Celesio Ende der Leidenszeit für Fritz Oesterle

Celesio-Chef Oesterle wird seinem Nachfolger ein geordnetes Unternehmen übergeben. Drei Monate vor seinem überraschenden Abschied legte der Manager gute Zahlen für Europas führenden Pharmahändler vor. Leicht wird es der „Neue“ künftig dennoch nicht haben.

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Fritz Oesterle, Vostandschef von Celesio Quelle: Hardy Müller für WirtschaftsWoche

Die offizielle Mitteilung klingt harmlos. Der Rückzug von Fritz Oesterle erfolge „im besten Einvernehmen“, erklärt der Stuttgarter Pharmagroßhändler Celesio. Doch für die Branche kommt der Abschied des Celesio-Chefs überraschend. Zum 30. Juni verlässt der 58-Jährige das Unternehmen, obwohl sein Vertrag erst Ende 2013 ausgelaufen wäre. Tatsächlich hat es zwischen Oesterle und seinem Mehrheitsaktionär Haniel gekracht, der 54,6 Prozent der Celesio-Anteile hält.

Der Ärger begann schon 2009, als Haniel zeitweise die Übernahme des brasilianischen Medikamentenhändlers Panpharma blockierte, die Oesterle geplant hatte. Dabei soll Oesterles damaliger Vorstandskollege Stefan Meister, dem gute Beziehungen zur Haniel-Familie nachgesagt werden, eine durchaus aktive Rolle gespielt haben. Mit dem neuen Haniel-Chef Jürgen Kluge verbesserte sich das Klima nicht. Kluge ließ durchblicken, dass er sich möglicherweise von Celesio-Anteilen trennen wolle, was wiederum bei Oesterle Verwirrung und Frust ausgelöst haben soll. Am Ende soll Haniel die Demission von Oesterle sogar befördert haben. Der promovierte Jurist hat den Pharmagroßhändler zwölf Jahre lang geführt. Seit 1999 steigerte er den Umsatz um 80 Prozent von 13 Milliarden auf 23 Milliarden Euro.

Schwierige Zeiten für Europas führenden Pharmahändler

Der scheidende Celesio-Chef Oesterle sieht nach einem guten Jahr 2010 schwierige Zeiten auf Europas führenden Pharmahändler zukommen. Drei Monate vor seinem Abschied wagte der Manager nach einem satten Gewinnplus im vergangenen Jahr keine Prognose für 2011 und 2012. Er rechnet damit, dass staatliche Eingriffe im Gesundheitsmarkt zunehmend das Ergebnis belasten. „Das laufende Geschäftsjahr wird uns in dieser Hinsicht noch stärker als das Jahr 2010 herausfordern.“ Die Stuttgarter wollen gegensteuern und staatliche Hürden zunehmend umschiffen.

Für 2010 präsentierte der Manager bei seiner letzten Jahrespressekonferenz als Celesio-Chef bessere Zahlen als erwartet. Das Unternehmen baute den Jahresüberschuss deutlich auf 265 Millionen Euro aus (2009: 6,5 Mio Euro). Der operative Gewinn legte um elf Prozent auf 699,2 Millionen Euro zu. Der Umsatz stieg um 8,3 Prozent auf 23,3 Milliarden Euro. Die Aktionäre sollen eine unveränderte Dividende von 50 Cent je Aktie erhalten. „Wir haben alle unsere wesentlichen Ziele erreicht und gehen deutlich gestärkt aus dem Jahr 2010 hervor“, sagte Oesterle.

Sorgen bereiten dem Manager jedoch zunehmend die ungelösten Finanzierungsprobleme der Gesundheitssysteme in Europa. „Diese veranlassen die Regierungen immer häufiger zu oft einschneidenden Maßnahmen, die auf eine Kürzung von Preisen und Margen hinauslaufen“, sagte Oesterle. Dies habe das Celesio-Ergebnis im vergangenen Jahr mit rund 80 Millionen Euro belastet, im laufenden Jahr werden es voraussichtlich mehr als 100 Millionen Euro sein. Deshalb wollen die Stuttgarter das Geschäft außerhalb regulierter Märkte und Bereiche verstärkt ausbauen.

Wachsen will Celesio dabei auch über Zukäufe. Es seien bereits einige interessante Möglichkeiten ins Visier genommen worden, sagte Oesterle. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, finanziell habe Celesio aber ausreichend Kraft. Um sich von staatlichen Eingriffen unabhängiger zu machen, baut Celesio bereits seit Jahren sein Dienstleistungsgeschäft aus. Außerdem soll das Geschäft mit frei verkäuflichen Produkten und Eigenmarken gestärkt werden. Für das internationale Apothekengeschäft mit mehr als 2300 Standorten wird im Celesio-Vorstand deshalb spätestens ab 1. September der frühere Douglas-Manager Stephan Borchert verantwortlich sein. „Damit unterstreichen wir unser Ziel, das Geschäft mit nicht preisregulierten Produkten rund um Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden in den nächsten Jahren deutlich auszubauen“, sagte Oesterle.

Zu seiner eigenen Zukunft und einen Nachfolger an der Celesio-Spitze äußerte sich der Manager nicht. „Über Personalien entscheidet der Aufsichtsrat“, sagte er. Fragen zu seinem Abschied sowie zu seinem Nachfolger könne nur Haniel-Chef und Celesio-Oberaufseher Jürgen Kluge beantworten, sagte Oesterle und diktierte eine Telefonnummer. Ein Haniel-Sprecher sagte, es werde intern und extern nach einem neuen Celesio-Chef gesucht. „Das ist eine Sache, die braucht sicher ihre Zeit.“

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