Betrugsvorwürfe Prozessauftakt gegen Unister-Manager

Drei Manager des insolventen Leipziger Internetunternehmens Unister sollen Steuern hinterzogen und Kunden betrogen haben. Das Landgericht Leipzig soll nun klären, was an den Vorwürfen dran ist.

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Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft den Angeklagten Steuerhinterziehung und Computerbetrug vor. Quelle: dpa

Leipzig Äußerlich ungerührt nehmen die drei Angeklagten aus der ehemaligen Unister-Führungscrew im Landgericht Leipzig Platz. Der ehemalige Finanzchef (39) des Leipziger Internetunternehmens zupft ab und zu an seinem Krawattenknoten und schüttelt gelegentlich sacht den Kopf. Die beiden anderen Manager – 51 und 59 Jahre alt – lesen einfach mit, was die Staatsanwälte ihnen zu Beginn des Strafprozesses am Mittwoch zur Last legen. Es geht um das unerlaubte Betreiben von Versicherungsgeschäften, um Steuerhinterziehung und um den angeblichen Betrug an Zehntausenden Kunden des einstigen Schwergewichts im Internet-Reisegeschäft.

Die Ermittlungen gegen Unister begannen 2012, zwei Anklagen hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden verfasst. Nicht alle Punkte ließ die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts gelten. Ursprünglich hatten die Ermittler zum Beispiel noch sogenannte Streichpreise auf Unister-Portalen wie fluege.de oder ab-in-den-urlaub.de als strafbare Werbung moniert. Das sah die Kammer anders. Die Hauptvorwürfe der Anklagebehörde seien aber zur Hauptverhandlung zugelassen worden, sagt Staatsanwalt Dirk Reuter.

Diese Hauptvorwürfe umfassen zwei Komplexe: Zum einen wurden 2011 und 2012 über Unister-Portale Reiserücktrittsprodukte etwa unter dem Namen „Flexifly“ verkauft. Rund 14 Millionen Euro nahm die Gruppe damit ein. Das seien jedoch Versicherungen gewesen, für die Unister eine Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benötigt hätte, meint die Generalstaatsanwaltschaft. Zudem zahlte Unister darauf statt Versichungs- lediglich Umsatzsteuern. So seien rund 1,1 Millionen Euro Steuern hinterzogen worden.

Zum anderen legt die Generalstaatsanwaltschaft den Unister-Managern die Praxis des sogenannten Runterbuchens zur Last: Die Kunden kauften ein Flugticket zu einem auf der Webseite angezeigten Preis, Unister erzielte aber hinter den Kulissen auf verschiedenen Wegen einen günstigeren Preis. Die Differenz behielt der Flugvermittler ein. 87 000 Kunden sei dadurch ein Gesamtschaden von 7,6 Millionen Euro entstanden. Zudem geht es auch bei diesem Anklageteil noch um eine weitere Steuerhinterhinterziehung mit einem Schaden von 790 000 Euro.

Unister hatte die Vorwürfe stets vehement zurückgewiesen. Der frühere Finanzchef kündigt am Mittwoch an, dass er sich im Prozess umfangreich äußern wolle. „Ich hoffe, dass ich vollständig entlastet werde“, sagt der 39-Jährige. Das Vorgehen der Ermittler sei für ihn „nahezu existenzvernichtend in wirtschaftlicher wie in persönlicher Hinsicht“. Thomas Filler, Anwalt des früheren Chefs aller Unister-Flugportale, nennt das Runterbuchen absolut üblich im Reisegeschäft: „Seit 30 Jahren wird runtergebucht. Kein Mensch versteht in der Branche, was hier los ist.“

Ursprünglich hatte die Generalstaatanwaltschaft Dresden auch gegen den Unister-Gründer Thomas Wagner ermittelt. Der 38-Jährige starb jedoch im Sommer 2016 bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien. Er war auf der Rückreise von Venedig, wo er auf der Suche nach einem Kredit einem Millionenbetrug aufgesessen war. Nach seinem Tod meldete Unister Insolvenz an. Die Reisesparte ist inzwischen an einen tschechischen Investor verkauft worden. Das Landgericht hat für den Unister-Prozess 18 Termine bis Juni geplant. Die Verhandlung wird am 26. Januar fortgesetzt.

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