Architektur Mikroapartments - so schön kann winzig sein

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Weltweiter Trend

Wie Städte und Investoren auf Mietpreisschock und Immobilienboom reagieren, wo der Kauf noch lohnt. Mit Exklusiv-Ranking: Die 50 größten Städte im Anlagecheck mit Mieten, Preisen und Standortfaktoren.

Möbeldesigner, Architekten und Bauunternehmen haben sich dem Thema bereits verschrieben. Architekturbüros wie Smallworks in Kanada und Tumbleweed Tiny House aus Kalifornien konzentrieren sich auf Zwergwohnungen und -häuser.

Hongkong und Singapur sind voll mit Miniwohnungen, teils dunkel, deprimierend und nur bewohnbare Schuhkartons. Viele aber sind auch winzige Designwunder. Von Asien ausgehend, hat der Trend zum kompakten Wohnen zuerst die USA erfasst und breitet sich nun weltweit aus. In Warschau hat der Architekt Jakub Szczesny gerade das mit 1,2 Metern wohl schmalste Haus der Welt gebaut. Es steht im ehemaligen Warschauer Ghetto und soll Künstlern als Quartier und Inspiration dienen. Der Bau zwischen zwei Nachkriegsbauten hat nur 14,5 Quadratmeter Wohnfläche.

Auch in Vancouver, Seattle, San Francisco und Boston entstehen Dutzende Häuser mit kompakten Designerapartments. In San Franciscos Viertel South of Market hat der Immobilienentwickler Smartspace gerade ein Haus mit 23 Wohnungen zwischen 26 und 29 Quadratmetern gebaut. Und in Providence in Rhode Island, dem kleinsten US-Bundesstaat, wird gerade ein ehemaliges Einkaufszentrum zu einem schicken Gebäude mit Einzimmerwohnungen umgebaut.

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Und in Basel hat der Stararchitekt Renzo Piano Mitte Juni mit dem Möbelhersteller Vitra gerade sein Projekt Diogene vorgestellt, ein Wohnhaus von nur 2,4 x 2,4 Meter Grundfläche und 3,2 Meter Höhe. Es ist der Kontrapunkt zu Pianos jüngst in London eröffnetem Hochhaus The Shard, einem der größten Gebäude Europas. In dessen Nähe wechselte 2012 eine Zwergwohnung den Besitzer, so klein, dass zwei Armlängen reichen, um die gegenüberliegenden Wände zu berühren. Was den Preis auf rund 210.000 Euro trieb, war die Lage gegenüber dem Luxuskaufhaus Harrods.

„Es ist ein globales Phänomen“, sagt John Infranca, Assistenzprofessor für Stadtplanung an der New York University, der gerade eine Studie zu Mikroapartments verfasst. „Und es hat globale Ursachen.“ Die Weltbevölkerung wächst – von heute 7,2 Milliarden Menschen bis 2025 auf 8,1 Milliarden, wie die Vereinten Nationen vergangene Woche bekannt gaben. Dabei steigt die Einwohnerzahl in Großstädten bis 2050 besonders schnell: von heute 3,5 auf dann 6,3 Milliarden, so eine Studie der New York University und des Autobauers BMW.

Hinzu kommt, dass die Zahl der Singles steigt. „Menschen heiraten später, Ehen werden öfter geschieden“, sagt Stadtplaner Infranca. „Es gibt immer mehr Alte, die ihre Partner überleben. Immer mehr Leute wohnen allein.“ In New York lebt bereits ein Drittel der 8,2 Millionen Einwohner so. Bis 2030 soll die Bevölkerung – auf 8,8 Millionen steigen – mit noch mehr Singles.

Platz ist knapp, und Manhattan zählt bereits jetzt zu den am dichtesten besiedelten Orten der Welt. Aber nur 1,5 Prozent aller Mietwohnungen sind Studios oder Einzimmerapartments. „New York kann den Wohnungsbedarf schon jetzt nicht gut erfüllen. Und das wird immer schlimmer“, sagt Stadtplaner Infranca. Außerdem: Inzwischen gelte es sogar für viele Amerikaner als cooler, in der Stadt zu leben und ein urbanes Leben zu führen wie in Europa.

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