Chefsuche bei Lufthansa Carsten Spohr ist zu gut für den Schleudersitz

Warum der Chef der Lufthansa-Flugpassagiersparte, Carsten Spohr, zwar Favorit für den Job als neuer Konzernchef ist, besser aber noch zwei, drei Jahre warten sollte.

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Wenn der Chef eines Dax-Konzerns plötzlich abtritt, diskutieren Beschäftigte und Öffentlichkeit vor allem, wer Nachfolger wird. Als Lufthansa-Chef Christoph Franz am vergangenen Montag seinen Wechsel an die Spitze des Schweizer Pharmariesen Roche bekannt gab, war für Beschäftigte und Beobachter sofort klar: Es wird Carsten Spohr.

Auch wenn für den Top-Job viele Namen kursieren – etwa Stephan Gemkow, Ex-Lufthanseat und heute Chef des Düsseldorfer Mischkonzerns Haniel –, gilt der 46-Jährige als einzig ernsthafter Kandidat. Spohr ist Chef der Passagierflugsparte mit den Marken Lufthansa und Germanwings und verantwortlich für gut 17 Milliarden Euro Umsatz. „An ihm führt kein Weg vorbei“, heißt es unisono bei Arbeitnehmern und auf der Kapitalseite des Aufsichtsrats.

Trotzdem wäre seine Berufung wohl ein Fehler. „Spohr sollte jetzt nicht Konzernchef werden, das wäre hochriskant“, glaubt Shakeel Adam, weltweit tätiger Berater mit engen Kontakten in die Chefetagen der Flugbranche. „Müsste Spohr den aktuellen Konzernumbau mit seinen vielen unpopulären Entscheidungen zu Ende bringen, würde ihn das seinen Rückhalt in der Belegschaft kosten, und er wäre als Konzernführer wohl verheizt.“

Das wäre tragisch, denn nicht nur Adam sieht in Spohr den Besten für die Lufthansa-Spitze. „Er würde uns zum Besseren verändern, denn er hat fast alles, was wir an Franz vermissen“, gesteht selbst ein führender Gewerkschafter.

Dank seines Talents zur Kommunikation dürfte Spohr für mehr Konsens sorgen und die Dauerkonflikte mit Politikern um steigende Abgaben, mit Kunden um Einschränkungen beim Service und mit Mitarbeitern um Gehaltskürzungen entschärfen. Zwar war Franz bemüht, seine Pläne den Betroffenen in vielen Versammlungen und Internet-Foren zu erklären. „Doch es bleibt der Eindruck, den bringen wir nicht von seiner Meinung ab, wogegen Spohr zumindest verspricht, Vorschläge zu prüfen“, sagt ein Top-Gewerkschafter. Mit seiner technokratischen Wortwahl wirkte Franz auf dem politischen Parkett ungeschickt und fremd, was dem Unternehmen eher schadete.

Der ausgebildete Airbus-Pilot Spohr bewegt sich dagegen mit der natürlichen Autorität eines Flugkapitäns. Der Akzent seiner Heimatstadt Wanne-Eikel macht ihn glaubhaft, egal, ob er mit einfacheren Mitarbeitern redet oder auf glamourösen Events in München oder Berlin glänzt. Gleichzeitig könnte Spohr für bessere Stimmung im Unternehmen sorgen. „Wir gelten doch inzwischen als sturer Sparverein, der das Opfer übermächtiger Konkurrenz ist“, sagt ein Manager.

Sein Gespür für „Good Vibrations“ zeigte Spohr, als die Lufthansa 2012 den ersten Jumbojet Boeing 747-8 bekam. Franz sagte, Flugzeuge seien teuer. Spohr hingegen jubelte, der tolle Flieger lasse die Lufthansa umweltfreundlicher und komfortabler denn je fliegen. Ein Insider: „Wir brauchen einen, der Selbstbewusstsein, Aufbruch sowie Freude am Fliegen vermittelt.“

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