Alberto Perez So räumt der Zumba-König ab

Wie ein kolumbianischer Fitnesstrainer aus dem Trendsport Zumba einen internationalen Unterhaltungsriesen geschaffen hat.

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Vom Vorturner zum Popstar. Zumba-Erfinder Perez Quelle: AP

Als der Star die Bühne betritt, muss er erst einmal seine Fans bremsen. "Bitte steckt eure Handys weg, und macht keine Fotos und Videos", beschwört Alberto Perez die tobende Menge. "Ihr seid hier, um zu tanzen." Vor ihm jubeln 3000 Menschen, mehr als 90 Prozent davon Frauen. Sonst unterrichten sie selbst Zumba, diese Mischung aus Latinotanz, Aerobic und HipHop, die sich seit ein, zwei Jahren auch in deutschen Fitnessstudios eingenistet hat wie ein Ohrwurm. Doch an diesem Wochenende sind sie ins französische Lille gekommen, um sich vom 43-jährigen Zumba-Erfinder höchstselbst die neuesten Tanzschritte vorturnen zu lassen. Die Frauen schwenken Fahnen aus der Schweiz, Schweden oder Finnland, aus ganz Europa sind sie zur Zumba-Trainer-Konferenz angereist. Plötzlich setzt ein ohrenbetäubender Beat ein, und die Menge ist nicht mehr zu halten. Es ist, als ob in einer Großraumdisco ein gigantischer Aerobic-Kurs läuft.

Weit über Kurse hinaus

Im Kleinformat findet dieses Spektakel täglich in 185 Ländern statt, 14 Millionen Menschen praktizieren regelmäßig Zumba. Seit Jane Fonda Aerobic in den Achtzigerjahren populär machte, hat es so ein Phänomen nicht mehr gegeben. Doch im Gegensatz zu Aerobic, wo der Name nicht geschützt ist, steht hinter Zumba ein Konzern, der einen Großteil des Geschäfts kontrolliert und Nachahmer mit einem Anwaltsheer verfolgt. Und das Business geht längst über die Fitnesskurse hinaus: Zusätzlich verkauft der Zumba-Konzern mit Sitz in Miami im US-Staat Florida jedes Jahr Musik, DVDs, Mode und Videospiele für einen dreistelligen Millionenbetrag.

Das Zumba-Imperium

Schon das Kerngeschäft ist lukrativ. Weit mehr als 100 000 Trainer gibt es weltweit, die 300 Euro für die Zumba-Lizenz bezahlt haben. Wie viele es in Deutschland sind, will der Konzern nicht sagen, doch allein in den zehn größten Städten sind mehr als 2600 Trainer registriert. Diese organisieren ihre Kurse eigenständig und sind für ihre Einnahmen selbst verantwortlich. Doch der Zumba-Konzern hat sich eine clevere Methode ausgedacht, um kontinuierlich mitzuverdienen: das Zumba Instructors Network (ZIN). Die Mitgliedschaft in dem Online-Netzwerk ist zwar freiwillig. Doch 80 bis 90 Prozent der Trainer zahlen die 22 Euro im Monat, denn nur so bekommen sie immer die neueste Zumba-Musik und die dazugehörigen Choreografien.

Hinzu kommt eine eigene Modelinie, für die Zumba George Gottl angeheuert hat, ehemals Kreativdirektor für Sportkleidung bei Nike. Vier Millionen Zumba-Kleidungsstücke wurden 2012 verkauft. Nach Schätzungen des US-Magazins "Inc.", das Zumba 2012 zum "Unternehmen des Jahres" kürte, beträgt allein der Umsatz mit Zumbawear mehr als 100 Millionen Dollar.

Vorturnerinnen sind die besten Kundinnen

Auch hier nutzt Zumba geschickt das Netz seiner Trainer: Für jedes T-Shirt, das diese in ihren Kursen verkaufen, werden sie mit zehn Prozent am Umsatz beteiligt.

Die besten Kunden sind aber die Vorturnerinnen selbst. Im Konferenzzentrum von Lille gibt es eine eigene Halle voller Zumbawear: Trainingshosen, Tops und Turnschuhe in Neonfarben. Der Andrang ist so gigantisch, dass jeder H&M-Filialleiter vor Neid neongrün werden würde. Dutzende Frauen im kompletten Zumba-Outfit stopfen immer neue Klamotten in die neongelben Umhängetaschen. Obwohl die Scanner von sechs Kassen gleichzeitig im Sekundentakt piepen, windet sich eine Schlange durch die Halle, die nur durch Absperrbänder wie am Flughafen gebändigt werden kann.

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