Autobahn-Raststätten Wie Tank & Rast ausgeplündert wurde

Übernehmen, sanieren und teuer verkaufen: Finanzinvestoren haben nicht den besten Ruf. Investor Terra Firma will sein abschreckendes Wirken bei dem Autobahn-Raststättenbetreiber nun krönen – und Milliarden einstreichen.

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Autobahn-Rasstätten von Tank & Rast mit Burger King, Serways und Sanifair Quelle: Pressebild, Montage

Das Waldnaabtal ist eine ebenso dicht bewaldete wie dünn besiedelte Region nahe der tschechischen Grenze. Im Mai 2014 hat dort an der Autobahn A 93 zwischen Regensburg und Hof eine Raststätte aufgemacht – und für Ärger gesorgt.

Schon bei der Planung gab es Kritik an dem Projekt, sauer sind vor allem die Betreiber der etwas abseits der Autobahn gelegenen Autohöfe. Sie fühlen sich bedrängt und benachteiligt, aktuell kämpfen sie gegen ein Hinweisschild des neuen Konkurrenten. Das kündigt an, dass es 100 Kilometer bis zur nächsten Raststätte sind. Dabei liegt der nächste Autohof, bei dem sich speisen, tanken und zur Toilette gehen lässt, drei Kilometer entfernt. Für den Verband der Autohöfe ist dies eine Irreführung und ein weiterer Beleg für Wettbewerbsverzerrung und Machenschaften des Raststättenbetreibers Tank & Rast.

Solche Vorwürfe sind für den ehemaligen Staatsbetrieb nichts Ungewöhnliches. Seit 2004 gehört der Monopolist dem britischen Finanzinvestor Terra Firma. Nur wenige Unternehmen sind so lange in der Hand von Private-Equity-Gesellschaften. Grund für die lange Verweildauer ist die durchwachsene Erfolgsbilanz. So ist das Angebot der Raststätten seit dem Einstieg des Investors zwar vielfältiger geworden. Doch hohe Schulden, hohe Preise und verschleppte Investitionen sorgen dafür, dass die Kette als abschreckendes Beispiel dafür gilt, wie Finanzinvestoren Unternehmen ausplündern.

Terra Frima würde bei einem Verkauf ordentlich Gewinn machen

Terra Firma soll schon mehrere Anläufe unternommen haben, Tank & Rast loszuwerden. Nun könnte es klappen, der Verkaufsprozess hat Anfang des Jahres begonnen, er wird sich noch einige Wochen ziehen. Mehrere Interessenten haben Angebote eingereicht, ihre Offerten sollen der Preisvorstellung der Eigentümer von mehr als drei Milliarden Euro entgegenkommen. Für Terra Firma wäre das ein äußerst lukrativer Abschluss, beim Einstieg hatte der Investor gerade mal 1,1 Milliarden Euro gezahlt.

Das Umfeld für Milliardendeals ist günstig. Die Bewertungen von Firmen sind hoch, Finanzinvestoren nutzen das, um Kasse zu machen. Aktuell wollen sich die Eigentümer des Plastikfassherstellers Mauser, des Modehändlers CBR und der Laborgruppe Synlab von ihren Beteiligungen trennen. Selbst ein lange unverkäufliches Unternehmen wie Tank & Rast soll vom Nachfrageboom profitieren.

Was sind die wichtigsten Gründe für das Anfahren einer Raststätte?

Attraktiv ist das Bonner Unternehmen vor allem dank stabiler Geldflüsse. Ihm gehören 350 Tankstellen und 390 Raststätten, für die kassiert es von den Pächtern regelmäßige, teilweise vom Umsatz abhängige Zahlungen. Terra Firma preist seine Beteiligung als Infrastruktur-Investment an – obwohl es genau genommen um Gebäude und Angebote neben der Infrastruktur geht. Dennoch hat das Angebot Investoren angelockt, die im Niedrigzinsumfeld auf langfristig stabile Zuflüsse angewiesen sind. Zu ihnen sollen ein Konsortium um die Allianz, der Pensionsfonds Ontario Teachers und der Staatfonds GIC aus Singapur zählen.

Ob die Käufer dann tatsächlich auf hinfort stabile Einnahmen bauen können, ist zumindest fraglich. Das Wirken von Terra Firma wirft einen Schatten auf das stabile Geschäftsmodell. Hinter der Gesellschaft steht Guy Hands, der früher für die US-Investmentbank Goldman Sachs arbeitete. Vor zehn Jahren zählte der Brite zu den Stars der Private-Equity-Branche, seit einiger Zeit jedoch tut er sich schwer. Sein Ruf ist seit der missglückten Übernahme der britschen EMI im Jahr 2007 lädiert. Der Musikkonzern konnte seine Kreditzinsen nicht mehr zahlen, wurde deshalb 2011 von der US-Bank Citi übernommen und anschließend zerschlagen. Terra Firma und seine Investoren verloren rund 2,5 Milliarden Euro.

Ausgebliebene Investitionen verschreken Investoren

Vor gut einem Jahr ist der Investor bei dem von ihm gegründeten Immobilienkonzern Deutsche Annington ausgestiegen. Dort gab es immer wieder Beschwerden über den angeblich vernachlässigten Zustand der Wohnungen und die intransparente Abrechnung von Nebenkosten.

Auch bei Tank & Rast sind die Investitionen überschaubar geblieben. So hat das Unternehmen seit der Privatisierung 1998 nach eigenen Angaben eine Milliarde Euro investiert, in den meisten Jahren lagen die Abschreibungen aber deutlich über den Ausgaben für die Zukunft. Der Bauzustand bewege sich auf „angemessenem Niveau“, heißt es im Jahresabschluss der Gesellschaft. Außer den Raststätten ist nicht mehr viel Substanz da, selbst das eigene Verwaltungsgebäude hat das Unternehmen verkauft.

Für Pächter ist Tank&Rast nur mäßig attraktiv

Die Pächter müssen für die Nutzung der Restaurantmarke „Serways“ hohe Gebühren zahlen, viele Kunden hat das Unternehmen verärgert. Die Preise sind deutlich gestiegen, Spielraum nach oben gibt es kaum noch. Die Umsätze der Pächter legen nur mäßig zu, die Pachteinnahmen sind nur begrenzt gestiegen. Das Unternehmen nennt vor allem die Vermietung von Werbeflächen als Wachstumsfeld. Zudem will Tank & Rast Autohöfe neben der Strecke übernehmen.

Der typisch deutsche Urlauber
Eine Familie läuft am Strand Quelle: obs
Eine Reisekauffrau sitz in einem Reisebüro vor Katalogen Quelle: AP
Touristen schwimmen in einem Pool Quelle: dapd
Ein Badezimmer in einem Hotel Quelle: dpa
Ein Mann hakt eine Checkliste ab Quelle: Fotolia
Ein Mann trägt weiße Socken in Sandalen Quelle: dpa

Für Zugewinne soll außerdem das umstrittene Toilettenkonzept Sanifair sorgen. Zwar sind die WCs seit dessen Einführung meist in gutem Zustand, allerdings ist deren Benutzung mit 70 Cent nicht gerade billig. Sanifair trug im Jahr 2012 24 Millionen Euro zum Umsatz bei und soll weiter wachsen. Aktuell gibt es abseits der Raststätten 47 Anlagen in Bahnhöfen und Einkaufszentren sowie 13 Anlagen im Ausland.

Überschattet wird das Geschäft der Gesellschaft vor allem durch die enormen Schulden. Ende 2013 lasteten bei einem Umsatz von 480 Millionen Euro Verbindlichkeiten von 2,2 Milliarden Euro auf dem Unternehmen. Das Unternehmen konnte die Schulden vor gut einem Jahr refinanzieren, seitdem fallen die Verpflichtungen etwas moderater aus. Zwei Kredite über 830 Millionen und 570 Millionen laufen bis 2018 und 2019. Der Zinssatz einer Anleihe über 460 Millionen Euro liegt bei stolzen 6,8 Prozent. Hinzu kommt noch ein sogenanntes PIK-Darlehen in Höhe von 240 Millionen Euro. Dessen Zinsen sind erst bei der Rückzahlung im Jahr 2021 fällig, dann wird es teuer, der Satz liegt bei horrenden 12,5 Prozent jährlich.

Für Terra Firma hat sich der Einstieg bei Tank & Rast jedenfalls gelohnt. Im Juni 2007 kaufte ein Infrastrukturfonds der Deutschen Bank dem Investor die Hälfte der Kette ab, das war ihm stolze 1,3 Milliarden Euro wert. Vorher schon hatte der Investor noch schnell Kasse gemacht und sich eine Sonderdividende von 400 Millionen Euro genehmigt – Geld, dass Tank & Rast als Kredit aufnehmen musste und mit hohen Zinsen zurückzahlen muss.

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