Deutsche Post Unerlaubte Methoden bei der Post?

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Umsatz der Deutschen Post im Briefgeschäft 2010

Die Liste derer, die von den aufgeweichten Angeboten Gebrauch machen, enthält mittlerweile beste Adressen. So befördert die Post Rechnungen, die der ADAC seinen Mitgliedern stellt, als Infopost. Das spare bei einem Versand von mehr als 22 Millionen Briefen pro Jahr so rund 4,5 Millionen Euro, heißt es dazu am Sitz des Autoclubs in München. Mit Hinweis auf das Postgeheimnis wollte sich die Post dazu nicht konkret äußern. Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) der öffentlich-rechtlichen Sendanstalten lassen ihre Zahlungsvordrucke ebenfalls als Infopost zustellen. Dies entspreche „dem Gebot“, mit Gebührengeldern „wirtschaftlich umzugehen“, erklären die Gebühreneintreiber. Die Techniker Krankenkasse (TK) lässt sogar Versichertenkarten wie einen billigen Werbeprospekt befördern. Diese Versandform, so die offizielle Begründung, entspreche „im Wesentlichen dem eines Standardbriefes“.

Dass die Unternehmen und die Post dabei sowohl sich selbst als auch sich gegenseitig etwas vormachen, zeigt ein Blick in die Geschäftsbedingungen für die Infopost. Danach dürfen Post-Mitarbeiter Infopost-Briefe ausdrücklich öffnen, um die „Einhaltung der Inhaltsgleichheit zu überprüfen“ – ein absurder Passus bei Sendungen wie Versicherungskarten, die individueller nicht sein können.

Spitzfindige Tricks

Gegen solche Tricksereien laufen die Wettbewerber Sturm. „Die Deutsche Post missbraucht die Infopost, um Großkunden den Versand von Standardbriefen zu Dumpingpreisen zu ermöglichen, obwohl es keine Werbesendungen sind“, sagt Mario Frusch, Chef von TNT Post, der Deutschland-Tochter der holländischen Post NL. Bei Preisen von 26 Cent pro Brief könnten Wettbewerber so „kaum überleben“. Die Deutsche Post setze sich ihre eigenen Regeln und verhalte sich als Staat im Staat, um den Wettbewerb auszuhebeln.

Dazu lässt sich die Post offenbar so manche Spitzfindigkeit einfallen. Um etwa individuelle Rechnungen künftig wie Prospekte eines Versandhändlers an seine Kunden als Infopost befördern zu können, strich das Unternehmen im Internet zum Jahreswechsel 2011 eine wichtige Produktinformation. Die besagte, dass bei Infopost die Angabe von „Euro-Beträgen“ für das Angebot einer „Neuleistung“ stehen müsse, sprich: etwa für den Verkauf von Produkten. Durch den Wegfall dieser Klausel sollen wohl nun auch die „Euro-Beträge“ auf Rechnungen infopostfähig werden.

Auch Datenschützern ist die Praxis ein Dorn im Auge. So verschickt die Postbank EC-Karten als Infopost und begründet dies mit „betriebswirtschaftlichen Entscheidungen“. Der zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) in Nordrhein-Westfalen macht dahinter große Fragezeichen. „Nach den Datensicherheitsanforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes sind Daten auf ihrem Transport vor unbefugtem Lesen zu schützen“, erklärte der LDI auf Anfrage der WirtschaftsWoche. „Dieser Sicherheitsanforderung würde bei dem Versand per Infopost möglicherweise nicht ausreichend entsprochen.“ Bei Bankdaten, wie sie regelmäßig auf einer Bankkarte aufgebracht sind, ist dies „besonders kritisch“.

Ein Verbot der fragwürdigen Post-Methoden wäre ein wichtiges Signal für die Wettbewerber, die sich unverändert schwertun. TNT etwa erzielte seit Einstieg im Jahre 2000 noch keine Gewinne und zieht sich aus einzelnen Regionen wie München und Hamburg zurück. In der Hansestadt habe TNT „absolute Kampfpreise angeboten“, um Sendungen des Senats zu befördern, sagt Frusch. Doch die Regierenden ließen die Niederländer abblitzen, weil ihr Angebot „unangemessen niedrig“ sei und „nicht erkennen lasse“, inwieweit zum Beispiel „die zu erwartende Einführung eines Mindestlohns in der Postbranche“ darin „abgebildet“ werde. Dabei ist ein Mindestlohn längst passé.

Der Auftrag der Stadt geht nun an die Deutsche Post. Parallel dazu wirbt Brief-Vorstand Jürgen Gerdes bereits für weitere staatliche Unterstützung: „Wir glauben, dass es nach 14 Jahren ohne Preiserhöhungsmöglichkeit Zeit wird, dass wir in die Lage kommen, die Preise zu erhöhen.“

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