Falls überhaupt nennenswerte Lücken entstehen, werden die profitablen schnell von anderen Airlines besetzt werden. Denn neben der Lufthansa und womöglich Easyjet haben bereits andere Fluggesellschaften angekündigt, sich an dem Streckennetz beteiligen zu wollen.
So interessiert sich etwa der Reisekonzern Thomas Cook für Teile von Air Berlin. Thomas Cook und die Ferienflug-Tochter Condor stünden für eine "aktive Beteiligung an der Zukunft von Air Berlin bereit", sagte ein Thomas-Cook-Sprecher. Air Berlin und die Tochter Niki befördern bereits einen Teil der Gäste von Thomas Cook in den Urlaub. "Thomas Cook und Condor sind bereit, eine aktive Rolle bei möglichen Auffanglösungen zu spielen", sagte der Sprecher. Diese müssten aber nachhaltig und kartellrechtlich zulässig sein.
Dass eine Aufteilung von einzelnen produktiven Teilen Air Berlins für den Fall einer Insolvenz schon länger geplant gewesen sein könnte, deuten Branchenkenner dieser Tage vermehrt an. Etihad hatte bereits im vergangenen Jahr Air Berlin dreigeteilt – in Air Berlin, den Urlaubsflieger Niki und den Teil, der für Eurowings Flüge übernimmt. Offiziell gelten sie zum jetzigen Zeitpunkt als drei getrennte Unternehmen. „Das könnte die Strategie von Etihad gewesen sein, die funktionierenden Teile von Air Berlin vor der Insolvenz herauszulösen. Um sie dann selbst zu verwenden oder profitabel an einen Dritten weiterzuverkaufen. Der Rest kann dann Konkurs gehen", so ein Insider gegenüber der WirtschaftsWoche Online. Ob die verschiedenen Teile auch losgelöst von der Insolvenz agieren können, ist derzeit noch unklar.
Die Aufteilung zeigt aber schon jetzt: Air Berlin ist bereits nach seinen Filetstücken aufgeteilt – fertig zum Verkauf sozusagen.
Was geschieht mit den einzelnen Teilen von Air Berlin?
Eines dieser Filetstücke ist Niki. Unter diesem Namen hat Air Berlin jene Flüge gebündelt, die die Airline einst groß gemacht haben: das Touristikgeschäft. Air Berlin selbst konzentriert sich inzwischen auf innerdeutsche Flüge zwischen Städten wie Berlin (Tegel), Düsseldorf, München, Hamburg, Köln/Bonn und Stuttgart. Dazu gehen von Düsseldorf und Tegel aus einige Langstrecken-Verbindungen in die USA. Der große Rest, also die Ferienflüge von Deutschland aus zu Sonnenzielen wie Palma de Mallorca, Teneriffa oder Malaga werden seit dem Sommerflugplan ausschließlich von Niki bedient.
„Niki ist von der Substanz her tragfähig", so der Insider gegenüber WirtschaftsWoche Online. Offen ist aber, wie stark Niki von der Insolvenz betroffen ist. Etihad hat zwar bereits 300 Millionen Euro für die Niki-Anteile von Air Berlin bezahlt und sie damit faktisch übernommen. Doch die Fluggesellschaft gehört wegen der Insolvenz weiterhin Air Berlin, das Geld dürfte für den Aktionär aus Abu Dhabi verloren sein. "Der Vertrag gilt als schwebend unwirksam", sagt ein Insolvenzrechtler.
Der ursprüngliche Plan von Etihad, Niki mit TUIfly zu fusionieren, war gescheitert. Der Ferienflieger TUIfly fliegt aber für Niki mit eigenem Personal und geleasten Flugzeugen. Der deutsch-britische Reisekonzern TUI hat auch Passagiere auf Air-Berlin-Flüge gebucht. Um diese beiden Themen geht es auch in den Gesprächen mit Air Berlin. Eine Übernahme von Unternehmensteilen durch TUI steht Insidern zufolge derzeit nicht zur Debatte.
Der zweite Teil, den Air Berlin schon von der eigentlichen Kernmarke abgelöst hat, sind jene 40 Flugzeuge samt Besatzungen, die Flüge für Eurowings durchführen. Der Insider hält das aus Sicht von Air Berlin für ein gutes Geschäft. „Von den an Eurowings abgetretenen Fliegern erhält Air Berlin einen stabilen Cashflow. Deshalb kann es sein, dass die 150 Millionen Euro Kredit eine Weile ausreichen."
Teil drei ist der große Rest. Dazu zählen sowohl Langstrecken-Flüge wie die US-Verbindungen etwa aus Düsseldorf oder Berlin, als auch die innereuropäischen und innerdeutschen Strecken, die noch unter Air-Berlin-Logo fliegen. Diese könnten zerschlagen und in Teilen an Konkurrenten verkauft werden. Beispielsweise Start- und Landerechte in Berlin und Düsseldorf an Easyjet, sollte sich der Reuters-Bericht bewahrheiten. Oder rentable Kurz-, Mittel- und Langstrecken an Lufthansa-Tochter Eurowings – auch die dürften bereits Teil der Verhandlungen sein.