Dachser gegen Nagel Der Kampf der Lebensmittel-Versorger

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Unterschiede in Führungsstruktur und Firmenphilosophie

Ein Lkw der Nagel-Gruppe Quelle: Presse

So unterschiedlich die Herkunft, so verschieden ist auch die Führungsstruktur der beiden Mittelständler. Bei Dachser steht seit 2005 mit Bernhard Simon der Enkel des Firmengründers als Sprecher der Geschäftsführung an der Spitze des Unternehmens mit knapp 25.000 Mitarbeitern. Die 40 Jahre davor hatte ein externer Geschäftsführer das Sagen. Ein Gesellschaftervertrag regelt, dass die Geschäftsführung mehrheitlich aus Nichtfamilienmitgliedern bestehen muss.

Eine gegensätzliche Entwicklung erlebte Nagel. Seit Kurt Nagel, Sohn des Unternehmensgründers, 2008 mit nur 46 Jahren plötzlich starb, steht Bernhard Heinrich, der zuvor schon zur Geschäftsführung gehörte, an der Spitze der rund 11.000 Mitarbeiter. Die persönlich haftende Gesellschafterin Marion Nagel und ihr Sohn Tobias sitzen zusammen mit fünf externen Mitgliedern im Beirat. Marion Nagel ist zudem Geschäftsführerin der Nagel Logistics Holding, der Dachgesellschaft der Nagel-Gruppe. „Die Familie Nagel ist täglich im Unternehmen, natürlich auf eine andere Art als der frühere geschäftsführende Gesellschafter Kurt Nagel“, sagt Heinrich.

Die größten Logistiker für frische Lebensmittel in Deutschland 2013 Quelle: Kille-Schwemmer Top 100 in Logistic - Schätzungen Januar 2014

Auch zwischen den Firmenphilosophien der beiden Wettbewerber liegen Welten. Nagel fokussiert sich mit seinem Lebensmittelgeschäft auf Europa, betreibt eine eigene Flotte und eigene Niederlassungen in 17 Ländern. Dachser kooperiert im Lebensmittelgeschäft mit europäischen Logistikunternehmen und lässt andere für sich fahren.

Die volle Kontrolle hat für Nagel Vor- und Nachteile: „Unser Weg, solch ein Netzwerk zu bauen, kostet viel Zeit und Geld“, räumt Nagel-Chef Heinrich ein. „Dafür können wir zum Beispiel spontan über Investitionen entscheiden und brauchen nicht um Kompromisse mit unseren Partnern zu ringen.“ Außerdem ist Nagel flexibler, etwa, wenn ein Kunde seinen Produktionsstandort verlagert. Die Einnahmen blieben dann trotzdem in der Nagel-Gruppe, sagt Heinrich.

In eigener Hand

Zum Nagel-Fuhrpark gehören über 1500 eigene Lkw sowie knapp 4000 Trailer. Zuletzt wurden 2011 rund 100 Millionen Euro in neues Equipment investiert. „Wir betreiben eine eigene Flotte, da das Lebensmittelgeschäft sehr volatil ist. Die Leute fangen zum Beispiel spontan an, die Grillsaison zu eröffnen. Wir nehmen den hohen Fixkostenblock in Kauf, weil er uns erlaubt, flexibel zu reagieren“, sagt Heinrich. Insgesamt sind für die Versmolder Spedition täglich 6000 Lkw im Einsatz, für die zusätzlich auch Subunternehmen verpflichtet werden.

Das Dachser-Konzept hat andere Vorteile: vor allem weniger Risiko und eine geringere Kapitalbindung. Die Allgäuer haben nur eine kleine eigene Lkw-Flotte mit 160 Fahrzeugen, dafür aber viele eigene Wechselbrücken, wie die Container-ähnlichen Kästen, die auf die Sattelschlepper aufgesetzt werden, im Fachjargon heißen. Das logistische Rückgrat bilden selbstständige Fuhrunternehmer, die im Dachser-Auftrag auf Europas Straßen unterwegs sind: rund 9000 Lkw im Nah- und 4000 im Fernverkehr. Für die Lebensmitteltransporte des European Food Network bewegen alle Partner täglich rund 3500 Lkw.

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