Deutsche Post Global Player der Briefkonzerne

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Stratford-upon-Avon nahe Birmingham, Anfang Februar. Rund 130 000 Briefe und Päckchen stapeln sich im Depot der Stadt, als der konservative Abgeordnete Nadhim Zahawi das Postamt besucht. Zwar ist der harte Winter längst vorbei, doch im Vereinigten Königreich muss das Wetter noch immer als Entschuldigung für rückständige Arbeitsabläufe herhalten.Royal Mail gilt als Paradebeispiel für Ineffizienz. Fachleute schätzen, dass die Briefdienste Ihrer Majestät rund 40 Prozent weniger produktiv sind als die anderer europäischer Postunternehmen. Die Deutsche Post etwa sortiert rund 90 Prozent ihrer Briefe und Pakete maschinell, bei der Royal Mail ist es gerade mal die Hälfte.Notwendige Investitionen scheitern häufig an der mächtigen Postgewerkschaft. Rund zwei Milliarden Pfund investierte Royal Mail in moderne Technik, um die Kosten zu senken und einen Teil des Produktivitätsrückstands aufzuholen. Die rund 155 000 Mitarbeiter befürchteten dadurch dramatische Arbeitsplatzverluste und zogen im Herbst 2009 in einen mehrwöchigen Arbeitskampf. Um den Rückstau aufzulösen, setzte das Management Leiharbeiter ein. Die aber waren von der schieren Masse der liegengebliebenen Millionen Sendungen derart überfordert, dass sie Briefe und Päckchen auf die Straße kippten, um sie dort zu sortieren.

Private Kurierdienste

Immer mehr Unternehmen in London kehren Royal Mail deshalb den Rücken. Wer wichtige Dokumente oder eilige Firmenpost verschicken muss, bedient sich zunehmend privater Kurierdienste.Letzter Ausweg aus dieser Misere ist für die liberal-konservative Regierung nun der Verkauf. 90 Prozent von Royal Mail sollen an private Anleger gehen, zehn Prozent an die Mitarbeiter. Die Form der Privatisierung ist offen, auch ein Börsengang wird diskutiert. Auf diese Weise, so die Hoffnung, soll Royal Mail flexibler, kundenorientierter und verlässlicher werden.

Wenig Ärger aus Frankreich

Doch das klingt einfacher, als es ist. Royal Mail sitzt auf zwölf Milliarden Euro Verpflichtungen gegenüber den Pensionären. Zwar will die Regierung diese übernehmen, doch die EU-Wettbewerbshüter dürften das nur unter Auflagen akzeptieren, etwa wenn vor der Privatisierung einzelne Gesellschaften wie die Paketdienste Parcelforce und General Logistics Systems (GLS) verkauft werden. Übrig bliebe dann die unattraktive Briefpost, von der keine Gefahr für die Deutsche Post ausginge. Wenig Ärger hat der Bonner Konzern auch aus Frankreich zu befürchten

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