Die Rettung ist 15 Kilo schwer und glänzt. Der bullige Finanzmakler, der gerade ausführlich über Terror, Kriegsgefahr und Politik der Notenbanken gesprochen hat, reckt den Silberbarren in die Höhe, überreicht ihn einem Gast in der ersten Reihe. Während das gute Stück durch die Reihen der rund 50 Zuhörer in einem Saal des Mannheimer Congress Centers wandert, fragt er bedeutungsschwer: „Und, was wäre Ihnen lieber? Bargeld oder der Barren?“
Der Auftritt auf einer Anlegermesse ist typisch für die Marketingstrategien vieler Finanzdienstleister vom wenig regulierten Grauen Kapitalmarkt, die Immobilien, Wald oder Edelmetalle verkaufen und dabei lediglich überschaubare Anlegerschutzauflagen beachten müssen. Euro-Verfall, Währungscrash, Ende des Papiergelds – auf Webseiten, in Broschüren und auf Werbe-Events überbieten sie sich in Schreckensszenarien.
Wenn Finanzexperten und -dienstleister mit düsteren Prognosen arbeiten und zugleich simple Lösungen propagieren, erinnert das jedoch frappierend an Populisten in der Politik.
Dabei gibt es eine weitere Gemeinsamkeit: Die Lösungsvorschläge halten einer Überprüfung kaum stand. Anleger, die sich so vor einem Crash schützen wollen, gehen oft neue Risiken ein.
Unermüdliche Mahnungen vor dem Verfall
Nachdem unter den Schwarzsehern im Finanzbereich lange der legendäre Schweizer Investor Marc Faber („Dr. Doom“) herausragte, hat sich infolge der Euro-Krise 2009/10 eine schillernde Szene von Mahnern, Berufspessimisten und Crashpropheten entwickelt.
So warnt Thorsten Polleit, Chefökonom des Goldhändlers Degussa, unermüdlich vor dem Euro-Verfall und empfiehlt Edelmetalle. Der als „Mr. Dax“ bekannte Börsenbuchautor Dirk Müller schreibt Bücher mit Titeln wie „Showdown: Der Kampf um Europa und unser Geld“ und „Crashkurs: Weltwirtschaftskrise oder Jahrhundertchance?“. Dem BWL-Professor und Fondsmanager Max Otte hat sein schon 2006 erschienenes Buch „Der Crash kommt“ einen gehörigen Anteil seiner Bekanntheit eingebracht.
Warnungen und Geschäftsinteressen sind dabei oft eng verwoben. Mitunter kommen noch politische Forderungen hinzu. So wie bei „Silberjunge“ Thorsten Schulte, der das „SilberBulletin“ herausgibt und vorhersagt, dass „der Euro zur italienischen Lira verkommt“.
Besonderen Anklang finden solche Botschaften am rechten Rand des politischen Spektrums. Schulte bedient diese Zielgruppe auch als politischer Autor; so hat er auf dem Onlineportal des rechten Kopp-Verlags Artikel wie „Was Berlin uns über die Flüchtlinge aus Syrien verschweigt“ oder „Merkel muss weg! Warum ich nach 26 Jahren aus der CDU austrat“ publiziert.
Aber auch seine Finanzbotschaften dürften dort den Nerv treffen. „In der neurechten Szene gibt es eine regelrechte Lust am Untergang“, sagt Christoph Giesa, Co-Autor des Buches „Gefährliche Bürger. Die neue Rechte greift nach der Mitte“. Vielfach stecke dahinter die Überzeugung, dass allein ein Crash einen Systemwechsel ermöglicht – weg von Euro, EZB und EU. Giesa spricht in diesem Zusammenhang von „politisch motivierten Anlagestrategien“, an denen viele unbeirrt festhalten – auch wenn Euro-Crash und Goldpreisexplosion schon eine Weile auf sich warten lassen.