Bertelsmann Softpornos, RTL und Währungseffekte sorgen für Umsatz-Plus

Europas größter Medienkonzern Bertelsmann verzeichnet ein ordentliches Wachstum. Der Erfolg macht die anstehende Vertragsverlängerung von Chef Thomas Rabe zur reinen Formsache. Doch nicht alles glänzt in Gütersloh.

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 Ein Mann geht in Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) in die Firmenzentrale von Bertelsmann. Quelle: dpa

Wäre der Gütersloher Medienriese an der Börse notiert wie seine US-Pendants, hätte die Aktie dieser Tage vermutlich einen Sprung nach vorn gemacht. Während die Papiere von Disney und Co. in den vergangenen Wochen nur eine Richtung kannten – abwärts, und das mit Schwung – setzt Bertelsmann dazu einen Kontrapunkt. Wenn auch unter gänzlich anderen Vorzeichen: In den USA fürchten Anleger um die Zukunft der TV-Riesen, weil die Zahl der Kunden der Kabel-Konzerne schrumpft. Vergleichbare Sorgen plagen Bertelsmann und seine TV-Tochter RTL derzeit nicht.

Mit dem Luxemburger Unterhaltungskonglomerat, das mittlerweile auch sehr erfolgreich in Webvideos investiert hat, verfügen die Gütersloher vielmehr über einen stabilen Geldbeschaffer, der unter den CEOs Anke Schäferkordt und Guillaume de Posch weiter für sprudelnde Gewinne sorgt.

Sie trugen wesentlich dazu bei, dass Bertelsmann-Chef Thomas Rabe im ersten Halbjahr mit einem Umsatz von acht Milliarden Euro den höchsten Umsatz seit 2007 verkünden durfte. Rabe profitiert zudem davon, dass auch die Buchverlagstochter Random House unter Markus Dohle auf vollen Touren läuft: Hier sorgte etwa der Titel „Grey“, der Nachfolger der Softporno-Schmonzette „50 Shades of Grey“, für Umsatz. In den ersten beiden Wochen nach Erscheinen verkaufte sich das Machwerk 3,5 Millionen Mal.

Hinzu kam noch ein Überraschungserfolg: „The Girl on the Train“, das 4,5 Millionen Käufer fand. Nicht zu verachten allerdings auch der Effekt der Währungseffekte, von denen die Sparte massiv profitierte.

Bertelsmanns Geschäftsfelder

Selbst die Dienstleistungssparte Arvato, die erst kürzlich ihren zuvor hochgelobten Chef Achim Berg hinaus komplimentiert hatte, legte bei Umsatz und Ergebnis zu. Unterm Strich führte das zu einem Konzernergebnis, das sich um knapp 55 Prozent auf 398 Millionen Euro erhöhte –ein Effekt aus dem höheren operativen Ergebnis, einer geringeren Belastung aus Sondereinflüssen sowie einem niedrigeren Steueraufwand als im ersten Halbjahr 2014.

"New Bertelsmann" peilt eine Milliarde Euro an

Entsprechend breitbeinig gab sich Rabe, dessen Vertrag im kommenden Jahr zur Verlängerung ansteht: „Unser Umsatz ist so hoch wie seit 2007 nicht mehr, das operative Ergebnis ist das beste der Bertelsmann-Geschichte. Dies belegt, wie gut wir dabei vorankommen, Bertelsmann noch wachstumsstärker, digitaler und internationaler aufzustellen.“ "New Bertelsmann", wie Rabe das nennt, peile mittelfristig ein Konzernergebnis von mehr als einer Milliarde Euro an. Und das offenbar mit ihm an der Spitze.

Geschichte von Bertelsmann

In einer Telefonkonferenz zu den Halbjahreszahlen sagte Rabe heute früh, die Transformation von Bertelsmann sei auf einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren angelegt, davon seien seit seiner Amtsübernahme gerade mal 3,5 Jahre herum: „Ich mache keine halben Dinge.“ Ohnehin gibt Rabe derzeit den „doppelten Thomas“ – er ist derzeit noch in Personalunion auch Finanzchef des Konzerns; voraussichtlich noch in diesem Jahr allerdings soll feststehen, wer neuer Oberrechner unter Rabe werden darf.

So gern Rabe Auskunft gab über die Erfolge, so schmallippig gab sich der Gütersloher Konzernstratege dagegen bei der Frage nach der weiteren Zukunft von Penguin Random House. Hier hat Bertelsmann-Partner Pearson ab dem Herbst die Möglichkeit, seinen Anteil von 47 Prozent zu verkaufen. Bertelsmann hat ein Vorkaufsrecht. Ob und wann und in welcher Form die Gütersloher womöglich weitere Anteile von Pearson übernehmen werden, blieb jedoch offen: „Wir werden vorbereitet sein“, sagte Rabe lediglich.

Nötig haben dürfte Partner Pearson die Bertelsmann-Euro derzeit ohnehin eher nicht: Der Verkauf der „Financial Times“ sowie ihres Anteils am Wirtschaftsmagazin „Economist“ hatte den Briten gerade erst gut 1,5 Milliarden Euro in die Kasse gespült.

Da zudem Bertelsmann mit Pearson im Bildungssegment konkurriert, wird der kühle Rechner Rabe die Vor- und Nachteile einer möglichen Komplettübernahme beziehungsweise des Kaufs weiterer Anteile am mit Abstand größten Buchverlagskonzern der Welt penibel austarieren.

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