Deutsche Bahn Wie viel Bahn können wir uns leisten?

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Strecke Nürnberg-Erfurt Quelle: DPA

Die Bahn profitiert gewaltig von zu wenig Wettbewerb. Die Rendite der Nahverkehrstochter DB Regio liegt bei 13 Prozent vor Steuern. Wie lukrativ die Aufträge per Direktvergabe sind, zeigt das Beispiel der Strecke Passau–München: Früher kassierte die Bahn hier 8,50 Euro pro Streckenkilometer vom Staat. Als sie den Verkehr auf der Strecke im Rahmen einer Ausschreibung neu erobern musste, erhielt sie den Auftrag für nur 75 Cent pro Kilometer. Vor allem Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen schreiben bislang aber vergleichsweise wenig aus.

Als Mittel der Bahn, Ausschreibungen zu verhindern, gilt Kritikern die Herrschaft über das Schienennetz. Ein Ausweg wäre die Trennung von Netz und Betrieb. Doch dagegen kämpft die Deutsche Bahn vehement. Auch in Brüssel konnten Lobbyisten erreichen, dass neue Richtlinien des ersten Eisenbahnpakets, die den Wettbewerb stärken sollten, gestutzt wurden. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas schreibt eine schärfere Trennung von Netz und Betrieb nun doch nicht vor. In Brüssel ist es ein offenes Geheimnis, dass die Bundesregierung Druck auf die Kommission machte.

Es wäre ein richtiger Schritt, zumindest den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, mit dem die Deutsche Bahn Gewinne aus dem Netz an die Konzernmutter überweist, zu verbieten. Doch selbst von der Berliner Politik kommt derzeit wenig Druck in die Richtung.

Schritt 5: Ran an die Reserven

Die Deutsche Bahn war mal richtig gut. Damals, in den Fünfzigerjahren, transportierte sie mehr als 50 Prozent aller Güter in Deutschland über die Schiene. Heute liegt ihr Anteil bei 20 Prozent. Die Straße bleibt leistungsfähiger als die Schiene.

Die Deutsche Bahn muss hier nachbessern. Ist die Schiene auf der Nord-Süd-Achse eine „ernsthafte Alternative“ zur Straße, fehlten auf den Ost-West-Korridoren und internationalen Transitachsen „feste und regelmäßige Taktverkehre, die das Schienensystem gegenüber der Straße attraktiver machen“, kritisiert Rothengatter. Hier seien Reserven zu heben.

Vor allem die Schweiz kann Maßstab sein, auch wenn Vergleiche nur beschränkt möglich sind. Auf einem Kilometer Schienennetz schaffen die Eidgenossen jedenfalls doppelt so viel Personenverkehr und ein Drittel mehr Güterverkehr. Die Steuerzahler danken es: Die Schweizer zahlen pro Gleiskilometer nur ein Drittel dessen, was die Deutschen zahlen.

Die Lücke wettzumachen muss höchstes Ziel der Bahn sein, will sie mit gewisser Berechtigung Investitionen von der Straße auf die Schiene lenken. Denn Gleise sind teurer als Asphalt, so ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). So liegen die Unterhaltungskosten pro Kilometer Schiene bei 312 000 Euro pro Jahr. Ein Kilometer Fernstraße kostet 203 000 Euro. Hinzu kommt, dass deutsche Pkw-Fahrer die Kosten für Autobahnen zu 421 Prozent decken, schwere Lkws zu 210 Prozent, die Bahn dagegen zum Schienennetz nur 47 Prozent der Kosten beisteuert.

Allein die geringeren Schäden des Bahn-Verkehrs rechtfertigen ein Wohlwollen des Steuerzahlers. So verursachen allein die Unfälle auf der Straße nach einer Studie der Technischen Universität Dresden pro Jahr Kosten von mehr als 30 Milliarden Euro. Hinzu kommen Schäden für Staus, Lärm und Verkehrstote.  Allenfalls unter Berücksichtigung all dieser Kosten sehen die Wissenschaftler die Bahn gegenüber dem Auto im Vorteil.

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