianz des Münchner Traditionshauses Hugendubel mit der Augsburger Verlagsgruppe Weltbild, bekam die Entwicklung bereits deutlich zu spüren. 2009 ging der Umsatz zurück. Nach einem schlechten Start ins Jahr und der Angst vor einem miesen Weihnachtsgeschäft hatte die Gruppe an allen Ecken begonnen, Kosten zu reduzieren: Weltbild hatte im Frühjahr 322 Stellen gestrichen. Kurz darauf kündigte auch Hugendubel an, gut 180 Arbeitsplätze abzubauen. Weitere 106 verloren beim Ableger Habel ihren Job. Zuletzt streikten die Mitarbeiter beim DBH-Billigheimer Wohlthat in Berlin und Potsdam, der künftig Bücher eher in Schlecker-Manier verkaufen soll und mit möglichst wenig Personal auskommen soll.

Die DBH fährt noch immer einen anderen Kurs als Konkurrent Thalia, der mit einem einzigen Filialkonzept antritt. Die München-Augsburger Verbindung dagegen betont die Eigenständigkeit der unterschiedlichen Marken: Unter ihrem Dach versammeln sich neben den Bücher-Aldis Wohlthat und Joker Buchpaläste der Hugendubel an Münchens Marienplatz, aber auch mittelständische Buchhandlungen wie Habel aus Darmstadt und Weiland aus Lübeck. Die vielen Partner und Handelsformate machen eine Abstimmung schwieriger als beim Monolithen Thalia. Für alle Beteiligten gleichermaßen hat sich jedoch ein wesentlicher Faktor radikal verändert – die Kundschaft.

Mehr Umsatz mit Spielzeug

„Die Kunden ändern ihre Bedürfnisse und ihr Verhalten viel schneller, als sie das früher getan haben“, sagte Nina Hugendubel im Branchenblatt „Buchreport“, „für uns ist die Konkurrenz nicht nur der andere Buchladen, sondern der Einzelhandel insgesamt.“ Hugendubel will daher die Kundschaft „unterhalten“: „Es muss interessant sein, in die Läden zu gehen – denn kaufen kann man inzwischen auch alles im Internet.“ Eine Lösung für die Filialisten soll nun darin bestehen, das Angebot noch spürbarer als bisher um sogenannte Non-Books zu erweitern. So soll der Kunde noch stärker als bisher Gesellschaftsspiele, aber auch Spielzeug wie die Tierfiguren der Firma Schleich in den Läden finden – derzeit beträgt der Umsatzanteil dieser Produkte bereits gut 30 Prozent, hier ist noch Luft nach oben. Das ist nötig, weil nicht nur den Hugendubels ein erklecklicher Teil des Geschäfts wegbricht: „Kein Mensch kauft heute mehr Stadtpläne, Lexika oder den Duden“, sagt eine Buchhändlerin: „Wer früher im Monat 500 Duden absetzen konnte, ist heute froh, wenn er 50 verkauft.“ Statt sich Wälzer ins Regal zu stellen, die nach spätestens einem Jahr veraltet sind, genügt den meisten Nutzern längst der Mausklick.

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