Chefwechsel bei RWE Der Neue aus dem Nichts

Peter Terium leitete das Team, das den Kauf von Essent klarmachte. Das qualifiziert ihn jetzt zum neuen RWE-Chef.

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Rolf Martin Schmitz Quelle: GEW Köln AG/RheinEnergie AG

Mit dem Holländer Peter Terium hatte niemand gerechnet. Es gab viele Kandidaten, einer von ihnen war der Deutschland-Chef von RWE, Rolf Martin Schmitz. Der frühere Lenker des Kölner Stadtwerks Rheinenergie hatte bis gestern die besten Karten beim Spekulationsspiel um die Nachfolge von RWE-Chef Jürgen Großmann, dessen Vertrag Ende September 2012 ausläuft und auch nicht mehr verlängert wird. Doch noch sollte man nicht den Tag vor dem Abend loben.

Bis Montag, dem Datum der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung bei RWE wird hinter den Kulissen noch weiter gerungen. Denn die Arbeitnehmerbank kann es immer noch nicht verwinden, was die Kommunen längst geschluckt haben: Nicht ein Deutscher, ein ausgewiesener Netzwerker im Dschungel der Energiewirtschaft, sondern ein wirklich Externer, ein Holländer und früherer Finanzbeamte aus Den Haag soll RWE fünf weitere fünf Jahre leiten.

Auch Großmann war Schneiders Idee

Damit hat sich der Aufsichsratschef Manfred Schneider gegen Bedenken im obersten Kontrollgremium von RWE durchgesetzt. Mal wieder - könnte man sagen. Denn auch die Berufung des Stahlunternehmers Jürgen Großmann war seine Idee. Großmann war ein Außenseiter, ein Branchenfremdling dazu, der sich blitzschnell in die Materie einarbeitete. Terium begann seine Karriere als Finanzbeamter in Holland, war dann bei KPMG und schließlich Controller beim Verpackungsspezialisten Schmalbach-Lubeca.

Der damalige Finanzchef von RWE, Klaus Sturany, holte ihn ins Essener Haus. Dort war er zunächst der Chefkontrolleur des Österreichers Sturany. Dann erklomm er die Position, wo er am meisten Eindruck machte: Er wurde Teamchef einer Gruppe, die den Kauf des niederländischen Kommunalversorgers Essent in die Wege leitete. Der erfolgreiche Kauf ist Großmann bisher größte Leistung für den ansonsten schwerfälligen Versorger.

Der Vorstandsvorsitzende von Quelle: dpa

Zwar gelang es Terium nicht, Anteile am holländischen Atomkraftwerk Borsele zu bekommen, das auch zu Essent gehört, der Deal gilt aber in der Branche allgemein als Glanzstück. Diese Vorlage brachte Terium auf die Zielgerade bei der Suche nach einem Großmann-Nachfolger. Doch an diesem Wochenende wird noch hart gerungen. Denn Arbeitnehmervertreter, die in Terium keinen der Ihren sehen, sondern einen für die typischen Belange von RWE verständnislosen Ausländer, der das deutsche Arbeits- und Konsenssystem nicht kennt, haben noch bis zum Vorabend der Entscheidung - am Sonntag - massiven Widerstand angekündigt. Terium sei im täglichen Miteinander ein unbeschriebenes Blatt. In der Öffentlichkeit kannte Terium bis gestern so gut wie keiner.

Roels igelte sich gerne ein

Terium ist der zweite Holländer an der Spitze von RWE. Den früheren Shell-Vorstand Harry Roels holte noch der damalige Aufsichtsratschef Friedel Neuber auf den Chefsessel. Roels erwies sich als betont sachlicher, aber auch distanzierter RWE-Chef, der sich häufig in der Vorstandsetage im Essener RWE-Turm einigelte und intern nur englisch sprach. Dass er grundsätzlich nicht zu Begegnungen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement erschien, nahm dieser ihm übel. Roels war eine Nicht-Person im öffentlichen Leben der Ruhrgebiets-Welt, die sich auf ihre Netzwerker-Qualitäten - zum Beispiel im Initiativkreis Ruhr - einiges zugute hält.

Schweigsamer Finne

Dass die deutsche Energiebranche eingekapselt ist, sich national abschottet und nur noch Nabelschauen zelebriert, kann man eigentlich nicht mehr sagen. Das ist ein Vorwurf von gestern. Eigentlich sind nur EnBW-Chef Hans-Peter Villis, ein gebürtiger Castrop-Rauxeler, und E.On-Lenker Johannes Teyssen, ein waschechter Hildesheimer, deutsche Gewächse mit dezidierter Stadtwerke-Erfahrung in ihrem Berufsleben. Das strahlt Bodenständigkeit und Sinn für das Pragmatische aus. Der Chef des viertgrößten in Deutschland agierenden Versorgers Vattenfall ist Finne.

Tuomo Hattakka hält sich nach Kräften aus allem heraus, sein Jurist kündigt Schadensersatzklagen wegen des von der Politik erzwungenen Atomausstiegs an. Der Finne dagegen bleibt schweigsam. Nun also Terium. Ist er ein aseptisch wirkender Roels? Dann zieht sich die Energiebranche künftig ganz gewaltig in ihr Schneckenhaus zurück. Aber immerhin ist sie international.

So international, dass E.On-Chef Teyssen bei öffentlichen Auftritten gerne betont, dass er mit einer Amerikanerin verheiratet ist. Wenigstens etwas.

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