Chancen und Risiken in Emerging Markets Erfolgsfaktor internationale Marktforschung

Handelsblatt Online bietet Ihnen mit der Serie "Weltspitze - wie Deutsche international Erfolg haben" praktische Hilfe: Jeden Montag präsentiert der Internationalisierungsberater und Buchautor Sergey Frank eine Kolumne zu dem Thema, wie Unternehmer im Ausland Geld verdienen können. Heute geht es um das Definieren der richtigen Märkte in Emerging Markets.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Philippinische Peso-Scheine: Auch die Philippinen zählen zu den Emerging Markets. Quelle: Reuters

Immer mehr Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum werden international aktiv. Diese Entwicklung gilt nicht nur für Dax-Unternehmen, sondern insbesondere auch für mittelständische Firmen, die in ihrer Internationalisierung verstärkt auch weitergehende Geschäftsmodelle als den reinen Export nutzen. Doch sehen diese Unternehmen wirklich alle Chancen, die sich auf internationalen Märkten ergeben?

Viele Studien und Umfragen von Instituten, Universitäten, Verbänden oder Handelskammern zeigen das Gegenteil. In der Regel bleiben Chancenpotenziale unerkannt. Marktpotenziale werden falsch eingeschätzt. Marktforschungsaktivitäten können solche Chancen und Marktpotenziale besser und genauer definieren. Dafür müssen die Analysen zielgerichtet sein und den eigenen Interessen sowie Gegebenheiten vor Ort entsprechen.

Damit wird Marktforschung zu einem wichtigen Instrument bei der Internationalisierung, insbesondere auch hinsichtlich der zentralen Frage, die sich jeder Unternehmer stellt: Wann erhalte ich ein erstes "Return on Investment" und wie hoch ist mein langfristiger Gewinn in dem Zielmarkt? Wir haben diese wichtige Frage zum Anlass genommen, um im Rahmen unserer Reihe "Deutschland - Weltspitze" näher auf Besonderheiten der Marktforschung, v.a. auch in Bezug auf Internationalisierungsaktivitäten, einzugehen.

Was eigentlich ist Marktforschung?

Es bestehen viele, wissenschaftlich differenzierte Konzepte, doch im Prinzip handelt es sich bei Marktforschung um die systematisch betriebene Erforschung eines konkreten Teilmarktes (Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage). Dazu werden u.a. unter Heranziehung v.a. externer Informationsquellen die Bedürfnisse aller Beteiligten erfasst und anschließend analysiert. Somit geht es bei Marktforschung im Wesentlichen um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Welche Eigenschaften zeichnen den spezifischen Markt aus?

2. Wie hoch ist das Marktpotenzial?

3. Wie definieren wir unsere Zielgruppe und identifizieren ihre spezifischen Bedürfnisse?

4. Wer sind unsere Wettbewerber und wie verhalten sie sich im Zielmarkt?

5. Welche Rahmenbedingungen aus dem Marktumfeld (Politik, Gesetz und Steuern, Gesellschaft, Kultur) beeinflussen das Marktpotenzial?

6. Auf Basis der Beantwortung der ersten Themen geht es dann um die wesentliche Fragestellung: Welchen konkreten Mehrwert haben unsere Produkte in dem spezifischen Markt gegenüber der Konkurrenz? Ist dieser Mehrwert für die potenziellen Abnehmer in dem spezifischen Markt überhaupt relevant?

Marktforschung kann mittels verschiedener Aspekte unterschieden werden, beispielsweise nach Primär- und Sekundärforschung oder nach regionaler, nationaler und internationaler Forschung. Die klassische Marktanalyse umfasst die folgenden fünf zentralen Aspekte: Makroökonomische Analyse, Kundenanalyse, Wettbewerbsanalyse, Distributionsanalyse sowie Marktzugang und Eintrittsbarrieren.

Bedeutung in Emerging Markets

Warum sind Marktanalysen so entscheidend für den Erfolg in einem ausländischen Zielmarkt, insbesondere in Emerging Markets? Unter Emerging Markets werden im Allgemeinen die dynamischen Wachstumsmärkte der BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China sowie anderer Regionen, vorzugsweise in Asien, Südamerika, Osteuropa, dem Mittlerer Osten und Nordafrika zusammengefasst. Zwar gibt es unzählige Artikel und Bücher, die sich mit diesen Zielmärkten befassen. Doch am Ende helfen Sekundärquellen nur bedingt beim Markteintritt. Auch Branchenberichte oder allgemeine Investitionsveranstaltungen vermitteln eher rudimentäre Grundlagen.

Die Anwendung von Halbwissen und die Übertragung von Strategien aus Industrieländern in diese ausländischen Wachstumsmärkte hat viele Unternehmen bereits zum Misserfolg geführt. Oft wollen Unternehmen beim Markteintritt Kosten sparen. Dabei können die Ausgaben für Marktforschung ressourcenschonend eingesetzt werden.

Erfolgreiche Unternehmen investieren daher sinnvoll in die Marktanalyse. Denn nichts ist gefährlicher, als unvorbereitet in einen Emerging Market zu gehen. Zielmärkte in diesen Ländern zeichnen sich durch eine hohe Dynamik aus. Ständige Veränderungen der Kundenbedürfnisse, neue Regelungen und gesellschaftliche Strömungen sowie politische und gesamtwirtschaftliche Einflüsse bedingen die intensive und regelmäßige Analyse des Zielmarktes, seines Marktumfeldes und der Kunden.

Effektiver Ressourceneinsatz in der Marktforschung

Ein Argument vieler mittelständischer Unternehmen gegen Marktforschung ist das sogenannte Bauchgefühl der Unternehmer und Mitarbeiter, das eine genaue Analyse des Marktes ihrer Meinung nach unnötig macht. Dieses Bauchgefühl ist zwar notwendig, da die letzte Entscheidung letztlich auch nur durch das Individuum fallen kann. Marktforschung stellt aber eine notwendige, begleitende Möglichkeit dar, dem Bauchgefühl eine solide Entscheidungsbasis zu geben.

Dabei kann auch mit einfachen Methoden effektiv Marktforschung betrieben werden. Neben einem Screening von Konkurrenzinformationen und politischen Entwicklungen sind beispielsweise Mitarbeiter, die eng mit Kunden zusammenarbeiten, eine hervorragende Quelle für die Marktforschung. Gute Marktforschungsunternehmen implementieren hierzu in ihren Projekten abgestimmte Prozesse, die auf effektive Art relevante Marktinformationen aus dem Zielmarkt sammeln und filtern helfen.

In Emerging Markets sollte aber vor dem Markteintritt externe Hilfe in Anspruch genommen werden. Der interne Aufwand einer spezifischen Marktforschung darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Erfahrene externe Institutionen können den Entscheidern die relevanten Marktinformationen meist schneller und günstiger liefern.

Marktforschung - Mehr als nur Kundenbefragung

Marktforschung umfasst in vielen Fällen deutlich mehr als die Kundenanalyse. Diese Sekundär- und Primäranalyse ist jedoch der Kern vieler Marktforschungsaktivitäten. Hier gibt es beispielsweise die Möglichkeit, sogenannte Lead User, also repräsentative oder wichtige potenzielle Kunden zu identifizieren und zu interviewen. Zum anderen ist es möglich, breiter gestreute standardisierte Befragungen bei einer zufälligen Stichprobe von Kunden im ausländischen Zielmarkt durchzuführen.

Die Konkurrenzanalyse identifiziert zentrale Wettbewerber im Emerging Market sowie ihre Stärken und Schwächen. Darüber hinaus wird ihr Verhalten eingeschätzt. Kommt es beispielsweise beim Markteintritt zu einem Preiskampf bzw. verstärkten Kommunikationseinsatz? Welche Barrieren hat die Konkurrenz aufgebaut?

Darüber hinaus ist es entscheidend, die Marktzugänge sowie Strukturen im Zielmarkt zu verstehen und formale wie informelle Partner, die einem beim Markteintritt durch Ressourcen und Informationen helfen, darzustellen. Hier finden sich verschiedene Ansätze sogenannter Netzwerk- und Partneranalysen.

Zudem gehört eine umfassende Branchen- und Marktumfeldanalyse zum Standard einer sorgfältigen Marktforschung. Das Verständnis über politische und gesellschaftliche Gesamtzusammenhänge bringt oft viele notwendige Informationen zu Tage. Beispielsweise kann es für den Markteintritt in Russland im Bereich Erneuerbare Energien sehr interessant sein, die aktuellen und zukünftigen Pläne des russischen Umwelt- oder Energieministeriums zu kennen. Gerade mittelständische Unternehmen sollten hier externe Partner zur Analyse einschalten.

Ohne lokale Adaption nützt Marktforschung nichts

Marktforschung generell und global findet seine Grenzen in lokalen Eigenheiten. Dies sollte man nicht vergessen, da die Ergebnisse sonst zweideutig werden. Die zentrale Frage hier lautet: Wo bestehen lokale Gegebenheiten, die den Markt entscheidend beeinflussen? Hierzu gibt es einige interessante Beispiele.

Betrachtet man etwa die Erfahrungen multinationaler Unternehmen mit dem Eintritt in den indischen Markt, einem der sogenannten "Emerging Market"-Vertreter, so zeigen sich mitunter enorme Schwierigkeiten, in den westlichen Ländern bereits etablierte Produkte mit den Lebensgewohnheiten der indischen Bevölkerung zu vereinbaren. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Einführung von Kellogg?s Cornflakes auf dem indischen Markt. Die Gewohnheit der Inder, am Morgen warme Milch zu sich zu nehmen, stellte das Unternehmen vor erhebliche Probleme, da die von Kellogg?s viel beworbene Knusprigkeit der Flakes so nicht mehr gegeben war und ein wenig appetitliches Produkt entstehen würde. Kellogg?s brachte ihr Produkt trotzdem auf den Markt, fand aber nur wenig Akzeptanz unter den Indern.

Dies zwang die Marketingverantwortlichen der Firma zum Umdenken und vor allem zu einer detaillierten, breit angelegten Erforschung des Marktes und der Lebensgewohnheiten der indischen Konsumenten. Daraus resultierend wurden neue, den Essgewohnheiten der Inder angepasste Produkte (z.B. Mango-Flakes) auf den Markt gebracht, die Preise gesenkt und die Packungsgröße reduziert. Zudem wurden neue Vertriebswege beschritten: So wurden die immer noch vorhandenen Großpackungen an Straßen- und Markthändler verkauft, die diese in kleineren Portionen an die Bevölkerung verteilten. Erst mit dieser, an die Gewohnheiten der Inder angepassten Strategie stiegen die Akzeptanz und damit die Absatzzahlen der Kellogg?s-Produkte. Eine fundierte Marktanalyse und eine Analyse der Lebensgewohnheiten kann also helfen, mögliche Probleme zu vermeiden.

Das Beispiel verdeutlicht zudem, dass das Marktumfeld einen entscheidenden Einfluss auf die Marketing-Strategie und den Erfolg eines Unternehmens hat. Ein wesentlicher Faktor in vielen Emerging Markets sind die sogenannten "Institutional Voids". Hierbei handelt es sich um verschiedenste Faktoren des Marktumfelds, die zwar nicht vorhanden oder nur gering ausgeprägt sind, aber trotzdem die Geschäftstätigkeit behindern oder beeinflussen. Bekannt ist hier etwa das Thema Korruption, das deutliche Zeitverzögerungen im Ablauf bringen kann. Aber auch Informationen, die nicht oder nur unzuverlässig vorhanden sind und fehlende Intermediäre am Markt sind typische Beispiele für Institutional Voids.

Diese Faktoren erhöhen per se die Unsicherheit beim Markteintritt und erschweren die Marktdefinition. Diese Unsicherheit führt zu Fehleinschätzungen mit Blick auf das Marktpotenzial. Auch die Marktforschung muss sich dieser Faktoren bewusst sein. Das Kellogg?s-Beispiel zeigt deutlich das Problem auf: Ohne lokale Adaption war die Vertriebsstrategie ein Flop. Sicherlich hat die Marktforschung von Kellogg?s das Marktpotenzial richtig abgeschätzt, aber wohl nicht ausreichend das Konsum- und Einkaufsverhalten der Kunden untersucht.

Eine lokale Adaption besitzt grundsätzlich zwei Ausprägungen, die für alle Marketinginstrumente differenziert untersucht werden müssen. Zum einen müssen Sie sich fragen, ob Ihr Unternehmen die notwendige Anpassung einschätzen kann. Demnach benötigen Sie entsprechendes Wissen und Erfahrung über den Zielmarkt. Hier liegen wesentliche Anknüpfungspunkte für eine spezifische Marktforschung aber auch für das Personalmanagement. Zum anderen sollte Ihnen bewusst sein, welche Ressourcen für die Anpassung der Instrumente notwendig sind. Neben dem schon erwähnten Personal und Markt-Knowhow können hier externe Partner für begleitende Dienstleistungen oder den Vertrieb über andersartige Vertriebskanäle genannt werden. Aber es können auch technische Veränderungen an Produkten notwendig sein, die eines größeren Aufwands bedürfen.

All diese Punkte sind bei einer umfassenden, aber effizient durchgeführten Marktforschung zu berücksichtigen. Die Outside-In-Perspektive (Marktsicht) muss mit der Inside-Out-Perspektive (Unternehmenssicht) abgeglichen werden.

Definition ist alles

Je genauer Sie Ihren Markt definieren, auch unter Einbeziehung möglicher weitergehender Marktchancen, desto exakter sind die Ergebnisse der Marktforschung. Bereits hier kann Ihnen ein Marktforschungsspezialist behilflich sein. Denn die korrekte Marktdefinition ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Hierbei sollten Sie sich zwei zentrale Fragen stellen.

1. Ist unser Markt der gleiche wie im Heimatland?

2. Welche Eigenschaften definieren den Zielmarkt im Ausland?

Viele Unternehmen definieren ihren Markt im Ausland deckungsgleich zum Heimatmarkt. Hinsichtlich der Kundenbedürfnisse argumentieren sie: "Die werden schon ähnlich sein!", das Konkurrenzverhalten tun sie mit "Sind doch eh immer die gleichen" ab und zur Kommunikation meinen sie: "Wir haben eine englische, französische und spanische Homepage, das passt auch für Asien".

Diese leicht überspitzten, aber realen Beispiele zeigen, dass die Marktdefinition oft nicht ernst genommen wird. Dabei sind zwei einfache und doch entscheidende Punkte zu klären. Zum einen sollten Sie sich überlegen, was Ihr Zielmarkt ist. Dieser kann in einem anderen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Kontext deutlich differieren: Wissen Sie beispielsweise, ob Ihre potenziellen Kunden in Saudi-Arabien oder Indonesien den gleichen Servicekranz um das Produkt wünschen wie in Deutschland? Haben Sie einen genauen Überblick darüber, welche Konkurrenten gerade in China entstehen, die auf gleichem Qualitätslevel wie Sie produzieren können?

Methoden der Marktsegmentierung - Was ist der Zielmarkt?

Aus der Wissenschaft sind verschiedene Ansätze zur Marktsegmentierung und-definition in die Praxis übergegangen, die hier kurz vorgestellte werden:

Version 1:

Verfolgt ein Unternehmen eine so genannte Marktsegmentierungsstrategie, identifiziert es spezielle Käufergruppen - Segmente - und produziert und vermarktet die jeweiligen Produkte je nach deren Bedürfnissen. Die unterschiedlichen Bedarfe und Verhaltensweisen der Konsumenten stehen hier im Vordergrund. Jedes Segment entspricht einem potenziellen Zielmarkt, den das Unternehmen mit einem speziell zugeschnittenen Marketing-Mix bearbeitet. Die Bestimmung eines potenziellen Zielmarktes erfolgt über eine Segmentierung, die nach geografischen, soziodemografischen, psychografischen und verhaltensorientierten Kriterien erfolgen kann. Voraussetzung für die Segmentierung eines Gesamtmarktes in homogene Teilmärkte ist, dass die Konsumenten dieser unterschiedlichen Segmente gleiche bzw. ähnliche Reaktionen auf den Einsatz der Marketinginstrumente zeigen.

Version 2:

Eine typische Marketingsegmentierung setzt an der Definition des relevanten Marktes an, d. h. der Markt wird nach sachlichen, räumlichen und zeitlichen Kriterien eingegrenzt. Wichtig ist dabei immer die Perspektive der Kunden. Anschließend wird der Gesamtmarkt in Marktsegmente unterteilt, indem zunächst die Kunden segmentiert werden. Der wichtigste Ansatz dafür ist, ihre Bedürfnisse weiter zu differenzieren. Parallel dazu werden die internen Ressourcen überprüft und festgelegt, welche Produktsegmente man erfolgreich - auch unter Berücksichtigung des Wettbewerbs - abdecken kann. Die sich aus der Kombination von Kundenbedürfnissen und Produktsegmenten ergebenen Marktsegmente sollten dann mit Hilfe der SWOT-Analyse ("Strengths and Weaknesses, Opportunities and Threats" - "Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken") und anschließender Gegenüberstellung in einem Portfolio auf ihre Attraktivität und Zukunftsfähigkeit untersucht werden.

Es gilt, sich auf die wichtigsten Marktsegmente, die relevanten Märkte, zu beschränken. Danach ist es Sache der Markenverantwortlichen, ihre Marke zu positionieren und die Zielgruppen zu definieren sowie den Kommunikations- und Werbeplan zu erstellen. Gleichzeitig kann der Vertrieb geplant werden. Dort wird u.a. entschieden, welche Vertriebskanäle welchen Marken zugeordnet werden bzw. wie die Marken in vorhandene Vertriebskanäle eingesteuert werden können. Existiert ein eigener Vertrieb, so werden Vertriebssegmente definiert, um sie direkt zu bearbeiten.

Eine fundierte Marktsegmentierung ist wichtig. Nur fehlt es den meisten Unternehmen, gerade dem Mittelstand, oft an Kompetenzen und Ressourcen, um sich nachhaltig damit befassen zu können. Erfahrene externe Institutionen können hier Abhilfe schaffen. Oft reicht ein gezielt moderierter Workshop mit einer üblichen Marktanalyse schon aus, um ein klares Bild des Zielmarktes zu zeichnen.

Marktinformationen umsetzen - Wie geht es weiter?

Eine gut durchgeführte Marktforschung hilft insbesondere in Emerging Markets, die wirtschaftliche Situation, Konsumverhalten, Trends uvm. besser zu verstehen und dient damit als nützliches Instrument für den Markteintritt. Jedoch ist sie nur der erste Schritt hin zu einem mittel- und langfristig erfolgreichen Markteintritt. Was folgen sollte, wenn der Zielmarkt das Potenzial besitzt, ist eine strategische Planung der Marketinginstrumente, der Aufbau von Partnerschaften und Netzwerken sowie die Etablierung von Prozessen, die die Veränderungen im Unternehmen unterstützen.

Wenn das Marktpotenzial erkannt ist, sind drei wesentliche Fragen beim Markteintritt in einem Emerging Market zu klären.

1. Wann wollen Sie in den Markt eintreten?

Pionier oder nicht Pionier, das ist hier die Frage? Frei nach Hamlet sollten Sie sich über die Chancen und Risiken beider Strategien bewusst sein. Als Pionier in einem Markt können sie sich als erster bei den Kunden etablieren. Dies ermöglicht im Idealfall ein Standard-Setting durch Ihre Technologie, Services und ihre Marke. Einmal etabliert wird Sie ein Konkurrent nicht so schnell von Ihrer Marktposition verdrängen. Zudem wachsen Emerging Markets überproportional. Selbst mit einem stagnierenden Marktanteil können Sie weiter vom Wachstum profitieren. Weiterhin können Sie strategische Partner und Vertriebskanäle besetzen und an sich binden oder auch als Erster qualifiziertes Personal einbinden. Dieses zu halten, ist ebenfalls eine strategische Frage, die mittels angepasster HR-Strategien möglich ist.

2. Mit welchem Ressourceneinsatz wollen Sie in den Markt eintreten?

Der indirekte oder direkte Export ist die einfachste Form des Markteintritts. Aber lohnt sich bei entsprechendem Marktpotenzial für Sie nicht vielleicht schon eine eigene Niederlassung oder zumindest eine strategische Allianz mit einem Vertriebsintermediär im Zielmarkt? Oder könnte vielleicht ein Franchising-Modell funktionieren? Am Ende steht meistens die High-End-Lösung einer eigenen Tochtergesellschaft mit lokaler Produktion. Grundsätzlich sollten Sie eruieren, welche Ressourcen Sie einsetzen wollen und können bzw. welche externen Ressourcen sie benötigen.

Eine Zeit lang wurden Joint-Ventures wegen ihrer Komplexität des Managements von der Literatur zerrissen. Doch ermöglicht ein strategisch ausgesuchter Partner einen sehr schnellen und risikoloseren Markteintritt. Insbesondere der Einfluss von Institutional Voids lässt sich hierdurch reduzieren. Entscheidend ist hierfür eine vorherige Analyse des Kooperationsfits.

3. Wieweit passen Sie die vier Marketinginstrumente an?

Es gibt unzählige Studien und Befragungen über die notwendige Anpassung von Marketinginstrumenten im Ausland. Wesentliche Erkenntnis: Es gibt keine allgemeingültige Strategie! Das bedeutet für Sie, dass Sie sich mit jedem der Instrumente einzeln auseinandersetzen müssen. Machen Sie nicht den Fehler, eine Strategie (Standardisierung vs. Anpassung) über alle Instrumente zu stülpen.

Es gibt jedoch gewisse Faustformeln für Emerging Markets, die sich aus der Praxis und Wissenschaft ableiten lassen. Dabei gilt, dass die Instrumente Vertrieb und Kommunikation in der Regel angepasst werden müssen. Hier sind Gewohnheiten, Kultur und Marktumfeld als wesentliche Gründe zu nennen. Dagegen ist gerade im B2B zu sehen, dass Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum sehr erfolgreich sind, indem sie mit ihren innovativen Produkten und einer standardisierten Pricing-Strategie den Emerging Market bearbeiten. Kunden in diesen Ländern sind bereit, für Last-Edge-Technologie und Qualität auch entsprechende Preise zu zahlen. Aber noch mal gilt. Diese Faustformeln müssen nicht immer gelten. Deswegen ist die individuelle Strategieentwicklung auf Basis einer soliden Marktforschung ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Abschließend sollten Sie noch beachten, dass Sie in Emerging Markets nur mit einer langfristigen Strategie erfolgreich sind. Gerade am Anfang gilt es, sich zu etablieren und geduldig zu sein. Wie lange Sie Geduld zeigen müssen, hängt von Ihrer spezifischen Vorbereitung ab. Wenn Sie alle hier beschriebenen Ansätze in Erwägung ziehen und auf die Expertise eines Marktforschungsspezialisten zurückgreifen, sind die Chancen, sich erfolgreich in Emerging Markets zu etablieren, angemessen. Der Erfolg dort, insbesondere mittelfristig, wird damit wahrscheinlicher als mit einem un- oder nur wenig vorbereiteten Markteintritt.

Der Co-Autor:

Marc Tobias hat lange Zeit die Abteilung "Unternehmen und internationale Märkte" am Fraunhofer-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, einem Institut der Fraunhofer Gesellschaft, geleitet. Der Management-Fokus der Abteilung liegt auf Projekten und Analysen rund um die Internationalisierung von Unternehmen. Herr Tobias ist seit mehr als sieben Jahren in Forschung und Beratung tätig, schwerpunktmäßig zum Markteintritt innovativer Unternehmen in Emerging Markets. In Zukunft wird er in einer leitenden Position die Business Advisory Group St. Gallen verstärken.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%