Air Berlin und Lufthansa Jetzt geht der Ärger richtig los

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Ex-Air-Berliner könnten sich einklagen

Der sagt: Wer einen Unternehmensteil kauft, muss mit den Mitarbeitern auch die Löhne und die Arbeitsbedingungen übernehmen. „Das könnte Lufthansa zwingen, mehr Leute zu nehmen als sie will und ihnen die bisherigen, meist höheren Gehälter zu zahlen“, sagt Tobias Hartwig, Anwalt bei Deutschlands größter Insolvenzrechtskanzlei Kanzlei Schultze & Braun aus München.

„Wer nichts zu verlieren hat, dürfte den Weg nutzen“ so ein Gewerkschafter. Das trifft vor allem zu auf die Mitarbeiter der Air Berlin Luftverkehrs KG. Die machen gut 40 Prozent des Flugbetriebs aus und verdienen wegen hoher Zusatzleistungen teilweise deutlich über Branchenschnitt. Dagegen haben die Beschäftigten des von Lufthansa übernommenen Ferienfliegers Niki Gehälter auf Eurowings-Niveau. Und der ebenfalls übernommene Regionalflieger LGW liegt unter dem Schnitt.

Die Insolvenzverwalter und Lufthansa halten das Einklag-Risiko nach außen zwar für relativ gering. Doch sie nehmen es offenbar trotzdem ernst. Denn zur Lösung prüfen die beteiligten Sanierer offenbar auch drastische Szenarien. Dazu zählt, Betriebsteile wie Flugzeuge kurz stillzulegen. Das soll einen Betriebsübergang vermeiden und einen Verkauf ohne Mitarbeiter ermöglichen. Anschließend müssten sich die Beschäftigten zu niedrigeren Gehältern neu bewerben. Aber ob das klappt, ist unsicher.

3. Unwägbares Kartellamt

Sobald heute die Tinte auf den Verträgen trocknet, schickt die Lufthansa-Poststelle das Dokument zu den Kartellbehörden in Deutschland und der EU. Denn ohne deren OK kann Lufthansa den Vertrag nicht umsetzen.

Hier erwarten alle Beteiligten, dass die Behörde Auflagen macht. Dazu zählt wahrscheinlich eine Art Obergrenze, was Lufthansa konkret an welchem Flughafen anbieten darf. Eine weitere ist, dass Lufthansa auf bestimmten Routen sogar selbst für Wettbewerb sorgen muss, indem sie ihre Startrechte anderen überlässt. „Und das kann am Ende in der Größenordnung von bis zur Hälfte und mehr der gut 50 Maschinen sein, die Spohr nun haben will“, erwartet ein führender Manager eines Konkurrenten.

Die Chronik von Air Berlin

Der Druck auf die Behörden nach strengen Auflagen ist jedenfalls da. „Wir werden alles tun, um dieses Geschacher zu Gunsten von Lufthansa zu stoppen“, kündigte Ryanair-Chef Michael O’Leary mehrfach an. Und auch die Berliner Germania hat mitgeteilt, ihre Klageabsicht sei nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben – bis die Details des Deals feststehen.

Trotzdem gibt sich Spohr optimistisch. „Wir sind sicher, da geht deutlich mehr als wir bereits machen“, so der Konzernchef mit Blick auf die bereits bestehende Kooperation mit Air Berlin „Wir hatten mit den Behörden ja bereits offiziell zum Wetlease gesprochen – und dann redet man natürlich auch mal ein bisschen mehr“, so ein Lufthansa-Insider.

von Rüdiger Kiani-Kreß

Doch sicher kann Spohr nicht sein. Er verweist zwar gerne darauf, dass der Marktanteil der Lufthansa auch nach dem Air-Berlin-Deal eher bescheiden ist. Doch das greift ein wenig kurz. Denn auf allen innerdeutschen Routen und vielen Auslandsstrecken wäre Lufthansa allein. Daran ändert sich auch nichts, wenn er Eurowings und Lufthansa zu Konkurrenten erklärt, wie heute gegenüber der „Rheinischen Post“. Das dürfte aber laut Kartellrechtlern nicht ausreichen. „Konzerne werden aus kartellrechtlicher Sicht als ein Unternehmen angesehen“, sagte der Düsseldorfer Kartellrechtler Martin Gramsch von der Kanzlei Simmons & Simmons. Es braucht also einen externen Mitstreiter. Deshalb sieht Gramsch zusätzliche Probleme, weil die EU-Kommission letztlich immer den Gesamtmarkt im Blick haben müsse. „Das Wegfallen eines weiteren Bieters ist schlecht für die Marktstruktur.“ Er rechne mit einem halben Jahr Verfahrensdauer.

Auch der Kartellrechtler Daniel Zimmer zweifelt an Ankündigungen mit der internen Konkurrenz. „Das ist ein netter Versuch, die Wettbewerbsprobleme klein zu reden“, sagte der ehemalige Chef der Monopolkommission „Niemand in der Geschäftsleitung eines Konzerns wird dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Unternehmen eines Konzerns gegenseitig so viel Konkurrenz machen wie es bisher zwischen Air Berlin und Lufthansa der Fall gewesen ist.“

Aufstieg und Niedergang von Air Berlin
Kim Lundgren (l), Mitgründer und Präsident der 'Air Berlin Inc.' und Pilot, mit seinem Sohn Shane Lundgren, ebenfalls Pilot bei Air Berlin Inc. Quelle: airberlin
Joachim Hunold Quelle: airberlin
Einstieg ins Linienfluggeschäft Quelle: airberlin
Service an Bord von Air Berlin 2003 Quelle: airberlin
Niki Lauda (2009) Quelle: dpa
Airbus A 320 (2005) Quelle: airberlin
dba Air Berlin Quelle: AP

Dennoch schwört Spohr: „Die Erfahrung zeigt: Auf jeder Strecke mit mehr als 200.000 Passagieren pro Jahr entsteht auch ein zweites Angebot.“ Bei den Wettbewerbern kann man über solche Aussagen nur lachen. „Das alles glaubt er doch wohl selbst nicht“, knurrt ein Konkurrent. „Auf Köln-Berlin hat sogar Ryanair aufgegeben und wenn Eurowings und Lufthansa wirklich gegeneinander fliegen würden, müsste er als Konzernchef die Verschwendung sofort stoppen.“

Dazu spricht auch die Entwicklung der Flugpreise gegen Spohr. Laut einer Studie des Flugsuchmaschine Skyscanner sind die Flugpreise in und aus Deutschland bereits bis zu 40 Prozent höher als vor einem Jahr.

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