Trotz der Strapazen war Christian Seifert noch zum Scherzen aufgelegt: „Was Fußballinteressierten sicher nicht schadet, ist ein Internetanschluss“, sprach der Chef der Deutschen Fußball-Liga in den fensterlosen Konferenzraum des Steigenberger Hotels zu Frankfurt. Eben noch hatte er eine knappe Stunde lang die Ausschreibung der Medienrechte für die Bundesliga bis ins kleinste Detail auseinander dividiert. Jetzt grinste er: „Dieses Internet scheint sich durchzusetzen.“
Wenn sich einer im Fußball mit Fernsehen und „diesem Internet“ auskennt, dann der frühere Medienmanager Seifert, der seit 2005 an der DFL-Spitze steht. Und wenn einer vom Konkurrenzkampf jener Konzerne profitiert, die ihr Geld mit Internet und Fernsehen verdienen, dann sind es Seifert und jene 36 Bundesligaklubs, für die der frühere Vorstandschef der KarstadtQuelle New Media gerade die Medienrechte ab der Saison 2017/2018 verkauft, die mit Abstand teuerste Inhaltelizenz der Republik.
Wie teuer sie ab der Saison 2017/2018 für die Medienunternehmen wird, die derzeit um die Rechte einen Millionenpoker liefern, soll sich noch vor dem Beginn der Europameisterschaft in Frankreich entscheiden. Die beginnt bekanntlich am 10. Juni; für einen Tag vorher haben Seifert und seine Truppe Ligavertreter und Presse nach Frankfurt geladen. Dann steht fest, wer die höchsten Gebote abgegeben hat – und wer im Zweifel sein Geschäftsmodell wird überarbeiten müssen. Denn abzusehen ist bereits, dass neue und alte Herausforderer des Platzhirschen Sky wie Amazon, Constantin, Vodafone und die Deutsche Telekom die Preise vor allem für die Live-Rechtepakete in die Höhe treiben.
Grund ist eine Neuerung im Rechtepoker. Die DFL hat diesmal nach langem hin und her mit dem Bundeskartellamt mit der „No Single Buyer-Rule“ eine Vorgabe eingeführt, die verhindert, dass ein einzelner Bieter erneut alle Live-Rechte für alle Übertragungswege wie Antenne, Kabel, Internet oder Mobilfunk kauft. Noch zahlt Sky der Liga dafür mit 486 Millionen Euro pro Saison das meiste Geld.
Dank des Alleinkaufsverbots steht jedoch fest, dass Sky diesmal seine Exklusivität verliert. Sky-Chef Carsten Schmidt steckt in einer Zwickmühle. Denn setzt er sich mit dem höchsten Gebot für die Live-Pakete „A“ bis „E“ durch, in denen nach Spieltag und Anstoßzeit sortiert alle Erstliga-Partien verschnürt sind, muss die DFL einem zweiten Interessenten das neu eingeführte Paket „OTT“ verkaufen. OTT steht für „Over the top“, Übertragungen via Internet. Der Käufer darf 102 von 306 Spielen per Internet und Mobiltelefon zeigen. Diese Partien sind dann für Sky tabu.
Bieten die Telekom oder Amazon mit?
Für Wolfgang Holzhäuser, Ex-Manager von Bayer Leverkusen und Partner beim Berliner Beratungsunternehmen Goldmedia, steht fest: „Die neue Regel führt dazu, dass die OTT-Rechte spürbar teurer werden. Da wird es echten Wettbewerb geben.“ Beobachter gehen davon aus, dass vor allem die Deutsche Telekom, aber auch der US-Internetkonzern Amazon für dieses Paket bieten werden. Für sie wäre es durchaus appetitlich: Darin enthalten sind drei Partien pro Spieltag: eine am Samstag um 15.30 Uhr, dazu noch je ein Spiel am Sonntag um 15.30 und 18 Uhr.
Allerdings steht längst nicht fest, ob die DFL das OTT-Paket überhaupt vergibt. Denn mit dem Londoner Sportrechte-Unternehmen Perform, das unter anderem die Internetseite spox.com betreibt, und dem Sportsender Eurosport haben offenbar auch andere Beteiligte außer Sky Interesse an Live-Fußball. Und auch die Telekom könnte den Unterföhringern, denen Klub-Manager immer wieder einen guten Job attestieren, bei den Live-Rechten in die Quere kommen: Im Paket „B“ etwa verpackte die DFL die populäre Liga-Konferenz, bei der der Sender am Spieltag zwischen den Stadien hin und her schaltet. Die Offerte würde unter anderem ins Portfolio der Telekom passen.
Für die Bonner hätte der Erwerb zusätzlichen Charme: Sky käme ohne die beliebte Konferenz in Erklärungsnot gegenüber seinen Kunden und könnte sich gezwungen sehen, der Telekom für viel Geld eine Sublizenz abzukaufen. Andererseits würde DFL-Chef Seifert dann auch das OTT-Paket nicht vergeben, was Sky entgegen kommen würde.
Damit die Angelegenheit aber nicht zu einfach wird, sind auch weitere Wendungen denkbar. Denn Konkurrenz droht Sky womöglich auch vom Privatsender RTL, der unter Quotendruck auf eines jener Pakete schielen dürfte, die die DFL nicht ans Bezahlfernsehen gebunden hat. RTL kaufte gerade erst reichlich Rechte für Spiele der Nationalelf. Dazu würden Live-Partien der Bundesliga durchaus passen. Zumal diese RTL deutlich preiswerter kämen als eine wöchentliche Sendung nach Vorbild der ARD-„Sportschau“. RTL-Chefin Anke Schäferkordt hatte Interesse angemeldet.
Für Sky heißt das: „Sky muss sich auf viel Wettbewerb einstellen müssen, um andere Bieter draußen zu halten“, sagt Experte Holzhäuser. Fußball-Boss Seifert wäre das recht. Samt Auslandserlösen peilt er zwischen 1,1 und 1,5 Milliarden Euro an. In wenigen Tagen steht fest, ob sein Kalkül aufgeht.