Ryanair & Co. zieht es mehr denn je nach Deutschland. Die heute verkündete Offensive der Iren in Frankfurt zeigt: Besonders Deutschlands größter Flughafen öffnet sich stärker denn je und plant eigene Bereiche für die Discounter.
Für Carsten Spohr dürfte ein lange gehegter Traum in Erfüllung gegangen sein. Auf einem Treffen des Europäischen Fluglinien-Verbands A4E in Brüssel vor drei Wochen scherzte der Lufthansa-Chef erst mit Michael O’Leary. Dann nahm er den Ryanair-Boss in den Schwitzkasten, worauf der scheinbar nach Luft japste.
Auf den Flugplätzen läuft es meist andersherum. Der irische Preisbrecher setzt der Lufthansa immer mehr zu. Lange war Ryanair nur von Provinzpisten wie Hahn im Hunsrück gestartet, inzwischen aber fliegt die Linie sieben der zehn größten deutschen Flughäfen an. Ab März kommen die ersten vier Routen an der Lufthansa-Hauptstelle Frankfurt. Im Oktober sollen 20 neue Strecken folgen, darunter mit den Routen nach London, Barcelona, Mailand oder Toulouse erstmals auch ein direkter Angriff auf die für Deutschlands größte Linie entscheidenden Geschäftsreisestrecken.
Damit nicht genug. Der auch verbal aggressiv auftretende O’Leary greift die Lufthansa juristisch an, durch Beschwerden bei EU und Bundeskartellamt. So will er den Ausbau der Lufthansa-Billigtochter Eurowings stoppen, die große Teile von Air Berlin unter ihre Kontrolle bringt. „Das zeigt: Er nimmt uns ernst“, sagt Eurowings-Chef Karl Garnadt. „Noch vor Kurzem hat er Witzchen über uns gemacht.“
Ryanair ist nicht der einzige Angreifer. Ab Mai startet in Frankfurt die ungarische Billiglinie Wizz Air, die sogar für größeres Handgepäck eine Gebühr kassiert. Auch die britische Easyjet spricht mit dem hessischen Flughafen. Nach Informationen der WirtschaftsWoche ist das Interesse der Preisbrecher so groß, dass Betreiber Fraport den Discountern gern bereits im Jahr 2018 einen eigenen Bereich öffnen möchte – statt wie geplant erst als Teil des neuen Terminal 3 ab 2023.
Europas größte Fluglinien: Anzahl der beförderten Fluggäste 2016
Air France KLM
Passagiere: 90,3 Millionen
International Airlines Group (IAG)
Passagiere: 101 Millionen
Lufthansa
Passagiere: 110 Millionen
Ryanair
Passagiere: 117 Millionen
Fraport spricht von „strategischen Überlegungen, um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein“. Denn, Fraport prüfe „grundsätzlich immer Optionen, wie wir auf ein verändertes Passagierverhalten reagieren können. Sollte in den nächsten Jahren in Frankfurt insbesondere aufgrund eines starken Wachstums im Low-Cost-Segment die Kapazitätsgrenze von 68 Millionen Passagieren schneller als erwartet erreicht werden, müssen wir vorbereitet sein, um unseren Passagieren dann trotzdem bestmögliche Prozesse und Services bieten zu können.“ Konkret geht es um mehrere Möglichkeiten, die sich schnell umsetzten lasen und vor allem ohne eine Änderung an der Planfeststellungsbeschluss genannten Baugenehmigung für das Terminal 3. Die Palette reicht von einer intensiveren Nutzung eines Bus-Terminals im Norden bei den bisherigen Terminals 1 + 2 bis hin zur Möglichkeit, einen zusätzlichen Billig-Pier im Süden zu bauen.