CPH-Gründer Schüttpelz Klebstoff für Brötchen

Er fing als Aushilfskraft an, heute ist er einer der Besten seiner Branche: Der Essener Klebstoffspezialist Gerwin Schüttpelz verbindet Streben nach Qualität mit Improvisationskunst und Geschäftssinn. Der Drang nach Osten sicherte seine Existenz.

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Gerwin Schüttpelz Quelle: Frank Reinhold für WirtschaftsWoche

Man nehme einen 100-Liter-Bottich, gieße Wasser hinein, gebe stinknormalen Tapetenkleister dazu, rühre die Pampe durch, fülle sie in handliche Fässer – fertig. Wenn Gerwin Schüttpelz von seinem ersten, selbst produzierten Klebstoff erzählt, muss er heute noch lachen: „Die Abnehmer wollten sich nicht lange mit dem Anrühren des Klebers aufhalten und waren zufrieden, wenn der Kleber klebte und pünktlich geliefert wurde.“

Gerade 28 Jahre war Schüttpelz damals, 1977, und Jurastudent in Bochum. Sein Produkt – Klebstoff für Brötchen- und Kuchentüten etwa – rührte er zu dieser Zeit im Keller des elterlichen Hauses in Essen an. Heute macht Schüttpelz das mit seiner Firma CPH, die 70 Millionen Euro im Jahr umsetzt. Damit ist er einer der größten Hersteller von Spezialklebstoffen für die Lebensmittelindustrie weltweit.

Sein Weg aus der Klitsche in die Königsklasse ist so skurril wie typisch für den Ruhrpottler. Der heute 61-Jährige paarte rigoroses Streben nach Qualität mit Improvisationskunst und Geschäftssinn.

Der zeigte sich erstmals, als Schüttpelz 1973 mit dem Geschäft rund um Klebstoffe in Kontakt kam. Ein Händler hatte einen Lkw-Fahrer zur Aushilfe gesucht. Schüttpelz, Student und von Branchenkenntnissen unbeleckt, gelang es im Laufe der Zeit, den Umsatz des Krauters von umgerechnet 3000 Euro auf 30 000 Euro pro Jahr zu steigern. „Ich hatte bei der Anlieferung die Kunden einfach immer freundlich gefragt, ob sie sonst noch etwas brauchten“, erinnert er sich. „Und wenn mein Arbeitgeber das Produkt nicht im Programm hatte, habe ich es im Handel besorgt.“

Überflüssiger Kleber

Vom Erfolg ermuntert, gründete Schüttpelz, noch immer Student, seinen eigenen Klebstoffhandel. Er schloss das Studium ab, arbeitete jedoch nie als Jurist. Stattdessen brachte er seine Firma schnell voran. Er stellte Laboranten und Chemiearbeiter ein und stieg in das Geschäft mit biologisch abbaubaren Klebern ein, die vor 30 Jahren noch etwas Besonderes waren.

Heute ist das Unternehmen fast überall in der Welt vertreten und besitzt Produktionsstätten in Portugal, Russland und der Ukraine. CPH steht für Chemie, Produktion, Handel. Mehr als 90 Prozent des Umsatzes stammen aus dem Ausland. Besonders der Osten hat es Schüttpelz angetan. Kaum war die Mauer gefallen, stellte er Landsleute mit DDR-Pass ein, die ihm mit ihren Russischkenntnissen halfen, Märkte jenseits von Oder und Neiße zu erobern.

Der Drang nach Osten rettete Schüttpelz später sogar das wirtschaftliche Überleben. Der aufstrebende Unternehmer hatte 1991 einen Etikettierklebstoff hergestellt, der wegen einer fehlerhaften zugelieferten Komponente von einem Pilz befallen wurde. Der Schmarotzer war zwar für Menschen und Material harmlos, ließ den Klebstoff aber nach acht Wochen Lagerung immer flüssiger werden. Während die Abnehmer im Westen etliche Lieferungen zurückschickten, rissen sich die Kunden im Osten um den im eigentlichen Sinne des Wortes überflüssigen Kleber. „Die waren ja damals froh, einen Kleber zu haben, der richtig klebte“, erzählt Schüttpelz.

Heute ist der Essener mit Zweitwohnung in Moskau besessen, wenn es um Qualität geht. Was jemand im Einzelnen mache, sei egal, sagt er, „aber man muss es 100-prozentig und um der Sache willen machen“. Bei seinen Mitarbeitern gilt der ehemalige Ruderer im Deutschland-Achter als beharrlich und pingelig. Oft nervt er sie, wenn zum Beispiel abends die Gabelstapler nicht in Reih und Glied stehen. „Aber mit dieser Beharrlichkeit erreiche ich, dass unsere Produkte einen Tick besser sind als die der Konkurrenz“, sagt Schüttpelz. Das helfe ihm auch, bei der Umweltverträglichkeit seiner Kleber der Konkurrenz „immer eine Nasenlänge voraus“ zu sein.

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