Deutsche Telekom Sorgenkind T-Systems soll von Krise profitieren

Seite 2/3

tsystems

Clemens will das gesamte Unternehmen auf den Gewinn von Big Deals ausrichten – und stößt weniger interessante Randbereiche ab. 2008 verkaufte der T-Systems-Chef den Bereich Media & Broadcast, der vor allem die Sendernetze der Rundfunkanstalten betrieb. Am 1. Januar schob er die 160.000 Mittelstandskunden zur Privatkundensparte T-Home ab und stutzte das eigene Geschäft noch einmal um zwei Milliarden Euro. Fast den gesamten Vorstand tauschte Clemens aus, auch viele Auslandschefs mussten ihren Platz räumen.

Die neuen Häuptlinge sind jetzt die Großkundenbetreuer, intern Key-Account-Manager genannt, mit sehr weitreichenden Weisungsbefugnissen. „Früher gab es viele Fürstentümer“, sagt Vertriebschef Langmack, der – wie Clemens – vom Konkurrenten EDS zu T-Systems wechselte. Statt mit den Kunden habe sich das Unternehmen nur mit sich selbst beschäftigt. Bei den Angriffs-Teams im GBDC ist das schon anders. Hier zählt nur noch „Kundenfokus“ und „Teamwork“ – und dann merken die Mitarbeiter, so Langmack, dass „T-Systems auch Muskeln hat“.

Die Wirtschaftskrise beschert der IT-Branche auch eine Chance

Die Aufräumarbeiten gehen weiter. „Wir machen das Unternehmen schlanker“, kündigt Clemens an und will vor allem das Deutschland-Geschäft straffen. Die derzeit gut 27 000 Mitarbeiter sind nicht nur bei der Muttergesellschaft beschäftigt, sondern auch bei überall im Land verstreuten Tochtergesellschaften mit mehr als 120 Standorten, die vor allem an speziellen IT-Lösungen für bestimmte Branchen und Behörden arbeiten.

Gleichzeitig braucht T-Systems dringend mehr Neukundengeschäft, um Umsatzverluste aufzufangen. Fast täglich rufen Chief Information Officer (CIO) an, um eine Kürzung der IT-Kosten zu diskutieren. Laufende Projekte werden überprüft und langfristige Verträge nachverhandelt, um die Sparvorgaben der Zentralen einzuhalten. „Wenn ich einen Wunsch frei hätte“, sagt der CIO eines großen deutschen Autozulieferers, „dann wäre es eine Kostensenkung um 50 Prozent.“

Doch die Wirtschaftskrise beschert der IT-Branche auch eine Chance. Der Branchenverband Bitkom rechnet damit, dass 2009 die IT-Umsätze um 7,2 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro wachsen werden. „In der aktuell schwierigen Lage denken auch Unternehmen, die Outsourcing bisher skeptisch gegenüberstanden, über eine Auslagerung von Prozessen und Dienstleistungen nach“, ergab eine Bitkom-Umfrage. Im Global Big Deal Center spürt man das schon: Die War Rooms sind auf Wochen ausgebucht.

Ortstermin Bonn, Post-Tower, Zentrale der Deutschen Post, Charles-de-Gaulle-Straße 20. Einer, der gerade Großaufträge vergibt, ist Barry Bourne. Der Top-Manager der Deutschen Post gehört zu den besten T-Systems-Kunden. Ähnlich große Aufträge wie die Deutsche Post haben nur Daimler, Volkswagen, EADS und Shell an die Telekom-Tochter zu vergeben.

Traditionell hält der Leiter des Bereichs Global Telecom Services enge Beziehungen zur Deutschen Telekom. Beide Unternehmen gingen Anfang der Neunzigerjahre aus der Deutschen Bundespost hervor. Seitdem verschickt die Telekom alle Telefonrechnungen mit der gelben Post. Und die Post nutzt die Telekom für die Vernetzung aller Standorte und Filialen – zumindest in Deutschland können sich die beiden aufeinander verlassen.

Nur zu gern würde T-Systems auch im Ausland stärker mit dem inzwischen weltweit tätigen Logistik-Konzern ins Geschäft kommen. Doch mit Kampfpreisen durchkreuzen die Konkurrenten diesen Plan. Bis Ende 2010 muss Post-Chef Frank Appel eine Milliarde Euro einsparen – und einen dreistelligen Millionenbetrag sollen die von Bourne beauftragten IT-Dienstleister beisteuern. Gerade erst er hat er den Betrieb der europäischen Mobilfunk-, Festnetz- und Datendienste für 125.000 Mitarbeiter an 2400 Standorten in 28 europäischen Ländern neu ausgeschrieben und an die spanische Telefónica vergeben. „Statt 84 haben wir jetzt einen Vertragspartner und sparen mehr als 150 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren“, sagt Bourne. T-Systems, die die Mobilfunk- und Festnetzdienste bei den Telekom-Schwestersparten eingekauft hätte, erreichte nicht mal das Finale. Um den Zuschlag kämpften Telefónica und AT&T.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%