100 Tage Tom Blades Der Bilfinger-Karren steckt noch im Dreck

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Hindernis drei: Bilfinger misstraut seinen Märkten


Auf die Erträge der soliden Gebäudemanagement-Sparte konnte sich Bilfinger verlassen. Noch im Oktober 2015 hat sie der damalige Vorstandschef Utnegaard zum Kerngeschäft gezählt – um wenige Wochen später die Verkaufsverhandlungen zu bestätigen. Was nun übrig ist vom damals eingegrenzten Kerngeschäft ist die Sparte Industriedienstleistungen. Was Blades wider Willen weiter führen muss, ist das unter der Energiewende leidende Geschäft mit Kraftwerksdienstleistungen. Diesen Geschäftsbereich versuchte Utnegaard en bloc zu verkaufen. Das aber ist misslungen und ein Einzelverkauf der Unternehmen mühsam. Bei dieser Ausgangslage ist die wohl größte Schwierigkeit von Blades, in den nächsten Wochen eine Strategie zu benennen, die Mitarbeiter und Investoren überzeugt und die tatsächlich zukunftsfähig ist.

Über Bord geworfen hat Blades offenbar schon die Utnegaard-Doktrin, Bilfinger solle nur noch in Europa Geschäfte machen und alles andere sein lassen. Jüngst verkündete Bilfinger neue Deals in Iran und Texas.

Die Frage ist, ob neue Geschäftsabschlüsse den misstrauischen Blick auf die eigenen Märkte nachhaltig aufhellen. Vor wenigen Monaten noch hatte der Konzern im Geschäftsbericht 2015 gewarnt, „aufgrund der Nachfrageschwäche im Öl- und Gasbereich“ sei 2016 im gesamten Industrieservicegeschäft ein „deutlicher Rückgang der Leistung gegenüber 2015“ zu erwarten. Mitteilungen wie die vom 6. Oktober, Bilfinger habe im norwegischen Öl- und Gasmarkt mit Statoil und einem weiteren Kunden Aufträge im Wert von 270 Millionen Euro verlängert, stimmen hingegen optimistisch.

Nicht zuletzt deshalb steigt der Bilfinger-Kurs, der von 93 Euro (2014) bis kurz vor Blades Amtsantritt auf 25 Euro abgestürzt war, wieder über die 30-Euro-Marke. Zum hundertsten Amtstag kann sich Blades rund 14 Prozent Kursgewinn ans Revers heften. Optimistische Analysten geben gar ein Kursziel von 50 Euro aus.

Aber ist das schon die Trendwende? Zahlen über die Öl- und Gas-Sparte gab Blades bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen nicht preis. Stattdessen nannte er wie üblich bei Bilfinger keine detaillierten Zahlen der einzelnen Divisionen und ihrer einzelnen Unternehmen.

Die Unsicherheit in der Belegschaft ist riesig - überall im Rest-Unternehmen. Welche Bilfinger-Töchter im Kraftwerksservice- und im Bereich Industriedienstleistungen werden saniert, um sie zu behalten und welche, um sie zu verkaufen? Wie hoch sind die Sanierungskosten, die auf Bilfinger zukommen? Wie viele Stellen werden dabei abgebaut?

Die Zahl der Mitarbeiter in der Zentrale etwa will Blades durch ein Freiwilligen-Programm senken, wurde Ende September bekannt. Ältere Beschäftigte, die zum Abschied bereit sind, sollen pro Jahr Betriebszugehörigkeit ein Monatsgehalt als Abfindung bekommen. Hinzu kommen Sprinterprämien. Jeder der gut 300 Beschäftigten in der Verwaltung kann das Angebot annehmen. Wie viele Stellen auf diese Weise abgebaut werden sollen, ist offen. Ein Arbeitnehmervertreter erwartet aber „starke Nachfrage, da die Stimmung in der Belegschaft ganz mies ist“.

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