Gulfstream, Airbus, Boeing: Einmal im Jahr kommen die großen Flugzeugbauer nach Shanghai, um dort ihre neuesten Businessjets zu präsentieren. Millionäre, Geschäftsmänner und Schaulustige drängen sich dann über den Hongqiao-Flughafen im Westen der Metropole.
Die Asian Business Aviation Conference & Exhibition ist die größte Privatjet-Messe im asiatisch-pazifischen Raum. Kriselt es in der Branche, dann kriselt es hier.
Rund 10.000 Gäste kommen jedes Jahr. Darunter Flugzeugbauer, Branchenkenner und Interessierte aus 51 Ländern. In den vergangenen Jahren wuchs das Geschäft mit den Businessfliegern in China um bis zu 20 Prozent pro Jahr. Die Unternehmen investierten Milliarden in ihre Standorte, Service-Center und Produktionsstätten, um auf dem Riesenmarkt ganz vorne mit dabei zu sein. Doch nun bleiben neue Bestellungen aus.
Dass dieses Jahr nicht leicht werden wird, sagt Jeffrey C. Lowe, Geschäftsführer der Beratungsfirma Asian Sky Group. Das Unternehmen gibt jedes Jahr einen Bericht über die Lage auf dem Markt von Business-Jets heraus. Dafür sprechen Lowe und seine Kollegen mit den Flugzeugbauern, Käufern und Flughäfen der Region. „Wirtschaftliche Unsicherheiten sind der Hauptgrund, warum im Moment nicht so viele Flugzeuge gekauft werden“, sagt Lowe.
Die chinesische Konjunktur hat sich im vergangenen Jahr deutlich abgekühlt. Überkapazitäten in den traditionellen Industrien wie Kohle und Stahl, das Beben an der Börse, steigende Schulden: Chinas Wirtschaft ist in einer Übergangsphase und Strukturprobleme lähmen sie. „2016 erreichen wir einen neuen Tiefstand“, ist sich Lowe sicher. Interessenten würden aktuell lieber abwarten, wie sich die Situation entwickelt.
Wiwo-Ranking: Die beliebtesten Fluggesellschaften 2015
Für das Mittelständler-Ranking der WiWo wurden 5142 Entscheider, Einkäufer und Nutzer befragt. Dabei standen 192 Anbieter aus 20 Branchen zur Wahl. Abstimmen durfte nur, wer im vergangenen Jahr tatsächlich Kunde war.
Der angegebene Wert eines Unternehmens ist ein Index-Wert auf einer Skala von 0 bis 100. Der Index-Wert ergibt sich aus zwei Mittelwerten: zum einen der Mittelwert für die Kundenzufriedenheit insgesamt und zum anderen der Mittelwert der Zufriedenheiten mehrere Leistungsmerkmale (Qualität von Produkten und Leistungen, Beratungsleistung, Betreuungsleistung, Preis-Leistungs-Verhältnis, Servicequalität, Informationen und Kompetente Mitarbeiter).
Je höher der Index-Wert ist, desto zufriedener sind die Mittelständler mit dem Dienstleister insgesamt und desto mehr stimmen sie zu, dass der Dienstleister über eine hohe Produktqualität, eine gute Beratungsleistung etc. verfügt.
Quelle: WirtschaftsWoche/Service-Value 2015
Alitalia
Gesamtindex: 59,2
Air France
Gesamtindex: 64,3
Germanwings/ Eurowings
Gesamtindex: 66,3
British Airways
Gesamtindex: 68,3
KLM
Gesamtindex: 68,5
Airberlin
Gesamtindex: 69,0
Delta
Gesamtindex: 73,7
Lufthansa
Gesamtindex: 76,1
Emirates
Gesamtindex: 79,6
Wichtiger chinesischer Markt
China ist der wichtigste Markt für Business-Jets im asiatisch-pazifischen Raum. Rund 300 Flieger sind hier in chinesischem Besitz. Die wichtigsten Flugzeugbauer sind Bombardier mit 27 Prozent Marktanteil, Gulfstream mit 23 Prozent und Cessna mit 19 Prozent. Während die Branche in den vergangenen zehn Jahren durchgehend Wachstumszahlen im zweistelligen Bereich vorweisen konnten, waren es 2015 nur 3,8 Prozent.
Die Verkaufszahlen von neuen Maschinen brachen sogar um 42 Prozent ein. Es wechselten zwar mehr gebrauchte Maschinen den Besitzer. Aber auch das kann die Stimmung bei den Flugzeugbauern nicht heben.
Die Nebeneinkünfte der Airlines abseits des Ticketverkaufs
Alaska Air Group
Jahresergebnis 2014: 921 Millionen US-Dollar
Vorjahr: -
Quelle: „Yearbook of Ancillary Revenue 2015” der IdeaWorksCompany
Qantas Airways
Jahresergebnis 2014: 1,4 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 09, 1,3 Milliarden US-Dollar
easyJet
Jahresergebnis 2014: 1,5 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 07, 1,4 Milliarden US-Dollar
Lufthansa
Jahresergebnis 2014: 1,6 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 08, 1,3 Milliarden US-Dollar
Southwest
Jahresergebnis 2014: 1,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 06, 1,6 Milliarden US-Dollar
Ryanair
Jahresergebnis 2014: 1,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 05, 1,7 Milliarden US-Dollar
Air France/KLM
Jahresergebnis 2014: 2 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 04: 1,7 Milliarden US-Dollar
Delta
Jahresergebnis 2014: 3,2 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 02, 2,5 Milliarden US-Dollar
AirwaysAmerican/US Airways
Jahresergebnis 2014 (Vorjahr): 4,7 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 03, 2 Milliarden US-Dollar (American)/ Platz 10, 1,1 Milliarden US-Dollar (US Airways)
United
Jahresergebnis 2014: 5,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 01, 5,7 Milliarden US-Dollar
Angespannte Stimmung auch bei Airbus Corporate Jets (ACJ). Zwar konnte das europäische Unternehmen im vergangenen Jahr zehn Flugzeuge weltweit verkaufen. Über Zahlen und Wachstumsprognosen in China will man aber lieber nicht sprechen: „Wir betrachten den Markt eher langfristig als von einem auf das andere Jahr“, sagt Chadi Saade, Vizepräsident Commercial bei ACJ.
Wie viele Pressekonferenzen auf der Messe verläuft die von Airbus in zerknirschter Stimmung. Die Flugzeuge seien die besten, die Ausstattung luxuriös und die Technik hochmodern – nur kaufen will sie im Moment eben niemand.
Anti-Korruptionskampagne lässt Nachfrage sinken
In China kommt neben der angespannten wirtschaftlichen Lage noch eine weitere Wachstumsbremse dazu: „die Meinung der Öffentlichkeit und der Politik“, wie es Lowe ausdrückt. Hinter dieser sperrigen Formulierung steckt die Anti-Korruptionskampagne von Staatspräsident Xi Jinping, die seit 2012 hunderttausende Kadermitglieder den Job gekostet hat. „Die Nachfrage ist seit Xi Jinpings Machtantritt deutlich gesunken“, so Lowe.
Viele Unternehmer fürchten, durch den Kauf eines Luxusfliegers in den Fokus der chinesischen Sittenwächter zu geraten. Genug Geld für einen Luxusflieger zu haben macht verdächtig in China. Korrupt hin oder her, viele Interessen verschieben ihre Kaufpläne lieber auf ungewisse Zeit. Flugzeug-Besitzer wiederum versuchen die Maschinen los zu werden, so dass im vergangenen Jahr allein 38 Maschinen aus der Region verkauft wurden.
Für Lowe ist das ein großes Missverständnis. Denn Privatjets sind seiner Meinung nach nicht automatisch Vehikel für zwielichtige Gestalten und ihre Badeausflüge auf die kanadischen Inseln. „Business-Flüge sind wichtiger Bestandteil für Unternehmen“, sagt er. „Die meisten Käufer in China sind mittlerweile Unternehmer mit Geschäften in Asien und weltweit.
Deshalb kritisiert der Berater auch die aktuelle Politik Pekings scharf. Denn diese erhebt rund 23 Prozent Steuern auf die Luxusflieger. „Das ist eine große Belastung für den Markt“, sagt Lowe. Dabei sei ein Privatjet aus seiner Sicht ein Geschäftsvorteil, kein Luxus. Die Zentralregierung wolle, dass die Unternehmen in China wachsen, international expandieren und neue Jobs schaffen. Gleichzeitig erhebe sie aber so hohe Steuern auf Flugzeuge, dass Firmen sich den Kauf nicht leisten können. „Das passt nicht zusammen und wird und muss sich ändern“ sagt Lowe.
Mehr Flughäfen, besserer Service
Das sieht auch Ed Bolen so. Der Geschäftsführer des US-amerikanischen Interessenverbandes National Business Aviation Association, der unter anderem die Messe in Shanghai mitorganisiert, sieht einen gewaltigen Bedarf für Business-Flüge. „Die Flugstunden und die Einsätze von Business-Jets steigen trotz Krise“, sagt er. Das sei ein Beleg für den Bedarf der Flugzeuge. Er hält die aktuelle Phase deshalb nun für den richtigen Zeitpunkt, die Infrastruktur für Business-Jets auszubauen.
Das bedeutet unter anderem mehr Flughäfen und besseren Service. „China ist ein sehr junger Markt, der sich noch entwickeln muss“, sagt Bolen. Tatsächlich kommt laut der New York Times in China auf 100 Milliarden US-Dollar Bruttoinlandsprodukt schätzungsweise nur vier Business-Maschinen. In Afrika sind es im Schnitt 23, in Latein-Amerika 42 und in Nordamerika sogar 69.
Lowe bleibt allerdings verhalten. „Nach dem hohen Wachstum in den vergangenen Jahren muss sich der Markt nun erst einmal konsolidieren“, glaubt er. Mit einer Besserung rechnet er vor 2018 nicht.