Was hat Air Berlin genau beantragt?
Die Fluggesellschaft Air Berlin hat einen Insolvenzantrag gestellt. Man sei „zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Air Berlin PLC keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht“, hieß es in einer Pflichtmitteilung an die Börse.
Vor diesem Hintergrund hätten sie beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, teilte Air Berlin mit. Bei dieser Variante des Insolvenzverfahrens würde das Management des Unternehmens weiter die Geschäfte führen. Das Gericht hat inzwischen ein solches Verfahren angeordnet.
Wie die WirtschaftsWoche berichtet, sollen die Juristen Frank Kebekus und Lucas Flöther Air Berlin durch das Insolvenzverfahren steuern. Flöther wurde vom Amtsgericht Berlin Charlottenburg bestätigt.
Was passiert mit den Urlaubern, die in den kommenden Tagen mit Air Berlin fliegen wollen?
Sie können aufatmen. Da der Bund einen Kredit zur Verfügung gestellt hat, soll der Flugbetrieb uneingeschränkt weiter gehen. „Aufgrund der insolvenzrechtlichen Regelungen wäre Air Berlin verpflichtet gewesen, den Flugbetrieb unmittelbar nach Einreichung des Insolvenzantrags einzustellen. [...] Dieser Übergangskredit wird durch die KfW zur Verfügung gestellt und durch eine Bundesbürgschaft abgesichert“, teilten das Bundeswirtschafts- und Verkehrsministerium in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Wir befinden uns in einer Zeit, in der sich mehrere Zehntausend Reisende sowie Urlauberinnen und Urlauber an verschiedenen internationalen Urlaubsorten und Destinationen aufhalten. Der Rückflug dieser Reisenden nach Deutschland mit Air Berlin wäre andernfalls nicht möglich gewesen. Kurzfristige Alternativen für einen Rückflug dieser Reisenden nach Deutschland waren nicht zu gewährleisten.“
Warum hat Air Berlin das gemacht?
Weil Etihad kein Geld mehr zuschießen will und die Geduld mit der deutschen Krisen-Airline verloren hat. Etihad könne kein weiteres Geld bereitstellen, erklärte die Airline aus Abu Dhabi nach dem Insolvenzantrag von Air Berlin. „Diese Entwicklung ist äußerst enttäuschend für alle Beteiligten, vor allem da Etihad in den vergangenen sechs Jahren weitreichende finanzielle Unterstützung für Air Berlin während früherer Liquiditätskrisen und für deren Sanierungsbemühungen gewährt hat.“ Erst im April habe Etihad weitere 250 Millionen Euro zugeschossen. „Doch das Geschäft von Air Berlin hat sich in einer beispiellosen Geschwindigkeit verschlechtert.“
Als Minderheitsaktionär könne Etihad kein weiteres Geld zuschießen und das eigene Risiko erhöhen. Die Fluggesellschaft war 2011 bei Air Berlin eingestiegen und hält knapp 30 Prozent an der Airline.
Wie die Deutsche Presseagentur dpa inzwischen berichtet, soll sich der Insolvenzantrag bereits Ende vergangener Woche abgezeichnet haben. Unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtet die dpa, soll Etihad bereits am Mittwoch eine vereinbarte Kredittranche in Höhe von 50 Millionen Euro nicht überwiesen haben. Am Freitagabend habe Etihad dann mitgeteilt, Air Berlin künftig nicht mehr zu unterstützen, hieß es. Die 50 Millionen Euro wären Teil eines Darlehens über 350 Millionen Euro gewesen, den der Großaktionär Etihad Air Berlin Ende April zugesagt hatte.
Das ist Air Berlin
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.
Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.
Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Hätte Air Berlin nicht sofort per Ad-hoc-Mitteilung melden müssen, dass der Kredit nicht überwiesen wurde?
Diese Frage könnte zu einem späteren Zeitpunkt die Gerichte beschäftigen. Nach den Darstellungen der von der Deutschen Presseagentur zitierten Unternehmenskreise musste Air Berlin die neue Lage nicht sofort melden, weil sie sich damit selbst geschadet hätte. Die Argumentation: Ohne die erfolgreichen Verhandlungen mit der Bundesregierung über einen Brückenkredit, die jetzt den Flugbetrieb vorerst weiter ermöglichen, hätte das die sofortige Einstellung des Flugbetriebs bedeutet – und damit dem Unternehmen, den betroffenen Kunden und auch den Anteilseignern mehr geschadet.