BrandIndex
Pakete. Quelle: dpa

Kratzt der Onlineboom am Image der Paketdienste?

Aktuelle Meldungen über Paketdienste sind überwiegend negativ. Trotzdem zeigen sich die meisten Kunden weiterhin zufrieden. Dazu tragen womöglich auch ungewöhnliche Maßnahmen der Dienstleister bei.

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Mehr kann man sich von einem Paketdienstleister als Verbraucher eigentlich gar nicht wünschen: Man kann heute bestimmen, wann ein Paket wo ankommen soll. Man kann Ablageorte und Nachbarn festlegen, bei denen der Bote das Paket ablegen darf. Man kann Packstationen nutzen und man kann Pakete umleiten, obwohl sie schon unterwegs sind. Insgesamt großartige Services, welche Verbraucher auch sehr gerne als Optionen verfügbar haben wollen oder auch nutzen. Und die Deutschen verschicken und empfangen mehr Pakete denn je, insgesamt acht Millionen an einem Tag.

Doch die außerordentlich hohe Nachfrage scheint die Paketdienste derzeit zu überfordern, das tatsächliche Volumenwachstum hierzulande durch Weihnachtseinkäufe im Internet wurde unterschätzt. Werfen wir daher diese Woche einen Blick in aktuelle Ergebnisse aus dem BrandIndex, dem kontinuierlichen Markenmonitor von YouGov, zu dieser Branche.

Fragen wir nach dem allgemeinen Eindruck, den Verbraucher von Unternehmen wie GLS, Hermes, DHL oder UPS haben, dann bekommen wir überwiegend positive Antworten. Wie immer werten wir nur Angaben von Verbrauchern aus, die die jeweiligen Marken kennen. Fragen wir jedoch, ob Verbraucher in den letzten 14 Tagen eher Positives oder eher Negatives über diejenigen Paketdienstleister und Kurierdienste gehört haben, die wir im BrandIndex tracken, tendieren sie mehrheitlich zu letzterem. Fast ausnahmslos beherrschen aktuell Negativmeldungen zur Branche das mediale Bild.

Welche Ideen taugen wirklich für die Paketzustellung?
KofferraumzustellungDer Kunde sitzt oben im Büro und muss arbeiten, der Paketbote legt das Paket deshalb einfach schon mal in den Kofferraum des Kundens in der Tiefgarage? Die Idee hört sich gut an, und wird von DHL und Amazon bei einigen Autotypen auch schon getestet. Aber ob sie Erfolg hat? Viele Verbraucher scheint die Idee eher abzuschrecken: In einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC gaben 68 Prozent der Befragten an, dass sie "auf keinen Fall" eine solche Lösung nutzen wollen. Quelle: dpa
Wohnungsschlüssel für die PaketbotenWürden Sie ihrem Paketboten den Wohnungsschlüssel geben? Genau das plant nun Amazon in den USA. Dort hat der Onlinehändler sein Projekt "Amazon Key" vorgestellt. Der Zusteller öffnet mit einem Code per App die Wohnungstür - und kann das Paket dort hinterlassen. In Deutschland stößt diese Idee wohl eher auf unbehangen. Nach einer Umfrage des Dienstleisters Civey wollen sich mehr als 77 Prozent auf keinen Fall auf eine solche Lösung einlassen. Quelle: obs
Packstation3400 Packstationen hat DHL in Deutschland. Sie stehen am Supermarkt oder am Bahnhof, an Orten, an denen die Kunden unkompliziert und oft vorbeischauen. Klingt doch nach einer guten Idee, oder nicht? Mittlerweile ahmt auch Amazon die Schließfachsysteme nach, und Hermes, DPD und GLS arbeiten gemeinsam an einem offenen System, den Parcellock-Stationen. In der Praxis aber stoßen die Packstationen schnell an ihre Grenzen. Die Fächer sind oft blockiert, weil Kunden ihre Pakete erst vor Ende der Frist oder gar nicht abholen. Deshalb können dort längst nicht so viele Lieferung untergebracht werden, wie es Paketdienste und Kunden gerne hätten. Dafür ist die Packstation teuer im Betrieb. Quelle: dpa
DrohnenDHL hat einen Paketkopter, Amazon entwickelt eine Drohne, auch DPD und UPS testen fleißig. Medienaufmerksamkeit ist ihnen damit sicher. Doch werden uns bald tatsächlich Drohnen die Pakete bringen? Wohl kaum. Sie haben viele Nachteile: In der Innenstadt werden Drohnen zum Sicherheitsrisiko. Sie können immer nur ein Paket tragen, und es ist unklar, wer das Paket in Empfang nehmen kann. Und wenn der Empfänger nicht da ist, soll die Drohne dann auf ihn warten? Ein echter Vorteil ist die Drohne deshalb nur in schwer zugänglichem Gelände. Sie kann Lieferungen - vor allem im Notfall - schnell und unkompliziert auf Berge oder Inseln transportieren. Das Weihnachtsgeschäft aber ließe sich mit den surrenden Fluggeräten nicht anstatzweise bewältigen. Quelle: dpa
PaketboxDie Deutsche Post hat deshalb auch die Paketbox eingeführt. Diesen Paketkasten können sich Privatleute in ihren Vorgarten stellen. Doch dafür braucht es erstens einen Vorgarten und zweitens auch das nötige Budget. Ein Paketkasten kostet ab 200 Euro aufwärts. Und dann können ihn nur DHL-Boten nutzen. Pakete von Hermes oder DPD können dort nicht abgeladen werden. Die beiden Konkurrenten gründeten deshalb gemeinsam mit GLS das Unternehmen Parcellock, eine Art offenen Paketkasten. Quelle: dpa
LieferroboterDieser kleine Roboter von Starship fährt auf Straßen und Bürgersteigen, und über Kamera und Mikrofon können Passanten auch mit einem Mitarbeiter, der die Roboter von einer Zentrale aus steuert, sprechen. Hermes hat diese Roboter in Hamburg getestet. Doch der kleine Transporteur mit Kühlbox-Optik hat einige Nachteile: Sein Fassungsvolumen ist begrenzt, er kann keine Treppen steigen und ist bisher in den Tests von Hermes auch immer von einem Paket-Boten begleitet worden. Und was wäre, wenn der Empfänger gerade doch unpässlich ist, wenn der Roboter vor seiner Tür steht? Zu lange Wartezeiten wären ineffizient. Experten sprechen Starship daher wenig Potenzial aus, den Paketboten ihre Jobs wegzunehmen. Quelle: dpa
LieferroboterDer Postbot von DHL hingegen soll den Postboten gar nicht ersetzen, sondern unterstützen. Der Postbot ist größer als Starship und hat daher auch mehr Fassungsvolumen. Er folgt der Paketbotin "wie eine kleine Ente der Mama-Ente folgt", so drückte es kürzlich Post-Vorstandschef Frank Appel aus. Vorteil für die Paketboten: Sie müssen nicht mehr so viel Gewicht tragen, das nimmt der Postbot ihnen ab. Solange der Postbot schnell genug ist und auch mit unwegsamen Gelände gut klar kommt, ist das ein wahrer Vorteil für die Paketboten, von denen viele im Alter Gesundheitsprobleme haben. Quelle: AP

Verbraucher nehmen nicht nur davon Notiz, sondern verursachen diesen Negativ-„Buzz“ auch, indem sie ihre Paket-Fails in sozialen Medien teilen oder sich bei der Verbraucherzentrale oder der Bundesnetzagentur beschweren. Dort rechnet man dieses Jahr mit 5.000 Beschwerden, 1.000 und damit 25 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Mitleid mit den Zustellern

Verbraucher nehmen auch wahr, dass sie nicht die einzigen Leidtragenden sind. Die Mitarbeiter der Unternehmen und vor allem deren Zusteller sind überlastet. Das Arbeitgeberimage ist im Branchenschnitt in den vergangenen Jahren insgesamt über +4 Scorepunkte nicht hinausgekommen – unsere Skala reicht von -100 bis +100 Punkten. Am besten schneidet hier DHL mit +16 Scorepunkten ab.

Obwohl die Paketdienstleister in den meisten Fällen von Versandhändlern beauftragt werden, ist der eigentliche Kunde, den es zufrieden zu stellen gilt, natürlich der Empfänger. Dafür greifen die Dienstleister inzwischen zu ungewöhnlichen Maßnahmen. In Kassel hat DHL Kunden gebeten, ihre Pakete nach drei Streiktagen selbst an einem extra angemieteten Lager abzuholen. Hermes hat mit dem Versandhandel Obergrenzen vereinbart und lässt sich lieber einen Teil der Aufträge entgehen als die Arbeitskraft der Mitarbeiter und die Nerven der Empfänger zu sehr zu strapazieren.

Solche Maßnahmen scheinen zu helfen. Denn während man bei manchen Artikeln und Social-Media-Posts das Gefühl bekommen kann, Pakete versenden und empfangen sei eine traumatische Erfahrung, zeichnet der BrandIndex ein anderes Bild. Die Kundenzufriedenheit ist bei jeder einzelnen Marke im positiven Bereich unserer Skala. Der Branchenschnitt liegt bei ordentlichen +31 Scorepunkten, Spitzenreiter DHL sogar bei +52 Punkten. Allerdings: In den vergangenen zwei Monaten sind diese Werte deutlich abgesackt. Aus dem Schneider sind die Dienstleister also nicht, und die Probleme sind da, wenn auch real nicht so dramatisch wie gefühlt.

Bleibt uns noch zu sagen, dass wir allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest wünschen! Und vor allem das rechtzeitige Ankommen von allen Sendungen, deren Inhalte unterm Weihnachtsbaum liegen sollen.

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