Air Berlin Wer hat was von der Zerschlagung?

Not-Verkauf oder Win-Win-Situation - die geplante Zerschlagung der Fluggesellschaft Air Berlin wirbelt die Branche durcheinander. Erste Verlierer stehen bereits fest.

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Wer hat was von der Air-Berlin-Zerschlagung? Quelle: dpa

Der Niedergang der Fluggesellschaft Air Berlin löst ein Flugzeug-Wechselspiel aus. Voraussichtlich an diesem Mittwoch werden die Miteigentümerin Etihad und Lufthansa bekanntgeben, dass kurzfristig fast ein Drittel der Flotte an die Lufthansa-Tochter Eurowings vermietet werden soll.

Weitere Maschinen und Besatzungen könnten zu einem neuen Ferienflieger geschoben werden, den Etihad mit dem Touristikkonzern Tui verabredet haben soll. Was sind die Interessen der Beteiligten?

Lufthansa: Europas größter Luftverkehrskonzern ist im Billigsegment auf Aufholjagd und will dringend wachsen. Die Europaflotte der Eurowings von derzeit 90 Jets würde mit dem Leasing-Deal schnell und ohne großes wirtschaftliches Risiko um 40 Maschinen wachsen und das vorhandene Netz aus Hamburg und Stuttgart ergänzen. Mit einer schnellen Übernahme der touristischen Air-Berlin-Flüge vermeidet Lufthansa zudem, dass die Start- und Landeslots neu vergeben werden. Weitere 29 Jets können von der bisherigen Minderheitsbeteiligung Brussels Airlines kommen, die Lufthansa wohl ganz unter ihre Flügel nimmt. Mit dann 160 Maschinen wäre Eurowings hinter Ryanair (aktuell 357 Jets) und Easyjet (256) die klare Nummer drei in Europa.

Etihad: Für die arabische Fluglinie ist Air Berlin bisher ein Fass ohne Boden. Seit die Araber Anfang 2012 als Großaktionär und Kooperationspartner bei den Berlinern eingestiegen sind, haben sie schon mehr als eine Milliarde Euro zugeschossen. Mehrere Sanierungsprogramme konnten nicht verhindern, dass Air Berlin immer mehr Geld verschlang, ohne welches zu verdienen. Nur Geldspritzen vom Persischen Golf hielten die Gesellschaft in der Luft. Durch die Deals mit Lufthansa und Tuifly kann Etihad zumindest einen Teil des Lochs stopfen - und Etihad-Chef James Hogan hätte in der Heimat weniger Erklärungsbedarf. Die verbleibende Air Berlin mit rund 70 Flugzeugen dürfte weiterhin die gewünschte Rolle als Zubringer für Etihads Langstrecken-Drehkreuz Abu Dhabi spielen.

Tui: Für die Mitte 2007 aus dem Billigflieger HLX und Hapagfly entstandene Tuifly könnte die Aufteilung von Air Berlin eine Neuordnung ihrer fliegerischen Aktivitäten bedeuten. Tuifly als Saison-Airline bietet bislang ohne Drehkreuze vor allem Direktflüge zu den angebotenen Urlaubs-Destinationen an. Der Tui-Mutterkonzern aus Hannover hat heute schon das Problem, in der Hauptsaison zu wenige und in der Nebensaison zuviel Flugzeuge zu haben. Die langfristig an Air Berlin samt Besatzung vercharterten 14 Boeing-737-Jets müssten nach den bisherigen Spekulationen künftig wieder in Eigenregie profitabel in die Luft gebracht werden. Dazu kämen dann noch 17 Jets der Air-Berlin-Tochter Niki, so dass auch eine komplette Ausgliederung der Flugsparte möglich scheint.

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Die Passagiere: Weniger Auswahl, höhere Preise - das ist die Gleichung, die der Wettbewerbsexperte Justus Haucap für den Lufthansa-Air-Berlin-Deal aufmacht. „Die Erfahrung zeigt: Wenn man auf einer Strecke die Reduktion von zwei auf einen Anbieter hat, muss man schon sehr gutgläubig sein, wenn man denkt, dass die Preise dort nicht steigen.“ Konkurrenten wie Ryanair und Easyjet bräuchten Zeit, um auf den Strecken nachzuziehen. „10 bis 20 Prozent höhere Preise halte ich für realistisch. Das würde vor allem Vielflieger und Geschäftsreisende treffen.“ Der Experte geht davon aus, dass das Geschäft ein Fall für das Bundeskartellamt wird, das dann möglicherweise wieder für mehr Wettbewerb auf den Strecken sorgt. „In anderen Fusionsverfahren gab es beispielsweise die Auflage, einzelne Slots (Start- und Landerechte) für die Konkurrenz freizugeben.“

Die Beschäftigten: Nach Medienberichten soll nach dem Schnitt als erstes in Verwaltung der Air Berlin massiv gespart werden. Das fliegende Personal müsste zunächst keine Entlassungen fürchten, da die geplanten Flüge unter der Eurowings-Flagge ja weiter absolviert würden. Bei allen beteiligten Airlines machen sich die Gewerkschaften dennoch Sorgen um das bisherige Lohn-Niveau und die Sicherheit der Arbeitsplätze. Das gilt insbesondere bei einer durchaus möglichen Neugründung eines Europa-Ferienfliegers auf der österreichischen Niki-Lizenz. Für diesen Fall haben die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit und Ufo bereits heftigen Widerstand angekündigt.

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