Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn arbeiten Lokführergewerkschaft GDL und die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG weiterhin nicht zusammen. Unmittelbar nach Ende des bislang längsten GDL-Streiks beschloss die Tarifkommission der EVG am Montag in Fulda erwartungsgemäß, an den eigenen Forderungen festzuhalten.
Da GDL und EVG jeweils für ihre Mitglieder in gleichen Berufsgruppen Abschlüsse erzielen wollen, zogen sich die Gespräche bislang in die Länge. Jede Gewerkschaft musste befürchten, dass ihr Ergebnis von der anderen - notfalls mittels Streik - überboten wird. Die Bahn würde dann zwar wohl den höheren Abschluss auf alle Beschäftigten ausdehnen. Die Gewerkschaft mit dem ersten Verhandlungsergebnis stünde dann aber als Verlierer im Konzern da.
Die unterschiedlichen Forderungen der beiden Gewerkschaften in den parallelen Verhandlungen sind das Haupthindernis für übereinstimmende Tarifverträge, wie sie das Unternehmen anstrebt. Während die EVG vor allem mehr Gehalt für die Beschäftigen erreichen will, verlangt die GDL kürzere Arbeitszeiten und günstigere Sozialvorschriften. Von überproportionalen Gehaltssteigerungen für die unteren Lohngruppen, wie von der EVG verlangt, wollen die Lokführer hingegen nichts wissen.
Fahrgastrechte während des Bahnstreiks
Das hängt von der Verspätung ab. Kommt die Bahn mindestens eine Stunde zu spät am Ziel an, werden 25 Prozent des Fahrpreises erstattet. Die Hälfte des Preises wird bei einer Verspätung ab zwei Stunden zurückgezahlt.
"Fahrgäste, die aufgrund von streikbedingten Zugausfällen, Verspätungen oder Anschlussverlusten ihre Reise nicht wie geplant durchführen können, können ihre Fahrkarte und Reservierung im DB Reisezentrum oder in den DB Agenturen kostenlos erstatten lassen", schreibt die Bahn. Fahrgäste, die ihre Reise gar nicht antreten, können ihr Ticket auch nach dem ersten Gültigkeitstag erstatten lassen.
Fahrkarten, die in einem DB Reisezentrum, einer DB Agentur oder am DB Automaten gekauft wurden, können nur dort erstattet werden. Für Online-Tickets gibt es ein Erstattungsformular: http://www.bahn.de/p/view/home/info/streik_gdl_042015.shtml
Fällt ein Zug streikbedingt aus, können Reisende den nächsten - auch höherwertigen - Zug nutzen. In diesem Fall wird bei zuggebundenen Angeboten, wie beispielsweise Sparpreis-Tickets, auch die Zugbindung aufgehoben. Ausgenommen hiervon sind regionale Angebote mit erheblich ermäßigtem Fahrpreis (Schönes Wochenende-, Quer-durchs-Land- oder Länder-Tickets) sowie reservierungspflichtige Züge.
Nur im äußersten Notfall: "Wird aufgrund eines Zugausfalls oder einer Verspätung eine Übernachtung erforderlich und ist die Fortsetzung der Fahrt am selben Tag nicht zumutbar, werden dem Fahrgast angemessene Übernachtungskosten erstattet", heißt es von der Bahn. Wichtig: Um die Kosten erstattet zu bekommen, muss das Original der Hotelrechnung eingereicht werden.
Über die Fahrgastrechte informiert die Bahn auf ihrer Homepage: http://www.bahn.de/p/view/service/fahrgastrechte/faq_fahrgastrechte.shtml
Details zu den Rechten während des Streiks stehen auf dieser Seite:
http://www.bahn.de/p/view/home/info/streik_gdl_042015.shtml
Die kostenpflichtige Servicenummer lautet: 0180/699 66 33
Wenn es einmal Streit gibt, übernimmt die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr: https://soep-online.de/
Die EVG halte an ihren Grundsätzen fest, erklärte die Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. „Wir wollen einen Tarifvertrag, der für alle Beschäftigten gleichermaßen gilt und der vor allem für alle Berufsgruppen das gleiche Ende der Laufzeit vorsieht. Eine Spaltung des Belegschaft wird es mit der EVG nicht geben“. Die Bahn müsse bei den Verhandlungen an diesem Dienstag in Frankfurt noch deutlich nachlegen. „4,7 Prozent mehr bei einer Laufzeit von 29 Monaten sind für uns nicht akzeptabel, ebenso ist der angebotene Mindestbetrag von 75 Euro viel zu niedrig.“ Die EVG fordert 6 Prozent mehr, mindestens aber 150 Euro im Monat mehr.
Immer mehr rücken in dem Streit die rund 3000 Lokrangierführer in den Fokus, die nach Forderung der GDL das gleiche Geld wie die Streckenlokführer erhalten sollen. Die EVG, die nach eigenen Angaben mindestens 75 Prozent dieser Berufsgruppe als Mitglieder hat, will hingegen für die Beschäftigten ein neues, besser bezahltes Berufsbild des Transportlogistikers schaffen. Die Kollegen müssten längst nicht mehr nur die Wagen zusammenkoppeln, sondern hätten zahlreiche weitere Aufgaben übernommen, die bislang aber nicht vergütet würden, sagte der EVG-Sprecher. Bislang hat ausschließlich die EVG Tarifverträge für die Lokrangierführer abgeschlossen.
Für die GDL birgt eine solche Zuspitzung wohl die größere Gefahr als das Tarifeinheitsgesetz, das noch im Sommer beschlossen werden soll. Da die Regierung damit den Einfluss von Spartengewerkschaften begrenzen will, vermutet die GDL, dass die Bahn die Verhandlungen verzögert. Schließlich habe sie mit dem Gesetz im Rücken dann eine bessere Position.
Experten sind allerdings skeptisch: "Ob diese Wirkung eintritt, die man sich vom Tarifeinheitsgesetz verspricht, halte ich keineswegs für ausgemacht", sagt der Arbeitsrechtler Stefan Greiner von der Uni Bonn. "Die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes steht auf ganz wackligen Beinen." Schließlich gehe es hier um ein Grundrecht. Zudem lasse der Gesetzentwurf offen, ob Streiks einer kleineren Gewerkschaft damit wirklich verhindert werden könnten. Arbeitsgerichte müssten auch dann über die Verhältnismäßigkeit der Streiks entscheiden und würden diese nach seiner Einschätzung eher bejahen.
Eine Lösung über eine Schlichtung, wie von Regierung und Bahn gefordert, will die GDL allerdings auch nicht. Und Greiner hat dafür Verständnis. In einem solchen Verfahren könne ihr die Vertretung für eine Berufsgruppe abgehandelt werden, womit sie auf ein Grundrecht verzichten müsste. "Dann ist es auch konsequent, dass eine Gewerkschaft sagt, es gehört quasi zu unserem Verfassungsauftrag, für unsere Mitglieder auch Tarifverträge zu schaffen", sagt Greiner.
Der Druck auf die GDL wächst jetzt dennoch: Mit Bahnchef Rüdiger Grube und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Dachverbänden der Gewerkschaften hat sich die höchste Ebene in den Streit eingeschaltet. Die GDL und ihr streitbarer Vorsitzender Claus Weselsky scheinen zunehmend isoliert. Käme jetzt ein attraktiver Abschluss mit der EVG zustande, brächte das die kleinere Gewerkschaft in Zugzwang. Die Strategie von Streik und neuen Verhandlungen mit besseren Angeboten würde so kaum noch funktionieren, da die Bahn sich mit dem EVG-Vertrag für alle Berufsgruppen festgelegt hätte. Ein neuer Streik müsste nach dem Rekord-Ausstand dann noch eine ganz andere Dimension annehmen. Aber nach dem achten Ausstand erwartet auch Arbeitsrechtler Greiner Ermüdungserscheinungen bei den Lokführern: "Sobald ein akzeptables Angebot vorliegt, dürfte die Streikbereitschaft der Mitglieder nachgeben."
Der Bahnverkehr lief am Montag erstmals nach dem am Sonntagmorgen beendeten Lokführerstreik wieder weitgehend normal, wie das Unternehmen berichtete. In der vergangenen Woche sei nur gut jeder zweite geplante Zug gefahren. Verhältnismäßig viele Verbindungen fielen im Fernverkehr aus, wie ein Bahnsprecher am Montag in Berlin sagte. Auf den Langstrecken verkehrte täglich nur ein Drittel der sonst rund 800 Züge. Genau umgekehrt war das Verhältnis im Güterverkehr: Von täglich 3600 Güterzügen sei etwa ein Drittel nicht gefahren. Bei der großen Masse der regionalen Fahrten sei etwa die Hälfte streikbedingt ausgefallen.