Analyse Die Probleme der europäischen Airlines

Europas Fluglinien koppeln sich immer mehr vom weltweiten Luftfahrtwachstum ab. Neue Airlines boomen - während die etablierten Player ums Überleben kämpfen. Wie es zum Niedergang kommen konnte.

Problem 1: Fehlende KonsolidierungEine der größten Hürden der europäischen Luftfahrtbranche ist die starke Fragmentierung. Nach wie vor werden die nationalen Fluggesellschaften in den meisten Ländern Europas als Symbol des Nationalstolzes angesehen. So gibt es auch heute noch in fast allen Ländern klare Vorgaben, dass ausländische Investoren nicht die Mehrheit an dem nationalen Anbieter übernehmen dürfen. Quelle: dpa
Problem 1: Fehlende KonsolidierungZwar hat es auch in Europa in den vergangenen Jahren Übernahmen und Fusionen gegeben. So gingen die französische Air France und die niederländische KLM zusammen, vor kurzem erst British Airways und die spanische Iberia. Gleichwohl hat fast jeder Staat in Europa seinen eigenen nationalen Anbieter. Quelle: dpa
Problem 1: Fehlende KonsolidierungWie es besser geht, zeigen die USA. Dort fusionierten 2008 Delta und Northwest, im vergangenen Jahr dann United Airways und Continental. Derzeit gibt es Gespräche zwischen US Airways und der insolventen American Airlines. Aus einst sechs großen Linienfluggesellschaften, die in ganz USA und weltweit fliegen, könnten am Ende nur drei übrig bleiben. Je größer die Flugzeugflotte, desto effizienter kann sie eingesetzt werden, und desto günstiger ist auch der Kerosineinkauf. So konnte Delta im vergangenen Jahr ein Nettoergebnis von 845 Millionen Dollar einfliegen. Quelle: ap
Problem 2: Die Kosten sind zu hochLufthansa-Chef Christoph Franz (Foto) hat es schon vor mittlerweile drei Jahren erkannt, damals war er noch Chef der Passagiersparte: Lufthansa, aber auch die anderen europäischen ehemaligen Staatsairlines produzieren zu teuer. Wie teuer, das zeigt der Vergleich von Lufthansa mit dem Anbieter Emirates. Bei diesem machen die Kosten 85 Prozent des Umsatzes aus. Bei Lufthansa werden 96,6 Prozent der Erlöse durch die Kosten wieder aufgezehrt. Quelle: dpa
Problem 2: Die Kosten sind zu hochDas hat mehrere Gründe. Zum einen kämpfen alle ehemaligen Staatsairlines mit "Altlasten". Denn die etablierten Airlines sind deutlich älter als etwa die beiden Newcomer Emirates und Etihad. Weil aber die Anbieter vom Golf noch so jung sind, fallen hier auch weniger Aufwendungen beispielsweise für Pensionszusagen an. Quelle: dpa
Problem 2: Die Kosten sind zu hochHinzu kommt: Die Arbeitskosten sind in Dubai oder Abu Dhabi deutlich niedriger. Auch gibt es hier keine Gewerkschaften. Dagegen haben sich die Gehälter bei den etablierten Airlines in Europa über die Jahre immer mehr in die Höhe geschraubt. Doch ein Zurück ist schwer. Ein Arbeitskampf etwa der Piloten oder des Kabinenpersonals legt schnell den gesamten Betrieb lahm, die Kosten werden dann noch mehr steigen. Auch andere Kosten - wie etwa die für die Flugsicherung - sind hierzulande höher. Quelle: dpa
Problem 3: Die politische Unterstützung fehltEs ist ein Satz, der alles sagt. Gesagt hat Thierry Antinori (links im Bild), ein ehemaliger Lufthansa-Manager und seit einiger Zeit Top-Manager bei der Golfairline Emirates. "Dubai erklärte die Luftfahrt vor 25 Jahren zur strategischen Schlüsselindustrie, und damit wurden die Rahmenbedingungen für Wachstum geschaffen." Rahmenbedingungen, von denen eine Air France-KLM, eine Lufthansa oder eine British Airways nur träumen können. Quelle: dpa
Problem 3: Die politische Unterstützung fehltDie Familie des Scheichs wacht nicht nur über die nationale Airline, sie bestimmt auch die Linie der Flugüberwachung und über den Großflughafen in Dubai (auf dem Foto die Eröffnung). Das Ziehen an einem Strang zeigt Wirkung: Die Entscheidungswege sind kurz, Investitionen werden rasch beschlossen. Keine Airline hat zum Beispiel so viel Großraumflugzeuge vom Typ Airbus A380 bestellt wie Emirates. Sage und schreibe 90 Stück sind es. Quelle: dpa
Problem 3: Die politische Unterstützung fehltIn Europa dagegen kommen immer neue Lasten auf die Anbieter zu. Seit Jahresbeginn müssen die Airlines für die Emissionen ihrer Flugzeuge Verschmutzungsrechte erwerben. Die muss Emirates für Flüge von und nach Europa zwar auch zahlen. Doch die europäischen Anbieter sind härter getroffen. Hinzu kommen zögerliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und - in Deutschland - zusätzliche Steuern wie die Ticketgebühr. Quelle: dpa
Problem 4: Die schwache Nachfrage in EuropaKrise sieht eigentlich anders aus. Um 2,3 Prozent soll die Nachfrage im europäischen Luftverkehr in diesem Jahr steigen. So sagt es jedenfalls die Weltluftfahrtorganisation IATA vorher. Wachstum also in einem Jahr, das mit Euro-Krise und sich eintrübender Konjunktur gewiss nicht einfach werden wird. Quelle: ap
Problem 4: Die schwache Nachfrage in EuropaDas Problem: Das Wachstum ist zu niedrig, denn der Wettbewerb in Europa ist beinhart. Keiner der etablierten großen Airlines verdient im Europaverkehr derzeit Geld. Nur Billigflieger wie Ryanair können hier Gewinn abschöpfen. Wenn aber die Nachfrage so schwach ist wie vorhergesagt, dann wird der Preis weiter steigen, und die Margen werden sinken. Quelle: dapd
Problem 4: Die schwache Nachfrage in EuropaWachstum findet im Luftverkehr längst woanders statt. Die chinesische Zivilluftfahrtbehörde CAAC etwa sagt für den chinesischen Luftfahrtmarkt in diesem Jahr ein Plus von 10,3 Prozent voraus. In Europa dagegen rächen sich die Fehler der Luftfahrtmanager. Sie haben es nicht geschafft, Kapazitäten aus dem Markt zu nehmen, weil sie Angst hatten, den Weg für die Konkurrenz frei zu machen. Quelle: dapd
Problem 5: Die Flotten vieler EU-Airlines sind altEin Schicksal teilen sämtliche Fluggesellschaften, egal auf welchem Teil der Erde sie angesiedelt sind: den hohen Kerosinpreis. Über Jahre machten die Treibstoffkosten im Schnitt 20 bis 25 Prozent der Gesamtkosten einer Airline aus. Mittlerweile bewegt sich die Branche nach Angaben der Weltluftfahrtorganisation IATA auf 30 Prozent und mehr zu. Die Frage ist, wie damit umgegangen wird. Quelle: dpa
Problem 5: Die Flotten vieler EU-Airlines sind altDie etablierten europäischen Fluggesellschaften tun sich hier schwerer. Das Durchschnittsalter der Lufthansa-Flotte etwa liegt bei fast zwölf Jahren. Der Konzern ist sehr konservativ bei der Finanzierung des Fluggeräts. Die allermeisten Flugzeuge kauft und finanziert das Unternehmen selbst, nur wenige Maschinen sind geleast. Der Nachteil dieser Politik: Die alten Maschinen verbrauchen mehr Kerosin als neue. Quelle: dapd
Problem 5: Die Flotten vieler EU-Airlines sind altHier haben gerade die Konkurrenten, die erst vor wenigen Jahren gegründet wurden, deutliche Vorteile. Der malaysische Anbieter Air Asia etwa, der in seiner jetzigen Form erst seit 2001 im Markt ist, fliegt mit Flugzeugen, die im Schnitt nur 4,4 Jahre alt sind. Die Europäer müssen also kontern. Allein Lufthansa etwa hat für die Zeit bis 2018 168 neue Flugzeuge bestellt. Auch bei British Airways steht eine Flottenerneuerung an. Quelle: dpa
Problem 6: Die geografische Lage der europäischen DrehkreuzeEs mag auf den ersten Blick verwirrend sein. Schließlich liegt Europa doch im Herzen der Welt, fast in der Mitte zwischen Nordamerika und Asien. Und doch leiden die europäischen Fluggesellschaften unter der Lage der Länder, in der sie beheimatet sind und in denen sie ihre zentralen Drehkreuze betreiben. Quelle: ap
Problem 6: Die geografische Lage der europäischen DrehkreuzeDubai (Foto) etwa, das Drehkreuz von Emirates, hat den Vorteil, dass jeder Flug, sei es nach Europa, Nordamerika oder Asien, ein Langstreckenflug ist. Aus Passagiersicht mag es angenehmer sein, direkt etwa von Frankfurt nach Peking zu reisen, weil dann mehr ungestörte Zeit zum Arbeiten oder Schlafen bleibt. Aber für die Airline selbst ist die Lage vorteilhaft. Langstreckenflüge sind profitabler als Kurzstreckenflüge, ohne die eine Lufthansa aber nicht auskommt. Quelle: Reuters
Problem 6: Die geografische Lage der europäischen DrehkreuzeViel gefährlicher ist aber die geografische Lage eines anderen Rivalen: Turkish Airlines: Zum Drehkreuz Istanbul zu fliegen dauert kaum länger, als etwa ein Zubringerflug der Lufthansa. Dafür geht es dann von Istanbul mit einer hochmodernen Flotte direkt nach Asien. Vor allem auf diesen Strecken machen die Türken der Lufthansa das Leben mächtig schwer. Und sie haben noch einen weiteren Vorteil: Anders als Emirates hat Turkish Airlines einen riesigen Heimatmarkt. Quelle: Reuters
Problem 7: Schleppender Ausbau der InfrastrukturEs ist eine Vollbremsung für die Luftfahrt: Erst kommt ein Nachtflugverbot für Frankfurt, den größten Flughafen in Deutschland. Dann scheitert die Eröffnung des neuen Berliner Flughafens. Und zu guter Letzt entscheiden sich die Münchener Bürger auch noch gegen eine dritte Bahn am Flughafen der bayerischen Metropole. Quelle: dpa
Flugzeug über hebt über einer Baustelle ab Quelle: AP
Flughafen in Dubai Quelle: AP
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