Cromme tritt ab Wachwechsel bei Siemens

Der einflussreiche Manager gibt seinen letzten großen Aufsichtsratsposten ab. Quelle: dpa

Lange Jahre saß er an den Schaltstellen der deutschen Wirtschaft, nun gibt Gerhard Cromme auch den Aufsichtsratsvorsitz bei Siemens ab. Doch ein endgültiger Rückzug ist das für den erfahrenen Firmenlenker nicht.

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Er kam und geht in unruhigen Zeiten: Nach fast elf Jahren verabschiedet sich Gerhard Cromme zur Hauptversammlung am Mittwoch als Chefaufseher von Siemens. Es ist der letzte große Aufsichtsratsposten eines der einst einflussreichsten Manager Deutschlands. Der 74-jährige Cromme hat ihn länger besetzt, als sich manche Investoren das vorgestellt hatten.

Zum Abschied kann er sich dennoch auf freundliche Worte der Anleger einstellen. „Er hinterlässt ein wohlbestelltes Haus“, lobt etwa Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Nun gelte es, die Industrie-Ikone Siemens ins Digitalzeitalter zu führen, noch agiler und innovativer zu machen. Diese Aufgabe obliegt nun Crommes designiertem Nachfolger, dem früheren SAP-Co-Chef Jim Hagemann Snabe.

Den Aufsichtsratsvorsitz hatte Cromme im April 2007 übernommen, auf dem Höhepunkt des milliardenschweren Schmiergeldskandals bei Siemens. Nach dem Auffliegen schwarzer Kassen und dubioser Zahlungen in vielen Ländern stand der Elektrokonzern damals nah am Abgrund – vor allem, weil der Ausschluss von Staatsaufträgen in den USA drohte.

Cromme half maßgeblich, diese Gefahren abzuwenden und wieder Ruhe ins Unternehmen zu bringen. Der promovierte Jurist holte den Österreicher Peter Löscher als unbelasteten Mann von außen an die Konzernspitze und trieb mit ihm gemeinsam die Aufklärung voran. „Da hat er sicher die größten Verdienste“, sagt Aktionärsvertreterin Bergdolt.

Auch Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment bescheinigt dem hochgewachsenen Ex-Manager einen hervorragenden Job: „Siemens hat Herrn Cromme viel zu verdanken, sein Mut zu unbequemen Entscheidungen hat sich ausgezahlt und dem Unternehmen nach der Korruptionsaffäre einen Neustart ermöglicht. Einen solchen Aufsichtsratsvorsitzenden hätte man VW in der Dieselaffäre gewünscht.“

Doch nicht immer gab es so viele warme Worte für Cromme. Als Löscher nach einer Serie von Misserfolgen und einem Machtkampf im Aufsichtsrat im Sommer 2013 seinen Posten räumte und eine Millionen-Abfindung kassierte, trug das auch dem Chefkontrolleur auf dem nachfolgenden Aktionärstreffen viel Kritik ein. Inzwischen ist vom damaligen Führungschaos aber keine Rede mehr, denn Siemens-Chef Joe Kaeser hat die Zügel bei dem Konzern fest in den Händen.

Die Arbeitnehmervertreter im Siemens-Aufsichtsrat wünschen sich von Crommes Nachfolger, dass er wieder deutlicher zum Taktgeber für das Management wird. Gerade in Zeiten, in denen um Konzernumbau und strategische Weiterentwicklung gerungen wird, in denen der Abbau tausender Jobs sowie Werksschließungen in der Kraftwerkssparte drohen, sei ein Chefaufseher wichtig, der die Interessen von Anteilseignern und Arbeitnehmern unter einen Hut bringt, heißt es.

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