Bahn-Streckensperrung Hannover-Kassel ist erst der Anfang

Die Deutsche Bahn sperrt eine der wichtigsten Strecken für den ICE-Verkehr. An Bau-Chaos auf der Schiene werden sich Fahrgäste gewöhnen müssen: Das Netz ist marode. Besser wird es erst ab dem Jahr 2019.

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Ein ICE fährt über die Werratalbrücke. Die Bahn muss die wichtige Nord-Süd-Verbindung bald komplett sperren. Quelle: dpa

Die Bahn-Trasse zwischen Hannover und Kassel gehört zu den wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen des Landes. Nun wird sie Ende April für zwei Wochen komplett gesperrt.

Der Unmut der Reisenden und Fahrgastverbände ist gewaltig. Man sei verwundert, „dass man hier Maßnahmen en détail sehr kurzfristig ankündigt“, sagte Ehrenpräsident Karl-Peter Naumann von Pro Bahn.

Doch tatsächlich werden sich Fahrgäste in ganz Deutschland an Sperrungen und Langsamfahrstellen gewöhnen müssen. In den vergangenen Jahren habe sich „ein erheblicher Investitionsstau aufgebaut“, bestätigte ein Sprecher der Deutschen Bahn kürzlich der WirtschaftsWoche. Der Investitionsstau könne erst „in den kommenden Jahren gebremst und ab 2019 sukzessive abgebaut werden“. Mit anderen Worten: Die Sperrung zwischen Hannover und Kassel ist erst der Anfang.

Der Grund für dieses Dilemma: Bahn und Bund investierten in den vergangenen Jahren einfach zu wenig. So gab der deutsche Staat für den Erhalt des Schienennetzes im Jahr 2010 im Schnitt gerade mal 130.000 Euro pro Gleiskilometer aus.

Zum Vergleich: Die Niederlande investierten das Siebenfache, die Schweiz das Fünffache und Österreich drei Mal so viel wie Berlin.

Innerhalb Europas lag das Investitionsvolumen pro Kilometer in Deutschland in einem Zehn-Länder-Vergleich in den vergangenen Jahren „am niedrigsten“, hieß es 2012 in einer internen Analyse der Deutschen Bahn.

Die Folge: Das Schienennetz verlotterte.

Marode Brücken werden zum Problem

Zwar hat sich die Situation nun etwas gebessert. Ende 2014 einigten sich Bund und Bahn auf höhere Investitionsmittel für die Instandhaltung der Gleisen, Weichen und Bahnhöfe. Seit 2015 investiert der Bund jedes Jahr eine Milliarde Euro mehr in das Schienennetz, nämlich 3,5 statt 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Die sogenannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung läuft bis 2019. Doch selbst unter Berücksichtigung des aktuellen Investitionsprogramms bleibt Deutschland bei den Ausgaben pro Kilometer unter dem europäischen Durchschnitt.

Immerhin lässt sich so der Investitionsstau der Vergangenheit bis 2019 sukzessive abarbeiten. Doch bis dahin wird es deshalb auch mehr Baustellen geben als in den vergangenen Jahren.

Fakten zum Personenverkehr der Deutschen Bahn

Ein riesiges Problem sind die maroden Brücken. Aus der Bund-Bahn-Vereinbarung von 2014 geht hervor, dass sich der Staatskonzern dazu verpflichtet hat, 875 Brücken bis 2019 teilweise oder komplett zu sanieren.

Zwar gibt sich die Deutsche Bahn Mühe, Großbaustellen bis zu zwei Jahren im Voraus anzukündigen. Doch unerwartete Probleme bei Gleisen, Weichen und Signalen können auch kurzfristig zu Sperrungen führen. In dem Fall der nun ab Ende April gesperrten ICE-Strecke zwischen Hannover und Kassel soll es offenbar Probleme mit dem Schotteroberbau geben, auf dem Schwellen und Gleise liegen.

Die Leidtragenden sind die Fahrgäste, die verspätet ans Ziel kommen und manchmal sogar unangenehme Umstiege auf Busse und andere Züge in Kauf nehmen müssen.

Auch Nahverkehrsunternehmen klagen. So hat die Deutschlandtochter des französischen Verkehrskonzerns Transdev jüngst einen Beschwerdebrief an die Bundesnetzagentur und das Bundesverkehrsministerium geschrieben. Tenor: Die Arbeit von DB Netz, als der für das Schienennetz zuständigen Tochter der Deutschen Bahn, sei unterirdisch.

Transdev will die Deutsche Bahn deswegen auf Schadensersatz verklagen. Auch Wettbewerber wie Benex und Abellio bemängeln derzeit miserable Qualität auf der Schiene.

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