Air Berlin Das Fantreffen der Krisen-Airline

Air Berlin weicht bei der Hauptversammlung allen heiklen Punkten aus und verspricht für 2018 ein fast unmögliches positives Ergebnis. Die Aktionäre schwören bei Currywurst und roten Schokoherzen trotzdem bedingungslose Treue.

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Air Berlin Quelle: dpa

Thomas Winkelmann hätte am Mittwoch eigentlich den schwersten Tag seiner knapp fünf Monate als Air Berlin-Chef haben müssen. Nicht nur, dass die Zahlen immer schlechter werden. Die Linie vergraulte ihre Kunden durch mehrere Tausend abgesagte Flüge. Kein Wunder, dass der Rest der Branche unkt, das Aktionärstreff am Flughafen Heathrow könnte das letzte der Linie sein.

Tatsächlich hat Winkelmann einen recht angenehmen Tag. Die rund 25 Kleinaktionäre, die ins leicht verstaubte Park Inn Hotel an einer mehrspurigen Ausfallstraße kommen, sind keine kritischen Anleger, die seit dem Börsengang bis zu 95 Prozent ihres Investments verloren haben. Es sind überwiegend treue Fans der angeschlagenen Airline.

Der 57-jährige Winkelmann, der seine Karriere als eine Art Reiseleiter begonnen hatte, trübt die gute Laune auch nicht durch schlechte Nachrichten, sondern macht trotz der drastischen Probleme nach Kräften gute Stimmung. Da nehmen es ihm seine Anteilseigner auch nicht übel, dass der ehemalige Lufthansa-Manager in entscheidenden Punkten Antworten schuldig bleibt. 

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Die Flüge seien seit dem 1. Juni wieder zuverlässig und pünktlich, sagt Winkelmann, der sich erneut für die großen Verspätungen und Streichungen von April und Mai entschuldigt. „Wir haben uns gemeinsam maßlos über diesen Zustand geärgert und haben alles getan, um ihn zu beenden“, beteuert der Chef. Mittlerweile gehe es besser, wenn auch der neue Bodenpersonal-Dienstleister in Berlin-Tegel immer noch Probleme habe. Nur über die finanzielle Entschädigung für die aufgebrachten Kunden verliert er kein Wort.

Aktionäre und Journalisten stehen am 14.06.2017 in London vor der Hauptversammlung der Fluggesellschaft Air Berlin. Quelle: dpa

„Eine Landesbürgschaft von Nordrhein-Westfalen und Berlin wäre als Unterstützung für den Umbau willkommen“, fährt Winkelmann fort. Er betont aber, bisher habe man nur eine „Voranfrage“ gestellt und keine Bürgschaft beantragt. „Wir wollen keine Steuergelder und wir wollen nicht verstaatlicht werden.“ Aus Verantwortungsgefühl gegenüber den knapp 8000 Mitarbeitern lote er alle Möglichkeiten aus. 

Die Liquidität des Unternehmens sei im Übrigen weiterhin gesichert, hier habe sich seit April nichts geändert. Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent an Air Berlin hält und die Airline durch Finanzspritzen von bis zu anderthalb Milliarden Euro seit 2012 am Leben erhält, wolle nicht aussteigen.

Um eine Antwort verlegen war der eloquente ehemalige Chef des Lufthansa-Billigablegers Eurowings nur bei der Frage, wann Lufthansa oder sonst ein Partner einsteigen könnte: „Kein Kommentar“, sagte Winkelmann nur knapp.  Das sprach vielen Aktionären aus der Seele. „Mit einer Übernahme durch Lufthansa ginge doch die Identität und alle Tradition verloren“, warnt Marco Ebert, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirugie, der ursprünglich aus Leipzig stammt. Dass die Fluggesellschaft pleitegehen könnte, fürchtet er übrigens nicht. „Die Bundesregierung kann es sich gar nicht leisten, das Unternehmen in einem Wahljahr über die Klinge springen zu lassen,“ sagt Ebert zuversichtlich und schwärmt von vergangenen Zeiten:  „Air Berlin hat mir die Welt gezeigt“. Dann räumt er aber doch ein, das jüngste Chaos habe sogar ihn geärgert. „Das geht so nicht, wenigstens Entschädigung muss gezahlt werden“.

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