Die angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin hat im Streit über die Gemeinschaftsflüge mit der arabischen Etihad einen juristischen Etappensieg erzielt. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg genehmigte 26 der 31 umstrittenen Codeshare-Flüge, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte. Es begründete die Entscheidung damit, dass die Auslandsflüge vom Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgedeckt seien. Auf fünf innerdeutschen Strecken seien die Gemeinschaftsflüge hingegen nicht zulässig.
Der Streit um die Codeshare-Flüge tobt seit Monaten und dreht sich im Kern um die Frage, wo Etihad aus Abu Dhabi in Deutschland landen darf. Nicht-europäische Fluglinien wie Etihad brauchen eine Erlaubnis für ihre Starts und Landungen.
Das regelt ein Verkehrsrechtsabkommen zwischen Deutschland als Flugziel und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) als Heimat von Etihad aus den neunziger Jahren. Da steht, dass sich Linien aus den Emiraten vier deutsche Städte aussuchen dürfen, die sie mit eigenen Maschinen anfliegen. Für Etihad sind das Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München. Um auch andere Ziele anzufliegen, nutzt Etihad die Gemeinschaftsflüge mit Air Berlin.
Die Chronik von Air Berlin
Vor 38 Jahren hob der erste Air-Berlin-Flieger ab. Alles begann mit alliierten Sonderrechten zur Landung im geteilten Berlin. Nach der Wende wuchs Air Berlin zur Nummer Zwei am Himmel über Deutschland heran, doch dann folgte eine jahrelange Krise.
1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.
1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag. Air Berlin expandiert und stationiert zunehmend auch Flugzeuge auf Regionalflughäfen.
1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft.
Einstieg zu 25 Prozent bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda.
Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba.
Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge.
Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, legt das erste Sparprogramm auf: Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.
Air Berlin kündigt für 2012 den Eintritt in das Luftfahrtbündnis Oneworld an.
Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm soll das operative Ergebnis um 200 Millionen Euro verbessern. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.
Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Airline mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Ein neues Sparprogramm beginnt. Der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Großaktionär Etihad bringt nur vorübergehend wieder schwarze Zahlen.
Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das von Mehdorn im Vorjahr aufgelegte neue Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.
Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.
Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden.
Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.
Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes soll den Flugbetrieb zunächst sichern.
Fast 40 Jahre nach dem Start der ersten Air-Berlin-Maschine in Berlin-Tegel landet am 27. Oktober 2017 um 23.45 Uhr der letzte Air-Berlin-Flieger dort. Die Zukunft der Angestellten und vieler Unternehmensteile ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.
Bei den Gemeinschaftsrouten erhalten Air-Berlin-Verbindungen eine Flugnummer von Etihad und umgekehrt. Etihad kann so mehr Ziele weltweit anbieten, während Air Berlin damit die Auslastung der Flugzeuge erhöht.
Doch nicht nur deshalb ist diese Kooperation für Deutschlands zweitgrößte Linie so wichtig: Etihad hat wiederholt betont, die Flüge seien ein wesentlicher Grund für das Engagement in Berlin. Die arabische Gesellschaft ist seit 2011 Air-Berlin-Aktionär und hält derzeit einen Anteil von 29,2 Prozent. Geldspritzen aus den Emiraten haben Air Berlin in der Vergangenheit immer wieder über Wasser gehalten.
Zuletzt hatten Etihad und Air Berlin die Bundesregierung heftig kritisiert und sich über eine mangelnde Unterstützung beklagt.