"Baur au Lac"-Chef "Grenzen auf dem Weg in die Zukunft sind nicht wirklich hilfreich"

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"Understatement ist ganz wichtig"

Haben Sie oder die Eigentümerfamilie einen festen Standard, den Sie bieten wollen oder folgt das der Gästenachfrage?

Wir haben keine Manuals, wo diese Dinge festgeschrieben sind. Das ist einfach ein permanenter Dialog. Ich in meiner Aufgabe als Direktor muss wissen, was für die Inhaber-Familie wichtig ist, wie sie denken, wie sie planen. Da wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten, ist das gewachsen. Herr Kracht ist sehr offen für Neuerungen, er ist geradezu allergisch gegen museale Tendenzen. Das Erarbeitete ist unser Fundament, auf das wir stolz sind, aber wir müssen nach vorne schauen, das Gewachsene so neu interpretieren, dass man die Kontinuität sieht, aber wir bloß nicht museal werden. Die Gesellschaft ändert sich immerzu. Luxus interpretiert sich heute anders als vor zehn oder fünfzig Jahren. Und dem muss man sich immer wieder neu stellen. 

Deswegen haben Sie hier erfrischend wenig Bling-Bling-Luxus?

Das ist in der Tat ein ganz ausgeprägtes Baur-au-Lac-Element. Understatement ist ganz wichtig. Wir brauchen hier eine subtile Qualität. Dem Schweizer ist Protz unangenehm. 

Wie stellen Sie sicher, dass Sie Geld verdienen und es mit dem Luxus nicht übertreiben?

Wir sind natürlich kein industrielles Unternehmen, keine Handelsware, die nach Angebot und Nachfrage die Preise gestaltet. Die Preisstruktur ist auf ein Niveau gewachsen, das notwendig ist, um auch betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein. Es gibt hier eine Regel, wonach jedes Zimmer alle sechs Jahre renoviert wird und beständig in die Infrastruktur und öffentlichen Räume investiert wird. Das ist eine so ungeheure Anstrengung, dafür müssen wir das Geld zunächst verdienen. Wir haben auf diese Weise in den vergangenen 15 Jahren 160 Millionen Franken investiert. 

Ohne Banken?

Ob mit oder ohne Banken, es muss verdient werden. Der Preis ist aber bei uns auch eine feste Größe. Das ist in unserer Branche nicht überall so, oft bietet man Tagespreise. Das lehnen wir strikt ab. Unsere Gäste können sicher sein, dass kein anderer Gast für das gleiche Angebot weniger zahlt, das schafft Vertrauen und spart dem Gast Zeit nach dem besten Schnäppchen für einen Aufenthalt im Baur au Lac zu suchen. Am besten er ruft direkt bei uns an oder bucht über unser Online Portal. 

Aber selbst Ihre Gäste vergleichen Sie auf Internetplattformen. Woanders bekommen sie individualisierte Preise. Die Welt ändert sich, der Gast ändert sich, Sie nicht. Das kann doch nicht funktionieren.

Ich glaube, dass es sogar noch besser funktioniert. Nehmen Sie die Preisgestaltung: Individualisierung der Preise führt ja dazu, dass das Hotel-Angebot zur Commodity wird. Der Gast geht nicht mehr in ein Hotel, in dem ihm das Angebot gefällt, sondern wo der Preis am besten ist. Das aber ist austauschbar. 

Die zehn größten Hotel-Suiten der Welt
Grand-Hotel-Kempinski Quelle: Presse
Mandarin-Oriental-Marrakesch Quelle: Presse
The-Mark_New-York Quelle: Presse
Hilltop-Residence Quelle: Presse
Raj-Palace Quelle: Presse
Waldorf-Astoria-Dubai Quelle: Presse
Grand-Hyatt-Cannes-Hôtel-Martinez Quelle: Presse

Wohin gehen Sie, wenn Sie sich selbst einen Eindruck verschaffen wollen, was State of the Art ist?

Es gilt, die Augen aufzuhalten. Ich reise ja sehr viel. Wenn ich jetzt nach Tokio aufbreche, bin ich immer in anderen Hotels, suche Restaurants auf, manchmal zwei, drei an einem Abend. Wir haben enorm viel gereiste Gäste, da muss man international sehr breit schauen, um einen guten Überblick  zu haben. Ein Hotelier muss immer und überall sämtliche Sinne auf Empfang stellen damit er das was die Gäste sehen und Wahrnehmen nicht verpasst, möglichst vorher sieht. 

Woran erkennen Sie ein gutes Haus?

Oft sind das Details. Es ist in der Regel nicht das spektakuläre Restaurant sondern vielleicht eine kleine persönliche Notiz des Zimmermädchens oder des Concierges, die den Unterschied macht und dem Gast zeigt, dass man um sein Wohl besorgt ist. 

Wo finden Sie eigentlich noch die Mitarbeiter, die Ihr Verständnis von Luxus und das Ihrer Gäste in der heutigen Zeit mit Leben füllen?

Die jungen Leute müssen hier reinwachsen in eine Situation von Dienstleistung und Flexibilität. Da haben wir die glückliche Situation von zahlreichen langjährigen Mitarbeitern, sozusagen Vollprofis mit viel Erfahrung. Sie sind das Fundament auf dem neues wächst mit unseren ebenso zahlreichen jungen Mitarbeitern. Die ersten Gespräche, die ich mit jungen Leuten hier führe, sind ein Sensibilisierungsparcours: Es gibt keine schwierigen Gäste sondern nur anspruchsvolle Gäste. Und wenn jemand nicht zufrieden ist, dann müsst Ihr das sportlich sehen. Der Gast ist Sparringspartner, nicht Gegner. Aber das ist eine mentale Sache, die die jungen Leute erstmal verstehen müssen. Das ist in unserer Gesellschaft heute wirklich schwierig: Wir mögen alle Dienstleistungen, aber von der anderen Seite. Dienstleistung gilt als devotes Gewerbe. Das ist aber die falsche Einstellung. Wir sind selbstbewusst. Aber wir haben Freude daran, anderen Menschen Wünsche zu erfüllen. 

Deswegen geht der Trend massiv gegen Globalisierung

Werden Mitarbeiter, die zuvor in Konzern geführten Häusern gearbeitet haben, bei Ihnen glücklich?

Für junge Menschen ist es gut, beides zu sehen. Die Kettenhotellerie zeigt dem Nachwuchs Struktur neigt aber zur Standardisierung. In der Privathotellerie ist es sicher mehr Freestyle. Damit muss man aber auch umgehen können. Authentischer Gastgeber kann ich ja nur sein, wenn ich die entsprechende Persönlichkeit habe und vom Management den Rücken freigehalten bekomme. Es gibt sicher auch Menschen, die in starren Strukturen besser aufgehoben sind. Daher gilt es für uns immer, die passenden Talente zu finden. 

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