Air Berlin EU-Wettbewerbshüter stimmen Millionen-Kredit zu

Vor gut drei Wochen hat Air Berlin mitten in der Ferienzeit Insolvenz beantragt. Mit staatlicher Unterstützung soll die Airline trotzdem in der Luft bleiben. Brüssel hat dagegen keine Einwände.

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Air Berlin: EU-Wettbewerbshüter stimmen Millionen-Kredit zu Quelle: dpa

Die insolvente Air Berlin kann ihren Betrieb vorerst aufrecht erhalten. Die EU-Kommission ebnete am Montag den Weg für einen umstrittenen staatlichen Kredit, mit dem die Flugzeuge der Gesellschaft bis zu einem endgültigen Verkauf in der Luft bleiben können. Das verlustreiche Unternehmen hatte in den Sommerferien Insolvenz beantragt, fliegt aber weiter - ausgenommen einige Langstreckenverbindungen, die von Mitte September an gestrichen werden.

Der Bund will Air Berlin über die staatliche KfW 150 Millionen Euro leihen. Die Zahlung stehe im Einklang mit EU-Recht, teilten die Brüsseler Wettbewerbshüter nun mit. Sie gewährleiste die geordnete Abwicklung der Air Berlin, ohne den Wettbewerb übermäßig zu verfälschen.

Ohne die Kreditzusage hätten die Maschinen unmittelbar nach dem Insolvenzantrag am Boden bleiben müssen, betonte Air Berlin am Montag. „Dank der tatkräftigen Hilfe der Bundesregierung können wir die Investorensuche mit voller Kraft fortsetzen“, sagte Vorstandschef Thomas Winkelmann. Die zweitgrößte deutsche Airline verhandelt derzeit mit dem Marktführer Lufthansa und weiteren Interessenten über den Verkauf von Unternehmensteilen.

Das ist Air Berlin

Der Staatskredit der Bundesregierung ist hoch umstritten. Der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, Michael O'Leary, hatte den Kredit als indirekte illegale Hilfe für die Lufthansa kritisiert, er warnt zudem vor einem Monopol der größten deutschen Airline. Auch die Fluggesellschaft Germania geht gegen die Millionenhilfe vor.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) begrüßte die Entscheidung der Wettbewerbshüter hingegen. „Brüssel hat einmal mehr bewiesen, dass Entscheidungen schnell fallen können, wenn es wirklich nötig ist“, teilte sie mit.

Entscheidend für das Votum aus Brüssel war, dass der Kredit in Tranchen ausgezahlt wird und die Fluggesellschaft ihren Finanzbedarf jede Woche nachweisen müsse. Deutschland müsse zudem sicherstellen, dass der Kredit vollständig zurückgezahlt werde oder einen Abwicklungsplan für Air Berlin vorlegen.

Die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen drängen mögliche Käufer, möglichst viele der mehr als 8000 Arbeitsplätze zu erhalten. „Unser Ziel ist es, dass wir nicht nur über Flugzeuge und Slots reden, sondern auch über das Personal“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach einem Treffen mit Arbeitnehmervertretern in Berlin. Es gehe um gute Arbeitsplätze. Düsseldorf und Berlin, die beiden größten Air-Berlin-Flughäfen, müssten wichtige Luftverkehrsstandorte bleiben.

Die spektakulärsten Airline-Pleiten
Mit Air Berlin hat die zweitgrößte Airline Deutschlands Insolvenz angemeldet. Die Pleite bahnte sich seit längerem an: Das Unternehmen mit rund 8.600 Beschäftigten schrieb seit Jahren Verluste und hielt sich hauptsächlich durch Finanzspritzen ihres Großaktionärs Etihad noch in der Luft. Am Freitag drehte die nationale Airline der Vereinigten Arabischen Emirate den Berlinern aber den Geldhahn zu. Mit dem Kredit von 150 Millionen Euro stellt nun der Bund den Flugbetrieb vorerst sicher. Quelle: dpa
Air Berlin ist kein Einzelfall. Die goldenen Zeiten der Luftfahrt sind seit der Liberalisierung des Marktes, die in den 1980er-Jahren einsetzte, vorbei. Seitdem regiert ein knallharter Wettbewerb die Lüfte. Auch die Branchenkrise nach den Anschlägen des 11. September 2001 und das Aufkommen der Billigflieger sorgen dafür, dass viele bekannte Airlines in die Pleite gerutscht sind. Quelle: dpa
Wie kein zweites Unternehmen stand „Pan Am“ für das glamouröse Jet-Zeitalter. 1927 flogen die ersten Postflugzeuge unter dem Namen zwischen Florida und Havanna. Schnell wurde das Unternehmen zu einer der größten US-Fluggesellschaften. Die Airline war eine der ersten, die Interkontinentalflüge anbot, und setzte zahlreiche Standards in der zivilen Luftfahrt. Das blau-weiße „meatball“-Logo von Pan American genießt bis heute Kultstatus. Quelle: imago images
In den 1980er-Jahren begann der Stern von Pan Am zu sinken. Durch die Deregulierung des US-Marktes kamen zahlreiche Konkurrenten auf. 1988 wurde über dem schottischen Lockerbie eine Maschine durch einen Terroranschlag zum Absturz gebracht, was das Vertrauen der Öffentlichkeit erschütterte. 1991 folgte die Übernahme durch Delta Air Lines. Quelle: imago images
Auch TWA gehörte zu den Pionieren der Luftfahrt. Gegründet 1930 als „Transcontinental and Western Air“, machte der exzentrische Milliardär Howard Hughes („The Aviator“) das Unternehmen zur zeitweise größten Airline der Welt. Hinter Pan Am war TWA die inoffiziell zweite Flaggschiff-Gesellschaft der USA. 1985 kaufte der Investor Carl Icahn TWA. Quelle: imago images
In den 1990er-Jahren musste TWA zwei Mal in kurzer Folge Gläubigerschutz beantragen. 1996 starben beim Absturz einer Boeing 747 über dem Atlantik 230 Menschen. Die stark geschrumpfte Airline kam 2001 wieder in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von Konkurrent American Airlines übernommen. Quelle: picture alliance
1931 gegründet galt die Airline wegen ihrer finanziellen Stabilität lange als „fliegende Bank“. Aufgrund der politischen Neutralität der Schweiz konnte SwissAir zahlreiche lukrative Ziele in Afrika und im Nahen Osten anfliegen. Quelle: picture alliance

Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission. Zugleich kritisierte sie, die bislang bekannten Bieter-Unternehmen hätten kein oder nur ein geringes Interesse an den Beschäftigten. Air-Berlin-Chef Winkelmann unterstrich jedoch: „Wir haben von Anfang an bei den Verhandlungen großen Wert darauf gelegt, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. Das gilt weiterhin.“

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